Noch knapp zwei Monate dauert es, dann öffnet die CeBIT 2015 ihre Pforten. Technikbegeisterte aus aller Welt werden dann wieder nach Hannover reisen, um sich vor Ort ein Blick von aktuellen Hightech-Trends und innovativen Ideen zu machen. Aber ist die CeBIT wirklich noch cool und muss man überhaupt noch dorthin? Der Besuch einer Preview-Veranstaltung in Hamburg zeigt eindringlich, dass sich die Veranstalter Sorgen machen sollten – und gleichzeitig Hoffnung machen können.
Früher war alles besser. Fastfood war noch nicht gefährlich, das Wort Gentrifizierung war noch nicht erfunden – und die CeBIT war cool. Da gab es Dinge zu sehen, "die ihr Menschen niemals glauben würdet." 1986, als die erste eigenständige CeBIT stattfand, war Hightech noch cool, Technik noch etwas besonders.
Es war die Zeit vor dem Internet, vor Smartphones und sogar vor bezahlbaren Heimcomputern. Aber auch die Zeit vor den Elektromärkten, in denen man sich heute fast im Wochenrhythmus neue Rechner und andere Gadgets angucken und sogar ausprobieren kann. Vor wenigen Jahren musste man dafür Anfang nach Hannover reisen.
Und was gab es dort nicht alles zu bestaunen: Den Start von Voice over IP, die Deutschland-Premiere von Windows 95 und Windows 2000 und die Vorstellung von UMTS. Hier wurden Handys und Spracherkennungssysteme erstmalig in Deutschland präsentiert. In der Hochzeit kamen rund 830.000 Besucher zur Messe, um sich Produkte von mehr als 6.000 Ausstellern anzusehen.
Doch diese Zeiten sind vorbei. Im vergangenen Jahr waren nur noch 210.000 Besucher bereit, den Eintritt zu bezahlen. Ein Grund: Die Messe hatte sich entschieden, sich mit einer neuen Ausrichtung nicht mehr an Privatanwender, sondern nur noch an Unternehmen zu wenden.
Starke Konkurrenz
Das ist auch verständlich, schließlich gilt die CeBIT zwar immer noch als die weltgrößte und wichtigste Technolgiemesse der Welt, aber sie hat Konkurrenz bekommen. So präsentieren Anfang eines Jahres viele Hersteller ihre Produkte auf der CES in Las Vegas oder auf dem Mobile World Congress in Barcelona. Auch die IFA in Berlin hat inzwischen mehr Zugkraft als die CeBIT. Dabei werden gerade in Hannover die Themen und Lösungen vorgestellt, die unser aller digitales Leben maßgeblich beeinflussen werden. Vom 16. bis 20. März ist von Sicherheit über Cloud-Dienste bis zum Internet der Dinge ist alles relevante in Hannover zu bestaunen.
Doch es sind Themen, die nicht sexy sind, die man nicht vorzeigen kann, mit denen man sich nicht angeben lässt. Die CeBIT ist wieder zurückgekehrt zu ihren Ursprüngen. Es werden nicht mehr die Kunden angesprochen, sondern Unternehmen, die für Kunden Produkte herstellen sollen. Professionelle Anwendung-Szenarien stehen wieder im Vordergrund, nicht die Hosentaschengadgets.
Ist das eine kluge Entscheidung? Vielleicht. Auf jeden Fall ist es eine konsequente. Vorbei die Zeiten, als die CeBIT es allen Besuchern und Pressevertretern recht machen wollte. Keine CeBIT-Home mehr, kein Gaming und keine Ausflugstage von Schulklassen, die wie Heuschrecken die Stände der Aussteller nach Kugelschreiber und Aufklebern abklappern. Es ist Ruhe eingekehrt.
Vorschau ohne Vorzeigbares
Beim Besuch der CeBIT-Preview in Hamburg konnte man sich auch schon einmal davon überzeugen, warum zudem das Interesse an der Messe nachlässt. Der Altersdurchschnitt der Anwesenden Journalisten war so hoch, als wären alle Teilnehmer schon damals auf der ersten CeBIT dabei. Kein junger Kollege war vor Ort, der für seine Leser auf Gadget-Jagd war. Die Haarfarbe Grau war omnipräsent.
Doch die Transformation der technologischen Gesellschaft braucht Zeit – in der Entwicklung und in der Erklärung. Sicherheitslösungen lassen sich nicht in Zeilen pressen wie "22 tolle Tipps, das Internet sicherer zu machen, Nummer 5 hat mein Leben verändert." Die CeBIT ist nicht mehr sexy. Aber eigentlich macht genau das die Messe wieder attraktiv.
Statt sich in Fachblättern durch komplizierte Texte zu kämpfen, nur um zu erfahren, warum ein vernetzte Haus nicht nur Ressourcen spart und für mehr Sicherheit sorgt, und wie das überhaupt funktioniert, kann man sich auf der CeBIT mit Entwicklern direkt darüber unterhalten.
Handwerker können vor Ort schon einmal anschauen, was sie ihren Kunden in den kommenden Jahren erklären, verkaufen und einrichten werden. Einkäufer entscheiden, was in ihren Regalen stehen wird. Es geht um Geschäftsmodelle, die den digtialen Wandel begleiten und vorantreiben. Und dafür braucht es nicht mehr den Platz, manchmal ist kleiner eben viel feiner.
Hoffnung Neustart
Häufig führt die Atemlosigkeit, die viele Unternehmen auf der Suche nach dem nächsten großen Wurf spüren, nach dem nächsten superduper-Smartphone oder Tablet, nach dem coolsten Gadget dieser Welt, dazu, dass viele Produkte viel zu schnell auf den Markt kommen – nur damit Käufer dann als Betatester fungieren.
Auf der CeBIT wird man Lösungen sehen, die ausgereifter sind und mehr bieten als nur schöne Verpackungen. So ist zumindest die Hoffnung. Eine CeBIT-Preview, zwei Monate vor der eigentlichen Messe, ist dagegen lediglich ein Treffpunkt, auf dem sich Journalisten mit ein paar Unternehmen austauschen können. Aber sicher kein Platz für Neuheiten und Premieren.
Die beeindruckendsten Innovationen werden wieder auf der CeBIT selbst präsentiert. Zwar leider immer häufiger unter Ausschluss der Öffentlichkeit, doch wichtiger als jemals zuvor.