Kritik aus der dritten Reihe: Microsoft glaubt nicht mehr an Smartphones – im herkömmlichen Sinn. Erinnerungen werden wach. Es ist nicht das erste Mal, dass das Unternehmen daneben liegt.
Microsoft-CEO Satya Nadella das Surface-Smartphone nicht mehr als ein Gerücht. Und es wäre weiterhin noch ein...Smartphone.
"Wir schauen, was die nächste Veränderung in Form und Funktion ist", so Nadella weiter. Soso. Meines Wissens folgte die Form der Funktion. Und die legen längst nicht mehr die Hardware-Hersteller fest, sondern die Betreiber von eben jenen Diensten, auf die wir tagtäglich zugreifen: Facebook, Instagram, WhatsApp etc.
Von einem CEO erwartet man ja durchaus derart markante Ansagen. Vision muss her, egal wie! Doch der Entwickler von Microsofts AR-Headset Hololens, Alex Kipman, tönt noch lauter: "Das Telefon ist tot", sagt er im Gespräch mit Bloomberg. "Die Nutzer haben das nur noch nicht realisiert".
Ist dem so?
Sorry, Microsoft. Aber aktuell und mit Blick auf die vergangenen Jahre sollte es eher heißen: "Unsere Smartphone-Sparte ist tot." Denn: Windows 10 Mobile hat nicht funktioniert. Man konnte schlicht keinen Boden gut machen neben iOS und Android. Damit setzte das Unternehmen die Reihe seiner Misserfolge im Smartphone-Segment fort. Die nahm ihren Lauf, als Ex-CEO Steve Ballmer 2007 das iPhone auslachte.
Dass man es nun stattdessen im Businesssegment versuchen möchte, ist ein Versuch der Kompensation von Verlusten. Wohlgemerkt: Apple zusammen mit IBM und auch Google sind hier mit ihren Geräten und Diensten schon seit Längerem erfolgreich.
"Mobile First" nur ein leeres Versprechen?
Wenn nun der Verlierer der Smartphone-Ära eben jene Ära für beendet erklären will, dürfte das bei der Konkurrenz für Schmunzler sorgen. Bei mir sorgt es für Unverständnis. Solche Worte aus den Mündern derer bei Microsoft, die eine Richtung vorgeben sollen, lässt sich daran zweifeln, dass das Unternehmen überhaupt eine Mobilstrategie hat. Was ist aus "Mobile First, Cloud First" geworden, das Nadella zu seinem Antritt 2014 noch ausrief?
Mit Blick auf das Mobilgeschäft sein die Strategie zu lauten: "Hauptsache nicht mehr Status quo". Der schaut so aus: Microsoft macht fette Gewinne mit der Cloud, doch im Mobilsegment passiert praktisch kein Umsatz. Microsofts "Surface"-Tablets steuerten im vergangenen Quartal ein 26-prozentiges Minus bei.
Der Konzern aus Redmond bekommt nun die Quittung für nicht gemachte Hausaufgaben: Microsoft hat Smartphones nie wirklich verstanden. Nun wäre der Konzern gut beraten, Windows 10 Mobile ein für allemal begraben, bevor man das "next big thing" erdenken will.
Braucht Microsoft die Smartphones überhaupt?
Vor allem sollte sich das Unternehmen offen und ehrlich die Frage stellen: Brauchen wir die Smartphones überhaupt im Produktportfolio? Klar, mehr Geräte bedeutet auch eine höhere Nutzungsdauer für die Services. Doch während Microsoft mit Office-Programmen und der Cloud ein immenses Wachstum hingelegt, gibt es im Smartphone-Segment nichts zu optimieren. Weil nichts funktioniert hat. Weder der Kauf von Nokia, noch die Lumia-Eigenentwicklung oder Windows 10 Mobile auf Devices anderer Anbieter.
Für Google bzw. Alphabet, Apple und Facebook ist das Mobile-Business elementar wichtig. Entsprechend enorm sind die Anstrengungen dieser Unternehmen, die eigenen Mobilprodukte weiterzuentwickeln. Sie sind Kerngeschäfte. Krempelt Nadella Microsoft nicht erneut auf links und macht aus der Software-Company, die mehr und mehr zur Cloud-Company wird, eine Mobil-Company, sind auf künftige Versuche zum Scheitern verurteilt.
Wenn "Mobile First" bedeuten soll, in erster Linie seine Dienste mobiloptimiert zu entwicklen: Das ist keine Strategie, sondern längst eine Notwendigkeit, der sich jedes moderne Unternehmen zu unterwerfen hat.
Ganz oder gar nicht, Microsoft! Ganz rein oder ganz raus. Dass man zu Innovation in der Lage ist, davon zeugen ein SurfaceBook oder Hololens. Doch mit Blick auf die Reihe an "Epic Fails" im Smartphone-Segment wäre es ratsam, nicht erneut große Töne zu spucken, sondern endlich zu liefern.