Filmkritik zu "Captain Marvel": Wie gut ist das neue Comic-Abenteuer?

Szene aus dem Film "Captain Marvel"
Captain Marvel (© 2019 Marvel Studios )

Es hat elf Jahre und 19 Filme gedauert, aber nun hat sich Marvel endlich dazu durchgerungen, mit der nach dem Verlag benannten Superheldin der ersten Frau einen Solo-Film zu spendieren. Was macht Brie Larson mit dieser Marvel-Neuheit? Wir verraten es euch!

Service zuerst: "Captain Marvel" hat zwei Post-Credit-Scenes. Heißt für euch: Sitzen bleiben! Aber was hat der neue Film des erfolgreichsten Studios der vergangenen zehn Jahre sonst zu bieten? Marvel ist fast am Ende seines großen, aus drei Phasen und 21 Filmen bestehenden Zyklus angekommen – womit will Produzent Kevin Feige sein Publikum nun noch überraschen?

Die Handlung

Vers (Brie Larson) gehört zu den stärksten Kriegern im Reich der Kree, einer Alien-Rasse, die mit den Skrull seit langen Jahren im Krieg stehen. Die grünhäutigen Skrull sind Formwandler, die jeden imitieren können, den sie einmal gesehen haben. Und sie kämpfen auf einer Außenwelt des Kree-Imperiums, um wichtige Informationen zu ergattern. Vers wird zusammen mit ihrem Befehlshaber Yon-Rogg (Jude Law) und einigen Elitekämpfern wie Minn-Erva (Gemma Chan) und Korath (Djimon Hounsou) dorthin geschickt, um das zu verhindern. Doch bald steht Vers allein und landet nach einigen harten Kämpfen schließlich in einem Raumschiff, das die Heldin zum Planeten C-53 fliegt, wie er bei den Kree heißt. Andere kennen ihn als Erde. Und dort begegnet Vers nicht nur den Shield-Agenten Nick Fury (Samuel L. Jackson) und Phil Coulson (Clark Gregg), sondern stellt auch bald fest, dass sie diese Welt nicht zum ersten Mal betreten hat …

Eine Origin-Story mit typischen Schwächen

Die Heldin, die von Marvel selbst als das Pendant zu Superman gesehen wird und im kommenden "Avengers: Endgame" ab Ende April den Tag retten soll, kann man nicht so einfach erscheinen lassen, die Frau braucht einen ordentlichen Background. Das dürften die Gedanken der Marvel-Mächtigen gewesen sein, als sie "Captain Marvel" grünes Licht gaben. Wohl wissend, dass die Regisseure Anna Boden und Ryan Fleck dem Publikum dann auch erzählen müssen, wie diese Heldin überhaupt zu ihren Kräften kam.

An dieser Enthüllung arbeitet sich das Regie-Duo, das auch am Drehbuch beteiligt war, dann mit gutem Humor und soliden Actionszenen ab. Und das geht leider ein wenig aufs Erzähltempo: In der ersten Stunde kommt "Captain Marvel" mühsamer vom Fleck, als die Fans das von den letzten Marvel-Blockbustern gewohnt sind. Denn die Erklärungen, wie ein Held zu dem wird, was er ist, hat sich Marvel schon seit längerer Zeit geschenkt oder wie im Fall von Black Panther auf mehrere Filme verteilt. Hier muss nun die ganze Story in einen Film. Dieser Umstand verhindert die eine oder andere großartige Actionsequenz, die bei anderen Marvel-Filmen zu diesem Zeitpunkt schon zu sehen gewesen wären.

Der Humor sitzt

Was nicht heißt, dass hier Langweile aufkommt, denn dazu sind einige Szenen viel zu amüsant. Schließlich versetzt die 1995 angesiedelte Geschichte nicht nur der damaligen Mode und der damals topaktuellen Technik ein augenzwinkerndes Denkmal. Wenn alle auf einen Bildschirm starren, auf dem Windows 95 läuft und Vers fragt, was gerade passiert, dann antwortet Fury nur kurz: "Es lädt!". Solche Momente finden sich erfreulich oft im neuen Marvel-Film, wenn er auch hin und wieder hart an der Grenze zur Albernheit schrammt.

Und auch die Twists, von denen "Captain Marvel" einige bereithält, sind gut gesetzt und werden den meisten Zuschauern sicher gefallen. Leiden müssen auch hier wieder Comicleser, die sich aufgrund der Entscheidungen in diesem Film von einigen beliebten Storys verabschieden müssen, auf die sie vielleicht für die Zukunft gehofft hatten. Wer die nicht kennt, den wird es aber auch nicht stören. Und die zahlreichen Querverweise und Anspielungen, die zum Teil nur Comicleser, zum Teil aber auch Kinogänger entdecken können, machen einfach Spaß – wie eigentlich immer bei Marvel.

Schauspieler, die Spaß haben

Schauspielerisch gibt es wenig zu mäkeln. Brie Larson spielt die toughe Heldin glaubhaft und passt gut zu den schon bekannten Figuren des MCU. Mit Jude Law und Annette Bening hat sie viele Szenen, die sehr gut funktionieren. Am stärksten spielt allerdings Samuel L. Jackson auf, der den deutlich jüngeren und damit auch sanfteren und entspannteren Nick Fury mit großem Spaß verkörpert. Aber auch er kann nicht verhindern, dass "Captain Marvel" letztlich nur ok ist. Denn durch die Hauptfigur hat der Film das gleiche Problem, das auch die "Superman"-Filme aufweisen. Mit einer derart mächtigen Heldin muss eigentlich niemand mitzittern, da sie unbesiegbar scheint. Nicht ohne Grund twitterte eine US-Kritikerin nach Ansehen des Films "Thanos is F..ked!". Aber auch, wenn das letzte Quäntchen zu echten Marvel-Meilensteinen wie "Captain America: Winter Soldier" fehlt – unterhaltsam ist "Captain Marvel" jederzeit.

Fazit

Die Briten und Amerikaner nutzen den schönen Begriff "Good, not Great" und der passt auf Marvels neuesten Streich "Captain Marvel" ausgezeichnet. Denn auch der 20. Film der Reihe unterhält gut und liefert das inzwischen bekannte Augenfutter. Aber mittlerweile nutzt sich das einstige Erfolgsrezept doch gehörig ab und Marvel ist gut beraten, nach "Avengers: Endgame" etwas wirklich Neues zu liefern.

(© 2024 CURVED )

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