WhatsApp und Facebook bleiben (vorerst) getrennt

(© 2015 WhatsApp, CURVED Montage )

Milliardenschwere Zwangsehe oder offene Beziehung? Auf dem DLD sprach Facebook über die Pläne für WhatsApp und den Facebook Messenger.

Im Rahmen des DLD in München erklärte Facebook-Manager David Marcus, dass WhatsApp auch nach dem Kauf durch das Social Network “weitgehend unabhängig” agiere. Konkret heißt das: Das Messenger-Team zieht nicht auf den Facebook-Campus, und es gibt keine Zusammenlegung der Datenbanken von WhatsApp und Facebook. Damit reagiert Marcus einmal mehr auf die Kritik vieler Nutzer, die kurz nach der Verkündung des Milliardendeals aus Angst vor einer Zusammenlegung mit Facebook das Weite suchten und damit den Erfolg von Alternativen wie Threema, Telegram und Co. begründeten.

Laut Marcus tausche man sich lediglich über die Strategien aus. Konkret sei vereinbart, dass einige Funktionen, die derzeit bei Facebook im Testlauf sind, künftig bei WhatsApp implementiert werden sollen. Dabei soll es sich auch um Ideen zum Geldverdienen handeln. Bei einem Kaufpreis von 23 Milliarden Dollar verwundert es auch nicht, dass Facebook die große Nutzerbasis von WhatsApp monetarisieren will. Aber: "Im Moment geht es nicht um Daten", erklärt Marcus.

Keine Werbung im FB-Messenger

Das Nahziel: eine Milliarde Nutzer für WhatsApp und den Messenger. Durchaus realistisch angesichts von 600 Millionen WhatsAppern und 500 Millionen FB-Messenger-Nutzern weltweit. Allerdings sollen die Dienste weiterhin parallel betrieben werden und nicht zusammengelegt werden. Die Vision: WhatsApp wird umso mehr für die schnelle Kommunikation mit Grundfunktionen positioniert, als eine “neue Version der SMS". Der Facebook-Messenger soll außerdem mit zusätzlichen Anwendungen und Funktionen angereichert werden.

Im Rahmen der DLD erklärte Marcus, dass man den Facebook Messenger “nicht mit Werbung zukleistern" will. Die Nutzer sollen eine gute User Experience bekommen. "Wenn es uns egal wäre, könnten wir das machen - und bei 500 Millionen Nutzern jede Menge Geld verdienen." Das Chat-Tool stand unter heftiger Kritik, nachdem das Social Network dazu zwang, für Nachrichten und Chats mobil die Extra-App zu verwenden. Monetarisieren will man die enorme Reichweite des Messengers dennoch. So sei etwa in Planung, Unternehmen einen direkten Zugang zu Facebook-Nutzern zu geben und sie dafür bezahlen zu lassen.

Wie wird Facebook beide Dienste vernetzen?

Ganz neu ist diese Idee nicht. Denn das in China sehr erfolgreiche WeChat nutzt ähnliche Unternehmen-Features, um einen direkten Kontakt zu Kunden und Nutzern aufzubauen. So erfolgreich, dass Unternehmen vor der Registrierung einer Internetadresse zuerst einen WeChat-Account anlegen. Bezahlfunktionen, wie sie zuletzt Snapchat für seine Nutzer einführte, soll es hingegen erst einmal nicht für den blauen Messenger geben. Wir haben derzeit kein Interesse, ein Bezahlgeschäft aufzubauen." Dabei ist Marcus vom Fach. Der 41-Jährige leitete zuletzt bei Ebay die Geschäfte der Payment-Tochter PayPal.

Wenn auch nur am Rande sprach der Facebook-Manager auch über die Weitergabe von Nutzerdaten an Behörden. So sei das Unternehmen verpflichtet, bei Anfragen durch Ermittler persönliche Informationen weiterzuleiten.

Sind die Aussagen nun auf Dauer haltbar? Meiner Auffassung nach haben wir es mit einer Momentaufnahme zu tun: Beide Dienste wollen auf die kritische Masse von einer Milliarde Nutzer wachsen. Spätestens dann wird der grüne Messenger in der Pflicht sein, auch sein Geld wert zu sein. Allerdings wird sich Gründer Jan Koum hüten, Werbung auf WhatsApp auszuspielen. Damit würde der Messenger-Gründer einmal mehr Nutzer in die Arme der Konkurrenz treiben. Ganz anders beim Facebook Messenger: Längst erlöst das Social Network einen Großteil seiner Werbeeinnahmen über Smartphones und Tablets. Eine Nutzerbasis von einer Milliarde könnte Facebook extrem gut vermarkten.

Spannend bleibt, wie die beiden Dienste auf lange Sicht zusammenwachsen werden. Können Facebook-Nutzer demnächst über einen WhatsApp-Button mit Personen, die nicht im Social Network unterwegs sind, chatten? Und WhatsApper aus der Konversation mit anderen Nutzern oder Gruppen Inhalte auf Facebook posten? Logisch wär's. Allerdings haben die Shitstorms der jüngsten Vergangenheit gezeigt, dass das Social Network gut daran tut, solche Veränderungen besser schrittweise einzuführen.

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