"Mr. Robot", eine TV-Serie des Kabel-Senders USA Network („Suits“) sorgt für Aufsehen. In den USA ist der neue Serien-Hit am 24. Juni gestartet, die ersten beiden Folgen sind derzeit auch in Deutschland, zum Beispiel bei iTunes oder Amazon Instant Video (jeweils OV ohne deutsche Untertitel), erhältlich. Sowohl in den USA als auch hierzulande sind sich TV-Kritiker und Fans genauso wie Tech-Journalisten fast ausnahmslos einig: Mr. Robot wird nach den ersten Folgen schon jetzt als der große Serien-Hit des Jahres gehandelt. Ist die Begeisterung gerechtfertigt?
Im Mittelpunkt der Serie steht Elliot, ein junger Programmierer, der für eine Cyber-Security-Firma arbeitet, nachts jedoch als Hacker unterwegs ist und gleich zu Beginn der ersten Folge einem Anbieter von Kinderpornographie das Handwerk legt. Als Hacker ist Elliot generell darauf bedacht, Gutes zu tun, und auch Menschen, die ihm nahe stehen (davon gibt es allerdings nicht besonders viele) zu beschützen. Aus seiner anonymen Position untersucht er die Online-Existenzen von Menschen in seiner Umgebung, um sich ein Bild ihrer Charaktere, Verhaltensweisen und Lebensumstände machen zu können. Dabei mischt er sich unter Zuhilfenahme seiner Fähigkeiten unter anderem in das Privatleben seiner Psychiaterin ein, da er das Gefühl hat, dass mit deren derzeitigem Freund etwas nicht stimmen kann.
Im „echten“ Leben ist Elliot dabei schwer beeinträchtigt, wenn es um das Aufbauen zwischenmenschlicher und sozialer Beziehungen geht. Er fühlt sich „anders“ und verspürt eine große innere Traurigkeit, die ihn dazu bringt, Drogen zu nehmen, um die Nächte zu überstehen und nicht weinend und zusammengekauert in einer Ecke seiner Wohnung zu sitzen. Elliots lakonische Monologe („That crying is happening too often every other week now. What do normal people do when they get this sad?“) aus dem Off, die seine Gedanken- und Gefühle kommentieren, führen dazu, dass der Zuschauer sehr schnell eine Beziehung zur Figur aufbaut und unmittelbar in Elliots Welt gefangen ist.
Sein Leben gerät schließlich aus den Fugen, als E Corp, ein multinationales Unternehmenskonglomerat und der größte Kunde von Elliots Arbeitgeber, Opfer eines Hacker-Angriffs wird.
Weit überdurchschnittlich inszeniert
Die bisherigen Schilderungen klingen, als würden hier Nerd-und Hacker-Klischees ausgebreitet werden? Möglicherweise. Die Qualität der Inszenierung von Mr. Robot, – diese reicht von der spannenden Erzählweise und der (bislang) psychologisch schlüssigen Charakterisierung der Hauptfigur über die ungewöhnliche aber stets passende Musikauswahl abseits von Serienklischees bis zu den teilweise kunstvollen Bildmontagen –, geht jedoch weit über das mittlerweile leider wieder weiter verbreitete Mittelmaß vieler anderer TV-Serien hinaus. Die zentralen Motive und Inhalte von Mr. Robot treffen darüber hinaus punktgenau den Nerv der Zeit: totale Überwachung, ein Privatleben, das nur in Facebook & Co. stattfindet, soziale Vereinsamung und global agierende Firmen als Lenker der Geschicke dieser Welt sind schließlich keine Utopien - und Mr. Robot ist keine Science-Fiction-Serie. Die TV-Show hält darüber hinaus viele kritische Seitenhiebe auf die großen Unternehmen unserer Zeit parat.
Als weiterer Pluspunkt der Serie ist Hauptdarsteller ist Hauptdarsteller Rami Malek (bekannt unter anderem aus „The Pacific“ und „Nachts im Museum“) zu verbuchen. Seine Darstellung des Elliot, die zwischen absoluter Verunsicherung mit autistischen Zügen, Verzweiflung und lakonischer Coolness schwankt, ist umwerfend und nahezu makellos. Ein Wiedersehen beschert uns Mr. Robot zudem mit Christian Slater als mysteriösen Anführer einer Hackergruppe.
Fazit: So darf es weitergehen
Nach einigen enttäuschenden Serienstarts („Wayward Pines“ als müder, lahm gespielter Twin-Peaks-Abklatsch), aufgewärmten, von der Zeit überholten Peinlichkeiten („24“) und thematischen Endlosschleifen („Homeland“ geht demnächst in die 5. Staffel) ist „Mr. Robot“ eine mehr als freudige Überraschung. Der Opener der Serie ist spannend und unterhaltsam, unterfordert den anspruchsvolleren Zuschauer dabei (mit kleinen Ausnahmen) jedoch nicht durch Plattitüden oder oberflächliche Inszenierung. Es bleibt dabei zu hoffen, dass die Erzählung im Fortgang der Serie das Niveau halten kann und gute Drehbücher vorliegen. Ich erhoffe mir jedenfalls weiterhin eine spannende, (nicht übertrieben) wendungsreiche Geschichte vor dem Hintergrund einer düsteren, kritischen und realistischen Darstellung unserer Gesellschaft.
Übrigens: Nicht wundern, wenn die Folgen der Serie bei iTunes und Amazon Titel wie „eps.1.0_hellofriend.mov“ tragen. Das scheint durchaus beabsichtigt und dürfte als Nerd-Gag (und Anspielung auf Internet-Piraterie) zu verstehen sein.