Endlich ist es so weit: Die Huawei P40-Serie ist offiziell und kann vorbestellt werden. In Zeiten von Corona, Social Distancing und Home Office bekam ich trotzdem die Möglichkeit, mir das Huawei P40 Pro mal anzuschauen. Meine ersten Eindrücke im Hands-on.
Mit der P30-Serie hatte Huawei für Begeisterung in Sachen Smartphone-Fotografie gesorgt – aber auch in Sachen Performance und Alltagstauglichkeit konnten die günstigen Flaggschiffe überzeugen. Die P40-Serie will an den Erfolg anknüpfen – steht jedoch unter einem schlechten Stern.
Da gibt es den Handelsstreit zwischen den USA und China. Der trifft besonders Huawei hart, denn die US-Regierung untersagt Kooperationen mit dem chinesischen Hersteller. Dies hat zur Folge, dass Google an Huawei keine neuen Android-Lizenzen mehr verteilt. Ein Android-Smartphone ohne Google-Dienste? Schwer vorstellbar. Dazu kommt noch die Corona-Krise, wegen der auch die Smartphone-Branche teilweise lahm liegt. Werke müssen geschlossen, große Events abgesagt und Releases verschoben werden.
Huawei zwischen Android-Bann und Corona-Krise
Wie also manövriert Huawei sein Flaggschiff zwischen Skylla (keine Google-Dienste) und Charybdis (Corona-Krise)? Zunächst mal: Die Präsentation der P40-Serie fand wie gewohnt im März statt, die Vorbestellung geht direkt los, in die Läden kommen P40 und P40 Pro allerdings erst über einen Monat später. Auf den ersten Blick scheint die Corona-Krise also nur wenige Auswirkungen zu haben.
Die spätere Auslieferung hat Huawei zufolge aber auch damit zu tun, dass ihr die Geräte eben nicht in den Läden in die Hand nehmen könnt – und euch so mehr Zeit gelassen werden soll. Aber: Das größte Modell der Reihe, das P40 Pro+ (und nicht "Premium Edition", wie zuvor spekuliert), kommt erst im zweiten Halbjahr 2020 auf den Markt.
Bei den fehlenden Google Mobile Services (GMS) hat sich Huawei ein paar Kniffe einfallen lassen. Zunächst gibt es die Huawei AppGallery. Das ist ein hauseigener App-Store, der wesentliche Anwendungen zur Verfügung stellt und seit gut zwei Monaten für Entwickler geöffnet wurde. Das heißt: Apps fließen kontinuierlich nach.
Darüber hinaus ist auf dem P40 Pro in meinen Händen die App "AppSuche" installiert – eine Anwendungen, die sowohl die AppGallery als auch andere Stores und Webseiten nach Software durchsucht. So könnt ihr problemlos WhatsApp, Facebook, und auch Google Maps, Chrome und Co. installieren. Was ich beim ersten Ausprobieren allerdings nicht gefunden habe, ist Netflix. Und da der Streaming-Dienst auch über den Browser nicht funktioniert, könnt ihr also vorerst auf dem P40 Pro nicht Binge-Watchen.
Der erste Eindruck des Huawei P40 Pro
Das ist schade, denn das Display weiß zu gefallen. Es geht an allen vier Seiten sanft in den Rahmen über. Huawei bezeichnet das als "Overflow-Display". Von vorn betrachtet sieht das so aus, als würde das Handy ausschließlich aus Display bestehen. Allerdings hat die Konzeption zur Folge, dass die Ecken des Displays abgeschnitten werden. Dafür sind manche Anwendungen allerdings nicht konzipiert und so kommt es vor, dass bei der Tastatur die Umschalttaste zu den Zahlen ("123") – und "Enter" Eselsohren haben, also abgeschnitten sind. Macht sich bei der Bedienung nicht bemerkbar, sieht aber komisch aus.
Mein Testgerät kommt in schlichtem Schwarz, was mir eigentlich sehr gut gefällt – wenn es da nicht diese Glasrückseite gäbe, die Fingerabdrücke magisch anzieht. Allerdings scheint Huawei den Missfallen an diesem Phänomen zu kennen und wird zwei Farben mit mattem Glasfinish anbieten. Darauf sind Fingerabdrücke Schnee von gestern.
Die Frontkamera mit 32 Megapixel und Autofokus sitzt in einem pillenförmigen Punch-Hole. Das heißt allerdings nicht, dass dort zwei Kameralinsen drinsitzen. Den Platz braucht es für die Sensorik wie zum Beispiel für die Gesichtsentsperrung.
Herzstück des P40 Pro: Die Kamera
Bei der Kamera sitzt beim Huawei P40 Pro ein rechteckiges Modul auf der Rückseite, das im gleichen Größenverhältnis wie das gesamte Smartphone daherkommt – das sieht schick aus und soll an Digitalkameras erinnern. Immerhin ist beim "neuen Fotowunder" auch wieder die Kamera das Herzstück.
Zum Einsatz kommt hier eine 50 Megapixel Hauptkamera, 40 Megapixel Weitwinkellinse und ein 12 Megapixel Tele-Objektiv mit fünffachen optischen Zoom. Alle drei Linsen haben einen OIS – einen optischen Bildstabilisator für wackelfreie Aufnahmen. Ein Time-of-Flight-Sensor (ToF) rundet das Setup ab.
Die ersten Schnappschüsse sehen vielversprechend aus, mit Digital-Zoom könnt ihr bis zu 50-fach vergrößern. Dann wird es zwar recht unscharf, allerdings nicht ganz so frickelig wie beim S20 Ultra mit dem 100-fach-Zoom. Ich bin allerdings der Meinung: Der optische Zoom reicht aus. Und der kann sich beim P40 Pro auch sehen lassen. Kleines Highlight im Videomodus ist das Anzünden eines Feuerzeugs im Zeitlupen-Modus. Mehr dazu im ausführlichen Test!
Weitere Highlights des neuen Fotowunders
Sowohl P40, P40 Pro und P40 Pro+ unterstützen 5G, das entsprechende Modul ist direkt auf dem SoC mit dem Prozessor Kirin 990 verbaut, nimmt also weniger Platz ein und spart Akku. Der ist übrigens satte 4.200 Milliamperestunden groß.
Auch Dual-SIM bieten alle P40-Geräte durch einen Hybrid-Slot, den ihr wahlweise mit zweiter SIM-Karte oder Huaweis NM Card bestücken könnt. Wollt ihr den 256 Gigabyte großen Speicher erweitern, könnt ihr trotzdem Dual-SIM durch eSIM-Integration nutzen. Beim Arbeitsspeicher gibt es allerdings vergleichsweise wenige 8 Gigabyte Arbeitsspeicher für ein Pro-Modell.
Übrigens habe ich den zweiten Slot erstmal gar nicht gefunden. Im Gegensatz zu mir bekannten Einschüben, bei denen die Aussparungen nebeneinander liegen, wird hier der Slot gewendet. Witzig!
Das 6,58 Zoll große OLED-Display löst mit 2.640 x 1.200 Pixel auf, bietet eine Pixeldichte von 441 ppi und sorgt mit einer Bildwiederholfrequenz von 90 Hertz für flüssige Bewegtbilder. Mit 203 Gramm bringt das Flaggschiff einiges auf die Waage – bei dem Kameramodul und der Akkugröße war das aber zu erwarten.
Fazit: Tolles Smartphone, aber ...
Der Fingerabdrucksensor ist im Display integriert, dessen Fläche wurde um 30 Prozent vergrößert. Funktioniert bei mir einwandfrei, ebenso wie die Gesichtserkennung. Das P40 Pro und P40 Pro+ sind IP68 zertifiziert, also staub- und wasserdicht. Das P40 kommt mit IP53, damit ist es nicht vollständig staubdicht, aber laut Definition vor Staub und Fremdkörpern in schädlicher Menge geschützt. Wirklich wasserdicht kann man das nicht nennen, Regen sollte es aber aushalten.
Der erste Eindruck ist insgesamt gut – allerdings wird für den Erfolg des P40 Pro wohl entscheidend sein, ob ihr euch mit den Huawei Mobile Services anfreunden könnt. Immerhin baut Huawei hier immer weiter an neuen Lösungen: Ob Musikstreaming-Dienst Huawei Music, den ihr drei Monate kostenlos testen könnt oder der Ausbau eines eigenen Video-on-Demand-Services. Beim P40 Pro müsst ihr 999 Euro hinlegen, für das P40 fallen 799 Euro an. Der Preis für das P40 Pro+ wurde noch nicht bekannt gegeben.