Wohl kaum ein Spielzeug polarisierte Ende der 1990er Jahre so sehr wie Furby. Kinder liebten das Kuscheltier mit künstlicher Intelligenz, Erwachsene befürchteten den Untergang des Abendlandes. Jetzt ist die zweite App-fähige Generation des plappernden Roboters erschienen. Wir haben den Spaß- und Spielfaktor für Euch getestet.
"Spielzeugexperten küren Furby zum spannendsten Plüschtier der Saison. Aufgrund ihrer großen Beliebtheit sind sie allerdings schwer zu bekommen – Eltern stehen bereits Stunden vor Ladenöffnung Schlange und streiten sich um das letzte erhältliche Exemplar", schreibt Ebay in einer Pressemitteilung von 1998.
Die damals noch junge Online-Auktionsbörse versuchte, auf den Hype um die bunten Cyber-Teddys aufzuspringen. Mit Erfolg: Die flauschigen, plappernden Wesen waren Weihnachten 1998 – weniger als ein Jahr nach ihrem ersten öffentlichen Auftritt auf der Spielzeugmesse "American International Toy Fair" – bereits so rar, dass sich ihr Wert nahezu verdreifachte – von einem Ladenpreis in Höhe von 35 Dollar zu einem Wiederverkaufswert von bis zu 100 Dollar.
Insgesamt hat der Spielwarenhersteller Hasbro in den ersten drei Jahren mehr als 40 Millionen Exemplare verkauft. Schätzungen zufolge besaß damals jedes zweite Mädchen und jeder dritte Junge in den USA ein Furby. Um das Spielzeug entstand schnell ein Kult, der bis heute anhält. Ein Beispiel ist die Fotoserie eines schwedischen Tumblr-Nutzers, der das Blog Furby Living betreibt und unter anderem Furbys in weltberühmte Platten-Cover montiert.
Nicht allein das Kuschelfell und das drollige Aussehen machten Furby so begehrt, vor allem seine Reaktionsfähigkeit begeisterte die Kinder. Die Entwickler Dave Hampton und Caleb Chung von Tiger Electronics hatten ein bis dahin einmaliges Spielzeug geschaffen: Furby sang Lieder, tanzte, wurde sogar manchmal krank und agierte aufmerksam mit seiner Umwelt.
Möglich machten das unter dem Fell verarbeitete Sensoren und eine Infrarotschnittstelle. Wenig technikaffine Erwachsene erschreckte dagegen die – wenn auch nur rudimentäre – künstliche Intelligenz und das Aussehen der Kuscheltiere. Die Ähnlichkeit zu der Figur Gizmo aus der Horrorkomödie „Gremlins – Kleine Monster“ brachte Hasbro einen Rechtsstreit mit der Film- und Fernsehgesellschaft Warner Bros. Entertainment ein.
Anfang September veröffentlichte Hasbro die insgesamt fünfte Generation und zweite App-fähige Variante des Kuscheltiers. Furby Boom (Preis: circa 80 Euro) heißt sowohl der aktuelle Kuschelroboter als auch die kostenlose App für die Betriebssysteme iOS und Android. Auf dem Smartphone oder dem Tablet erweitern sich die Interaktionsmöglichkeiten um ein Vielfaches: von Füttern, Waschen und aufs Töpfchen setzen über Eier ausbrüten und den Nachwuchs aufziehen bis zum Fußballspiel. Weder Furby noch die Fans sollen sich langweilen.
Da Spielzeughersteller heute selbst Brettspiele und Puzzle mit einer App-Anbindung ausstatten, war der Schritt im Jahr 2012 überfällig und zumindest in Hinblick auf die Evolution von Furby konsequent. Frühere Entwicklungsschritte wirkten sich nur verfeinernd auf die Sensoren und Interaktionen aus. So konnte Baby Furby von 1999 besser singen als sein Vorgänger.
Begleitend zum Film "Furby Island" im Jahr 2005 kam dann ein wesentlich größerer Furby auf den Markt. Die Entwickler statteten dieses Modell mit Spracherkennung aus. Die kleinen Wesen gaben damals jedoch eher zufällig Antworten auf einfache Fragen. Sieben Jahre später stellt Hasbro dann ein sprachlich begabteres und App-fähiges Furby vor. Das aktuelle Furby Boom kommuniziert mit doppelt so umfangreichem Vokabular, verspricht der Hersteller. Zudem bietet die aktuelle Furby-Boom-App mehr Funktionen als die erste Version. Was das allerneueste Furby kann und ob es auch heute noch so begeistert wie vor 16 Jahren, haben wir getestet.
Der erste Kontakt
Allein die Auswahl eines passenden Furby Boom ist gar nicht so leicht. Neun bunte Fellmuster stehen zur Auswahl. Durch eine Aussparung am Deckel der Verpackung lässt sich der weiche Plüsch bereits vor dem Kauf und noch vor dem Auspacken testen. Mitgeliefert werden außerdem ein paar Sticker und ein Poster.
Nicht inklusive sind leider die vier AA-Batterien, ohne die Furby nur ein Kuscheltier ist. Hat man diese kleine Hürde genommen, also Batterien gekauft, sie eingelegt und den Deckel an der Unterseite von Furby verschraubt, beginnen die digitalen Augen des maus- und eulenähnlichen Wesens zu leuchten. Es plappert dann munter drauflos und ist solange reaktionsbereit, bis sich die Batterien entladen haben oder entfernt werden. So viel sei schon jetzt verraten: Auch in der aktuellen Auflage suchen entnervte Eltern vergeblich den Knopf zum Ausschalten.
Wir reden furbisch
Das beliebte Spielzeug interagiert über eine Sprachsteuerung mit seiner Umwelt und anderen Furbys. Der Wortschatz umfasst inzwischen mehr als 800 Wörter, muss sich jedoch nach wie vor stufenweise entwickeln. Zunächst plappert Furby nur furbisch. Im Laufe seiner Entwicklung und je nachdem, wie oft wir mit ihm kommunizieren, lernt das kleine Wesen auch die deutsche Sprache.
Ein Online-Wörterbuch mit Ausspracheassistent oder alternativ die App helfen bei der Übersetzung des Furbisch-Kauderwelsch. "Dah ey-loh uh-tei" bedeutet zum Beispiel so viel wie "Guten Morgen". Fühlt sich Furby wohl, sagt es "nuh-luh", findet es etwas toll, heißt das "wah!" und wenn es einfach wissen will, was los ist, fragt er "duh uh-tei?"
Eine App als Spielplatz
Die kostenlose Anwendung Furby Boom! bietet neben ein paar nützlichen Funktionen, wie dem Furbisch-Deutsch-Wörterbuch, jede Menge Interaktions- und Spielmöglichkeiten. Die App wirkt etwas überladen und sehr bunt, erklärt sich jedoch auch für Kinder von selbst und lässt sich intuitiv bedienen.
Erste Aufgabe: Aus einer langen Liste einen Namen für Furby wählen, den die App an das Spielzeug überträgt. Wir entscheiden uns für Dee-Koh, was so viel wie "kleines Monster" bedeutet.
Die Verbindung zwischen Furby und App wird über Hochfrequenztöne hergestellt. Damit der Datenaustausch gelingt, müssen sich das Mikrofon des Smartphones oder Tablets und der Roboter in direkter Nähe zueinander befinden.
Dadurch entfällt zwar die von Bluetooth gewohnte Kopplung der Geräte, aber Hintergrundgeräusche, beispielsweise laute Musik oder aufgeregte Kinderstimmen, stören die Übermittlung und lenken Furby darüber hinaus ab. Das kleine Monster reagiert dann nicht mehr auf die App, sondern wendet sich tanzend oder singend den neuen Eindrücken zu.
Schlafen, Essen und zur Toilette gehen
Mit der App lässt sich Furby hegen und pflegen. So steht etwa eine große Auswahl an mehr oder weniger bekömmlichen Speisen zur Fütterung bereit. Je nach Art der Mahlzeit antwortet Dee-Koh mit wohligen Geräuschen oder tut seinen Unwillen kund. Die alte Socke, die wir ihm in den Rachen geworfen haben, hat ihm gar nicht geschmeckt.
Wo gehobelt wird, fallen bekanntlich Späne. Insofern ist es nur konsequent, dass Dee-Koh auch auf die Toilette muss. Diese lässt sich mit dem Tablet virtuell unter das Furby schieben – Klospülung und Frischeduft inklusive. Außerdem bietet die App eine Dusche, Kosmetikartikel und ein Röntgengerät, falls Furby krank wird. Dann muss man verschiedene Zutaten zu einem Medikamenten-Mix verquirlen.
Je fürsorglicher ihr mit Furby umgeht, umso wohler fühlt es sich. Geht es ihm richtig gut, erhaltet ihr zur Belohnung Eier zum Sammeln, Verschenken oder Ausbrüten. Nach einiger Zeit schlüpfen daraus virtuelle Küken, die als Furblinge in die virtuelle Furby-Welt einziehen. Mit ihnen eröffnen sich weitere Mini-Games, zum Beispiel Furball, ein kurzweiliges Fußballspiel. Mit einem Ruck am Puschelschwänzchen schießt Furby den Ball auf das Display-Tor.
Ein weiteres Spiel erinnert an Guitar Hero. Hier lassen sich Punkte sammeln, wenn man Töne auf den vier digitalen Saiten trifft. Alle Spiele bringen Furby Spaß und euch virtuelles Geld. Mit den sogenannten Furbucks könnt ihr weitere Produkte kaufen, zum Beispiel Eier, virtuelle Nahrung oder Einrichtungsgegenstände für die Zimmer der Furblinge. Zum Test oder für die Mini-Spiele lässt sich die App auch ohne Furby einsetzen.
Furby macht alles mit
Umgekehrt benötigt man zum Spiel mit Furby nicht zwingend die App. Furby mag es, gekitzelt, gestreichelt, einfach gehalten oder auch mal auf den Kopf gestellt und gedreht zu werden. Es reagiert auf Schütteln ebenso wie auf Geräusche oder Schwanzziehen. Zusammen tanzen oder gegeneinander boxen: Furby macht alles mit. Damit das flauschige Kerlchen ohne die virtuelle Nahrung aus der App nicht verhungert, lasst ihn einfach an eurem Finger knabbern.
Ohne Verbindung zur App sind Furbys Reaktionen nicht so leicht vorhersehbar. Es beschwert sich hin und wieder mit den Worten "Furby mag das gar nicht", wenn ihm etwas nicht passt oder es sich langweilt. Hört Furby Musik oder stimmt Ihr ein Lied an, tanzt und singt es drauflos. Man könnte meinen, der kleine Zwerg hat seinen eigenen Musikgeschmack. Laut Hersteller ist auch eine Interaktion zwischen zwei oder mehr Furbys möglich: Sie erinnern sich nicht nur an ihre eigenen Namen, sondern auch an die ihrer Freunde und erkennen sich später wieder.
Mal Prinzessin, mal Rockstar
Furbys verändern sich. Die Persönlichkeit variiert je nach Interaktion und Umweltreizen. In Furby schlummern ein Ninja, ein Vielfraß, ein Rockstar, ein Girlie und ein Wirbelwind. Ein wenig Gremlins-Horror kommt auf, wenn dein Liebling plötzlich wild zittert, die Augenlider senkt und kreischt: "Iiiiiich ändere mich!"
Erkennbar sind die verschiedenen Charaktere an der Stimmlage, ihrem Benehmen und dem Ausdruck der digitalen Augen: Die Prinzessin ist etwas kuschelbedürftiger und singt gerne, während der Rabauke rumpupst und sich köstlich darüber amüsiert. Wenn der Rockstar gerade nicht Musik hört, macht er auch unanständige Geräusche, tanzt und singt. Der Witzbold steht auf Kitzeln.
Tipps für Eltern
Besonders Eltern kleiner Kinder empfehlen wir, das Smartphone erst einmal wegzulassen, sonst müssen Erwachsene ständig beim Füttern und Spielen helfen. Aber auch sonst haben Furbys das Potenzial, Eltern und andere Erwachsene in den Wahnsinn zu treiben. Erleichterung macht sich breit, wenn das Biest signalisiert: "Furby ist müde." Dann fallen schnell die Augen zu und nach einem kurzen, süßen Schnarchen ist Ruhe im Karton. Nervenschonender wäre es, wenn sich zum Beispiel die Lautstärke über die App regeln ließe. Geht aber leider nicht.
Furby schläft zwar zum Stromsparen auch von allein ein, wacht jedoch bei einem Stups sofort wieder auf. Eltern sollten deshalb nicht zur Schlafenszeit darüber stolpern, Furby nachts in Kinderbetten platzieren oder für Haustiere erreichbar ablegen. Stößt etwa die Katze den Fellroboter an, reißen zwei leuchtende Augen und ein wahnhaftes Lachen die Familie aus dem Schlaf. Das ist aus Erfahrung gruselig.
Unser Tipp für nachts: Einfach auf den Tisch legen! Dann schläft Furby die ganze Nacht. Unser Tipp für Tag und Nacht: Furby wird müde, wenn man es etwas länger am Schwanz zieht. Es reicht aber auch der Befehl: "Jetzt schlaf!"
Unser Fazit
Der Zauber des Ur-Furby steckt auch in Furby Boom. Das flauschige Wesen hat Vater, Tochter und Freunde der Familie gut unterhalten. Größere Kinder und die meisten Erwachsenen werden jedoch relativ schnell das Interesse verlieren. Hier ließe sich mit weiteren Funktionen und Sensoren nachhaltigerer Spielspaß produzieren. Technisch wäre das sicherlich möglich, aber dann wohl nicht mehr zum Preis von 80 Euro.
Die Idee, digitale und analoge Welt im Kinderzimmer zu verbinden, ist grundsätzlich gut. Der Test zeigt, dass Furby trotz der Plastikflächen am Batteriefach auch zum Kuscheln geeignet ist. Für die Brücke zur Online-Welt wäre eine stabilere Lösung wünschenswert, die nicht auf der Übertragung von Ton-Signalen beruht. Daneben ist auch das Spieleangebot der App noch ausbaufähig. Wir empfehlen zudem den Kauf von zwei Akku-Sets, die im Wechsel aufgeladen werden können.
Noch ein Hinweis: Unser Furby Boom fällt nach einer rund zweiwöchigen Testphase übermäßig häufig in den Schlafmodus, was den Spielspaß erheblich bremst. Wir prüfen gerade, ob es sich dabei um einen technischen Defekt handelt und geben an dieser Stelle ein Update.