Die Crowdfunding-Plattform Kickstarter kann sich inzwischen über mehr als 100.000 erfolgreich finanzierte Projekte freuen. Schon gewusst: Die meisten kommen aus dem Bereich Musik (mehr als 22.000). Doch auch wenn ein Schwarm gewillt ist, sein Geld in vermeintlich coole Projekte zu stecken, hat Crowdfunding durchaus seine Schattenseiten. Wir ziehen Bilanz.
Erinnert Ihr Euch noch an die Android-Spielkonsole OUYA, die 2012 in der Kategorie Games mit knapp 8,5 Millionen Dollar den Rekord der höchsten Finanzierung eingefahren und ihr eigentliches Ziel von 950.000 Dollar deutlich übertroffen hat. Die Konsole sollte so viele Möglichkeiten zum kleinen Preis bieten. Aber was ist passiert? Die Mini-Konsole kam zu spät, war sehr schlecht verarbeitet, der Controller unbrauchbar. Die Games waren ganz witzig, das Exklusivspiel "Towerfall" sogar gelungen. Aber schon nach kurzer Zeit wurden die Nutzer gezwungen, ihre Kreditkartendaten anzugeben oder Guthaben per Paypal zu kaufen - sonst war ein Starten der Konsole und somit das Spielen auch von Gratis-Games nicht möglich. Jetzt, knapp drei Jahre nach Marktstart, ist die Konsole nahezu tot und "Towerfall" spielen alle inzwischen auch auf PC und Playstation 4.
Auch die viel umworbene VR-Brille Oculus Rift hat sich nach einer erfolgreichen Finanzierung auf Kickstarter nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Knapp 9.500 Unterstützer haben den Entwicklern im Jahr 2012 ihr Geld gegeben. Insgesamt kamen 2,5 Millionen Dollar zusammen. 2014 wurde das Unternehmen dann für zwei Milliarden an Facebook verkauft - und die Fans wurden sauer. Denn das Geld, das man auf Kickstarter investiert, ist keine Investition in das Unternehmen, wodurch man Anteile geltend machen könnte. Da das Unternehmen Oculus plötzlich so viel Geld wert war, hätten die privaten Geldgeber extrem profitiert. So aber bekamen sie als Gegenleistung nur die erste Version der Brille als Development Kit und blieben mit dem Wissen zurück, dass ihr Geld dazu beigetragen hat, dass Facebook nun im aufstrebenden Trend des Gaming-Markt mitmischt.
Zu den größten Kickstarter-Erfolgen gehört die Pebble Time Steel, wurde auf Kickstarter ein Erfolg. Mit mehr als 20 Millionen Dollar ist dies das bisher erfolgreichste Projekt der Plattform.
Typisch Kickstarter sind im vergangenen Jahr auch immer wieder absurde Projekte gewesen. So wollte ein gelangweilter Amerikaner einen mehr als 55.000 Dollar. Inzwischen arbeitet er an einem Kochbuch über Kartoffelsalate.
Die Realität: Jedes zehnte Projekt schlägt fehl
Eine Studie des Professors Ethan Mollick von der Wharton School der Universität von Pennsylvania in der Community von Kickstarter hat ergeben, dass bei etwa jedem zehnten Projekt die Versendung der Belohnungen an die Unterstützer fehlschlägt. Das Scheitern sei allerdings nicht an eine bestimmte Kategorie gebunden. Jedoch scheint die Kategorie "Film und Video" mit der höchsten Quote eher zu einem Fehlschlagen zu tendieren als "Comics", bei der die Quote am geringsten ist. Projekte mit einem Finanzierungsziel von unter 1000 Dollar haben insgesamt die größte Fehlschlagrate.
Trotzdem würden ungefähr 73 Prozent der Unterstützer eines fehlgeschlagenen Projekts erneut in ein Projekt auf Kickstarter investieren. Allerdings würden nur 19 Prozent ein weiteres Projekt des gescheiterten Projektgründers unterstützen. Für die Studie wurden fast 50.000 Kickstarter-Nutzer zu ihrem Erlebnis auf der Plattform befragt.
Die Zukunft: Crowdfunding als Marktforschung
Die Crowdfunding-Plattform Indiegogo bietet für große Unternehmen auch die Möglichkeit, die Schwarmfinanzierung für die Marktforschung zu nutzen. Bei neuen Produktentwicklungen können die Firmen so erkennen, ob die Zielgruppe groß genug ist, damit sich eine Investition auch lohnt. GE hat zum Beispiel auf die Art und Weise eine Eiswürfel-Maschine finanziert. Da die Kampagne mit 1700 Prozent des erforderlichen Werts unterstützt wurde, war klar, dass es einen Markt dafür gibt. Die Unterstützer der Kampagne profitieren so von einem günstigen Vorverkauf, während das Unternehmen durch das Feedback der ersten Kunden das Produkt auf den Markt bringt.
Bei dem Spiel "Shenmue 3" hat der Entwickler diesen Versuch auch auf Kickstarter unternommen. Doch hier waren die Fans eher weniger begeistert, dass sie das Geld zusammen bringen sollen, obwohl nach der Hälfte der Zeit klar war, dass hinter dem Projekt der große Publisher Sony steht. Immerhin wurden trotz großer Kritik mehr als 6,3 Millionen Dollar auf Kickstarter eingesammelt. Ein weiteres Zeichen, dass das Prinzip funktionieren kann.
Crowdfunding bleibt wichtig
Crowdfunding wird auch in diesem Jahr für Startups und innovative Ideen, Gadgets und Produkte eine große Rolle spielen. Enttäuschungen bleiben bestimmt nicht aus, und auch die Lieferzeiten werden sich weiter verzögern. Aber dennoch sind sicherlich wieder Projekte dabei, die es schaffen und uns glücklich machen.