Start-ups: Diese Apps haben das Zeug zum Durchstarten

Mit Paymey könnt ihr per Funk bezahlen
Mit Paymey könnt ihr per Funk bezahlen (© 2014 Paymey )
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Nervige Werbung schauen und Preise gewinnen, dabei mit dem Handy gesundes Essen bestellen, per Funk bezahlen und das Wochenende vom persönlichen Assistenten organisieren lassen: Start-ups aus Deutschland sind dabei, unser Leben mit Apps und mobiler Technologie zu versüßen. Ihr müsst Euch nur zurücklehnen.

Laut einer Umfrage des Bundesverbands Digitale Wirtschaft (BVDW) in Kooperation mit Google und TNS Infratest besitzt inzwischen jeder zweite Deutsche ein Smartphone und durchschnittlich 2,4 Geräte, mit denen der Zugang zum Internet möglich ist. Im Zusammenspiel mit neuen Technologien wie Bluetooth-Beacons, die eine Ortung in Innenräumen ermöglichen, oder NFC (Near Field Communication) zum kontaktlosen Datenaustausch bieten sich Unternehmen riesige Chancen, innovative Dienste zu etablieren.

Neue Finanzierungsmodelle, allen voran das Crowdfunding, versetzen auch kleine Unternehmen ohne großes Venture Capital, dafür aber ausgestattet mit einer einzigartigen Idee, in die Lage, ein Produkt erfolgreich auf den Markt zu bringen, sich zu etablieren und mit disruptiven Technologien bestehende Märkte zu verändern. Die Crowdfunding-Plattform Kickstarter hat mit Produkten wie der tado-Thermostat gezeigt, wie aus einer Idee ein fertiges Produkt entstehen kann.

Nicht gleich an die Weltherrschaft denken

Eines der Kickstarter-Projekte, das mit mehr als einer halben Million Euro sein Finanzierungsziel Ende Dezember 2013 um das Fünffache abschließen konnte, ist das Berliner Startup Bonaverde Coffee. Das Ziel: "Die Art und Weise wie Kaffee wahrgenommen, gehandelt und genossen wird" komplett zu ändern. Ähnlich wie bei einem guten Rotwein sei es an der Zeit, das beliebteste Getränk der Welt zu zelebrieren und bei der Auswahl auf Region und Zulieferer zu achten. Besonders letztere liegen Bonaverde am Herzen – so sehr, dass das Unternehmen die Zwischenhändler und Röstereien am liebsten komplett verdrängen und den direkten Einkauf über einen Online-Marktplatz der noch grünen Kaffeebohnen von Bauern in Nicaragua, Äthiopien, Indien und vielen anderen Ländern erreichen will.

Kern dieser Idee ist eine neue Kaffeemaschine, die sich derzeit im letzten Entwicklungsstadium befindet. Die ersten Lieferungen des Kaffeebohnen röstenden, mahlenden und brühenden Alleskönners verspricht Bonaverde-Gründer Hans Stier bereits zum Jahresende. 2015 soll die Kaffeemaschine, für die das Unternehmen derzeit erneut mithilfe seiner Unterstützer einen Namen sucht, in den Handel kommen. Den Erfolg seines Projektes hat Stier aber nicht nur Werkzeugen wie Kickstarter, Indigogo und Seedmatch zu verdanken, sondern auch dem Start-up-Standort Berlin.

In einem Interview mit berlin.de erklärt Stier, wieso sich die Hauptstadt mehr als alle anderen deutschen Metropolen für Start-ups eignet: "Berlin vereint alles, was man als Gründer für sein Projekt und später sein Unternehmen braucht. Da ist am Anfang diese Verrücktheit, dieser unbedingte Wille der ganzen Stadt, alles auszuprobieren und für alles offen zu sein! Berlin ist kreativ. Alle wurschteln an irgendeinem coolen Projekt rum, dabei denken die meisten gar nicht immer gleich an die Weltherrschaft oder großen Profit, sondern wollen einfach etwas bewegen und ihre Zeit sinnvoll einsetzen. Genau diese Freiheit zieht auch so viele Leute an, darum wächst die Stadt nach wie vor und gewinnt so viele smarte Köpfe dazu – das macht eine super Arbeitsatmosphäre aus!"

Die Geschichte von Bonaverde zeigt auch, wieso Start-ups mehr denn je für Erdbeben in einem Markt sorgen. Hat Bonaverde mit seinem Projekt Erfolg, rutschen Konsumenten und Produzenten ein gutes Stück näher zusammen. Auf einmal stellt die Digitalisierung über Jahrzehnte etablierte Geschäftsmodelle in Frage. Wozu ein zentraler Taxiruf, wenn Kunden über ihr Smartphone direkt ein Taxi anfordern können? Wozu ein teures Kassensystem, wenn die Abrechnung auch am iPad funktioniert, Kassenbon-Versand per E-Mail und Paypal-Zahlung inklusive? Wozu eine Bankfiliale, wenn ich meine Finanzverwaltung auch online und mobil mit dem Smartphone oder Tablet erledigen kann? Die Werkzeuge für smarte Apps und Dienste sind vorhanden und auch an Ideen mangelt es nicht.

Desendo: Ein Concierge für jedermann

Desdendo
Desdendo (© )

Das Berliner Start-up Desendo widmet sich beispielsweise der Frage: Wozu seine Zeit mit Recherchen verschwenden, wenn es jemanden gibt, der sich damit auskennt? Desendo fungiert als privater Assistent, der gezielt Dienstleistungen Dritter vermittelt und somit eine Vielzahl von Aufgaben im Alltag erfüllt. Anders als bei den digitalen Sprachassistenten Siri oder Google kann man Desendo auch komplexe Aufgaben geben, zum Beispiel: "Buche mir für kommenden Freitag zwei Karten für ein klassisches Konzert und sorge für einen Babysitter." Berechnet wird in diesem Fall eine Anfrage für die Suche nach Konzertkarten und eine Anfrage für das Auffinden eines Babysitters. Nutzer können auf diese Weise viel Zeit sparen und gleichzeitig ein besseres Resultat erzielen, als wenn sie selbst gesucht hätten. Vier Pakete stehen zur Auswahl: von drei Fragen für 10 Euro bis zu 44 Fragen für 89 Euro. Im Schnitt kostet eine Anfrage zwischen 2 Euro und 3,33 Euro. Gemessen an der gewonnenen Zeit, die sich möglicherweise auch noch gewinnbringend einsetzen lässt, ist das ein lohnenswertes Investment.

Chancen: Derzeit steht der Service nur als Web-App und in den Städten Berlin und Stuttgart zur Verfügung. Weitere Städte und eine iOS-App sollen folgen. Klar ist: Je mehr Leute den Assistenten nutzen, umso besser kann Desendo die Aufgaben erfüllen.

Whatstays: Gemeinsam erleben, gemeinsam erinnern

Whatstays
Whatstays (© )

Wären WhatsApp und Instagram ein Paar, könnte die App Whatstays des Münchner Start-ups 69 Grad der Nachwuchs der beiden sein.  Die Idee kam dem Geschäftsführer Thomas Bandt bei einem Urlaub, bei dem er das Problem mit Urlaubsfotos erkannte: Mehrere Personen schießen gleichzeitig um die Wette Bilder, nur um die Erinnerungen später in irgendeiner Cloud oder einer Festplatte verstauben zu lassen. Whatstays setzt aus diesem Grund zu allererst bei einem gemeinsamen Album an. iPhone- und Android-Anwender sind unterwegs in der Lage, ihre Bilder mitsamt Zitaten oder kurzen Beschreibungen direkt in ein gemeinsames Album hochzuladen.

Chancen: Das Zeug zum Next Big Thing bekommt Whatstays erst mit einem zukünftigen Update nachgereicht. Aus dem gemeinsamen Album soll sich direkt ein Fotobuch erstellen und im Anschluss bestellen lassen.

Spotgun: Wo bleibt die Werbung!

Spotgun
Spotgun (© )

Dass Spiele nicht bildgewaltig und technisch hochkomplex sein müssen, um erfolgreich zu sein, lässt sich an Beispielen wie Candy Crush oder Quizduell ablesen. Nachdem das Smartphone-Quiz sogar in der ARD in das Format einer Vorabend-Sendung gepresst wurde, war es mit dem Ruhm aber relativ schnell vorbei. Doch das nächste große Ding unter den Smartphone-Spielen steht schon in den Startlöchern: Spotgun macht die Werbepausen im Fernsehen zum Wettbewerb. Ziel ist es, die Marke hinter den Spots so schnell wie möglich zu erraten und Punkte gegen die Community zu sammeln. Wer am schnellsten „buzzt“ und auch noch Zusatzfragen, zum Beispiel nach dem Automodell, richtig beantwortet, hat die Chance auf Sachpreise. Im direkten Duell mit anderen Mitspielern lassen sich zusätzlich Punkte kassieren und der Spielspaß erhöhen.

(© 2024 CURVED )

Chancen: Die App überwindet spielerisch den Medienbruch und macht die nervige Werbung zum Event. Derzeit sind die Spielzeiten auf sechs Stunden zwischen 17 und 23 Uhr begrenzt. Der langfristige Erfolg ist abhängig von der fortlaufenden Vernetzung von TV-Inhalten und Sponsoren-Partnern.

Gutes Essen in 15 Minuten

EatFirst
EatFirst (© )

"Frisches und ausgewogenes Essen. Geliefert in nur 15 Minuten!" So lautet das Versprechen von EatFirst. Hinter der Kampfansage gegen den täglichen Mittagshunger steckt die Start-up-Fabrik Rocket Internet. Die Auswahl ist bewusst klein gehalten: Es gibt nur zwei Gerichte, die täglich wechseln. Dienstags beispielsweise Crêpes mit Pilzen und Spinat auf gerösteter Paprika mit Ricotta und Parmesan oder Tandoori-Hühnchen mit Tomaten-Mango-Salsa, mittwochs dann Lasagne mit Erbsen, Brokkoli, Zuckerschoten, Zucchini und grüner Paprika oder Rindernacken auf Kartoffel-Selleriepüree und Rote-Bete-Salat mit knackigem Apfel. Die Auswahl des Wunschgerichts zum Festpreis von sieben Euro erfolgt online im Browser oder über die dazugehörige App.

Chancen: Die perfekte Idee für alle, die sich schnell entscheiden und keine Zeit vertrödeln wollen. Gut möglich, dass auch andere Unternehmen bald ebenfalls Appetit bekommen und sich im Sog von EatFirst gutes, schnelles Essen dauerhaft als Alternative für Büro-Lunch etabliert.

Können deutsche Start-ups auch Mobile Payment?

Das Thema Mobile Payment kommt in Deutschland nur langsam aus den Startlöchern. Während die Technik mit Bluetooth und NFC vorhanden ist und gerade im urbanen Umfeld die Smartphone-Nutzer nur auf den schnellen Check-out an der Kasse warten, stehen den Start-ups drei große Hürden im Weg: Vertrauen aufbauen, Nutzen realisieren und Partner gewinnen.

Die meisten Start-ups sind der breiten Masse unbekannt. Große Unternehmen wie die Telekom, Google, Apple oder Paypal haben es leichter, Vertrauen beim Geldtransfer aufzubauen. Auch das Schaffen von Akzeptanzstellen fällt großen Konzernen aufgrund der Kontakte zu Banken auf der einen und dem Handel auf der anderen Seite einfacher. Marktanfänger tun sich dagegen beim Vertrieb schwer. Junge Unterhmer können sich aber in puncto Ideenvielfalt und Umsetzungstempo bei den großen Playern beliebt machen und auf eine Übernahme hoffen.

Paymey: Kann mit 30.000 Kassen

Paymey
Paymey (© )

Ein heißer Kandidat ist Paymey. Das Start-up mit Sitz in Welzheim bei Stuttgart und seit Kurzem einer Zweigstelle in Berlin will mit seiner App gleich vier verschiedene Zahlungsszenarien vereinen: Zahlen an der Kasse, Geld versenden, Zahlen von Smartphone zu Smartphone und Zahlen im Vorübergehen, zum Beispiel an Werbeanzeigen. Die zweite Finanzierungsrunde in Höhe von von 300.000 Euro hat Paymey erst kürzlich über die Crowdfunding-Plattform Seedmatch erhalten. Anfang des Jahres folgte weitere finanzielle Unterstützung durch den Software-Entwickler Accentra. Derzeit befindet sich Paymey, das für Unternehmen vor allem aufgrund seines günstigen Preises sowie dem Verzicht auf zusätzliche Hardware interessant ist, auf Partner-Akquise. Die "Pipeline ist prall gefüllt" heißt es auf der Seedmatch-Seite und "die Kooperation mit TCPOS konnte gestärkt werden", was zu einer Akzeptanz an 30.000 Kassen führen soll. Dass Paymey seine an die Investoren gerichtete Selbsteinschätzung optimistisch skizziert, ist nachvollziehbar. Doch welche Chance haben Paymey und andere Mobile-Payment-Gründer gegen Apple Pay, das im nächsten Jahr den Sprung aus dem Heimatmarkt USA zu uns schaffen könnte?

Wird Apple Pay der Spielverderber?

Apple scheint mit Leichtigkeit die Voraussetzungen für die breite Einführung von Mobile Payment über NFC zu erfüllen. Die Technik steht jedem zur Verfügung, der ein iPhone 6 oder iPhone 6 Plus und einen iTunes-Account besitzt. Ab Frühjahr 2015 ergänzt die Apple Watch das Portfolio. Zudem ist Apple groß und lang genug im Geschäft, dass man dem Unternehmen auch den Geldtransfer im großen Stil zutraut. Weiterer Vorteil von Apple: Außer den für den Bezahlvorgang notwendigen Daten werden keine weiteren Informationen, etwa zum Kaufverhalten, übermittelt und ausgewertet.

Apple Pay
Apple Pay (© )

Einzige Hürde: Apple Pay unterstützt derzeit nur Kreditkarten. Eine Kopplung an Debit-Karten, die hierzulande noch als EC-Karte bekannt sind, bietet Apple Pay noch nicht. Mit Unternehmen wie MasterCard und VISA steht Apple derzeit bereits in Verhandlung um Apple Pay nach Europa zu bringen, so die Financial Times. Mit einem solchen Deal wäre Apple Pay aber noch längst nicht einsatzbereit. Im Kreditkartenbereich müssten auch die kartenausgebenden Unternehmen ihre Unterschrift unter Apples Bedingungen setzen, bei Zahlungen auf Einzugsbasis wie im Falle von Debit-Karten sind Verträge mit Banken notwendig.

Was bedeutet das für die Zukunft von Paymey? Fintechs im Payment-Bereich bieten sich noch ausreichend Chancen, Apple mit einem ebenfalls einfachen und günstigen System zuvorzukommen oder sich neben Apple Pay zu positionieren. Dabei verfolgt Paymey schon jetzt eine Strategie, mit der sich das Unternehmen dauerhaft etablieren könnte: die Integration mehrerer Dienste. Laut Nikolas Beutin, Experte für Mobile Payment beim Beratungsunternehmen PricewaterhouseCoopers, müssen Mobile-Payment-Anwendungen aber auch andere Services wie Coupons, Bonuspunkte und mehr bieten. Wer dieses Ziel ebenfalls verfolgt, hat gute Chancen auf dem Mobile-Payment-Markt als einer von "drei bis fünf Anbietern" zu überleben, so Beutin.

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