Als "Black Mirror" Season 5 für den 5. Juni von Netflix angekündigt wurde, habe ich mich tierisch gefreut. Nicht erst nach "Bandersnatch" war ich begeistert von der Serie, die uns und unserem Umgang mit digitalen Produkten einen Spiegel vorhalten will. Doch bei Staffel 5 blieb die Begeisterung bei mir jedenfalls aus. Doch Vorsicht, Spoiler!
Ganz nach dem Motto: "Schaut her, geht reflektiert mit euren Erfindungen um!" Mit dem interaktiven Film "Bandersnatch" ging Netflix noch einen Schritt weiter. Ich mochte die Idee, das Format auch als Experimentierfeld zu sehen – für ganz neue Formen des Fernsehens.
Doch bei Staffel 5 fehlt mir das, was "Black Mirror" bis jetzt ausgemacht hat: die experimentelle, aber glaubwürdige Dystopie; die Konsequenz der Erzählung, auch wenn es kein Happy End gibt; und das Gefühl, etwas total Abgefahrenes gesehen zu haben.
Was haben wir also? Drei Folgen – was vollkommen okay ist, immerhin bestanden die ersten beiden Staffeln auch nur aus jeweils drei Folgen. Und mit mindestens 60 bis sogar 70 Minuten Laufzeit sind die neuen Episoden sogar ein bisschen länger als die aus Staffel 1. Und was geben sie her?
"Black Mirror" Staffel 5, Folge 1: "Striking Vipers"
Danny und Karl sind zwei alte Freunde aus College-Zeiten, die gern nächtelang miteinander gezockt haben. Selbst als Danny eigentlich ein Date mit seiner Freundin hatte, landeten die beiden am Ende des Abends zusammen vor der Konsole. Später ist Danny verheiratet – der Draht zu seinem alten Kumpel ist verloren gegangen.
Doch als Karl ihm zu seinem Geburtstag ein neues Videospiel "Striking Vipers" schenkt, ändert sich einiges. Es ist ein "Virtual Reality"-Beat'em'Up-Game, die beiden treten als virtuelle Abbilder ihrer Kämpfer gegeneinander an. Danny schlüpft wörtlich in einen Kung-Fu-Fighter, Karl in eine attraktive Kämpferin.
Mann und Frau in einer verlassenen virtuellen Umgebung. Was passiert? Sie schlafen miteinander. Also – irgendwie auch nicht, immerhin tun sie das mit ihren virtuellen Körpern. Aber sie erleben und spüren es, sie werden förmlich süchtig danach.
Das heißt: Danny betrügt seine Ehefrau. Oder doch nicht? Diese Frage in das Zentrum der Geschichte zu stellen, wäre spannend gewesen. Oder zumindest die Geschichte zuzuspitzen. Doch all das geschieht nicht – es gibt sogar ein Happy End. Ich finde: zu dünn.
"Black Mirror" Staffel 5, Folge 2: "Smithereens"
Taxifahrer Andrew entführt einen Mitarbeiter von "Smithereens" – eine Art "Facebook" – um das Unternehmen zu erpressen, mit dem Geschäftsführer Billy Bauer sprechen zu dürfen. Warum das alles? Er hatte einen Autounfall, bei dem seine Frau gestorben war. Zwar wurde er als Opfer freigesprochen, doch eigentlich war er der Schuldige. Er hatte auf sein Smartphone geschaut, da er eine Benachrichtigung der Social-Media-App erhalten hatte.
Nun – das Gespräch zwischen Andrew und Billy findet tatsächlich statt. Und das ist wohl die beste Stelle der Folge. Immerhin scheint Billy selbst die Kontrolle über sein Produkt verloren zu haben. Doch anstelle, dass Andrew ihm Verständnis entgegenbringt, spricht er ihn nicht frei. Er hat seine Geschichte erzählt und damit entlässt er Billy mit all seinem Unmut.
Meiner Ansicht nach ist das die stärkste Folge der fünften "Black Mirror"-Staffel, auch wenn sie im Vergleich zu anderen Folgen aus früheren Staffeln nicht ganz so stark war. Sagen wir so: Ein-zwei schwächelnde Folgen gibt es ja in jeder Staffel, das ist nicht weiter tragisch. Immerhin ist die Folge immer noch unterhaltsam.
Staffel 5, Folge 3: "Rachel, Jack and Ashley Too"
Es gibt also noch eine Chance, und das ist Folge 3, mit Miley Cyrus, die quasi sich selbst spielt – als Ashley O. Die Sängerin scheint zu Anfang wieder eine kurze Zeit lang ihre alte Rolle Hannah Montana wiederauferstehen zu lassen. Denn Ashley O singt ausschließlich positive Songs, mit einfachen Texten und Kalenderspruch-Zeilen.
Doch mit diesem Alter Ego ist die Künstlerin unzufrieden. Aber ihrer Managerin gefällt das gar nicht. Die hat zuletzt die kleine Puppe "Ashley Too" herausgebracht, eine Art Alexa, die auf Ashley O's Persönlichkeit basiert. Rachel, ein großer Fan, und Jack, Rachels Schwester, finden jedoch heraus, dass tatsächlich der gesamte Verstand in die Puppe transferiert wurde. Na, kommt euch das bekannt vor? Genau.
Dass ein Motiv zweimal verwendet wird, ist an sich nicht das Problem, doch die Handlung der Folge driftet eher in ein seichtes Teenie-Drama ab, als in eine zynische Zukunftsvision, wie sie für "Black Mirror" so charakteristisch war. Schade eigentlich.
Was wird aus "Black Mirror"?
Waren meine Erwartungen zu hoch, gehen dem Autor Charlie Brooker die Ideen aus oder soll "Black Mirror" zum einfach zu schluckenden Klamauk verkommen? Ich hoffe jedenfalls, dass wir bald wieder überrascht werden. Wie es bisher immer war.