Ein Kopfhörer speziell für Smartphones und Tablets, der 1000 Euro kostet? Absurd, oder? Wir haben den Beyerdynamic T5p getestet - und nun ein Problem.
Ein Mobilkopfhörer, der in der Preisklasse (990 Euro) eines iPad Pro rangiert? Teurer als ein Smartphone? Wie verrückt muss man sein, um über so etwas nachzudenken? Wer echte Hifi-Freaks, die wahren Klangfanatiker der Gattung „Audiophile“ kennt, der weiß, dass es bei Hardware, die noch mehr Klang aus der Musik herausholt, eigentlich keine Grenzen nach oben gibt. Geld spielt keine Rolle, Hauptsache es klingt noch besser.
Mehr aus schwachen Geräten rausholen
Doch Hifi-Spitzenklang ist eigentlich ein Thema für den Wohnzimmersessel, oder? Nein, sagten sich die Ingenieure vom Kopfhörer- und Mikrofon-Traditionshersteller Beyerdynamic aus Heilbronn. Schließlich wird Musik heutzutage meistens mit dem Smartphone, Tablet oder Notebook unterwegs gehört. Ein Problem haben alle Mobilgeräte: Sie haben eine schwache Ausgangsleistung. Das ist eigentlich der Treibstoff, den ein Kopfhörer braucht, um guten, kraftvollen Klang abzuliefern. Als Antwort haben die Tüftler von Beyerdynamic die Tesla-Technologie entwickelt: Große Magnete holen bei Tesla-Kopfhörern mehr Leistung aus Mobilgeräten heraus. Der T5p ist das absolute High-End-Modell aus der Tesla-Reihe für den mobilen Einsatz. Dafür kommt er mit einem niedrigen elektrischen Widerstand (32 Ohm), das heißt ihm reichen die schwachen Ausgangsleistungen von Smartphones, um den vollen Klang zu entfalten. Das heißt aber nicht, dass man den T5p nicht auch an der Stereoanlage betreiben kann.
Wie gut klingt er nun wirklich?
Der T5p entfaltet an meinem iPhone angeschlossen und bei auf maximal eingestellter Qualität im Spotify-Streaming schnell seinen Zauber. Ich teste solche Referenzhörer immer mit Songs, die ich bis ins kleinste Detail kenne. Dabei passiert nämlich oft Erstaunliches. Auf einmal tauchen Nuancen auf, die ich bisher nicht hören konnte, ein Tambourin im Refrain, das mir noch nicht aufgefallen war, ein Becken am Schlagzeug, ein bisher nie da gewesener Hall auf einem Synthie-Sound. Was der neue T5p kann wie kein Zweiter, ist Räumlichkeit - obwohl geschlossene Kopfhörer eigentlich dafür berüchtigt sind, nicht so räumlich zu klingen. Nicht hier: Ich habe das Gefühl, genau zu wissen, wo jede Trommel im Studio steht. Instrumente, wie der Bass, der sonst gern im Soundbrei ein wenig untergeht, lassen sich mit dem T5p mühelos Ton für Ton verfolgen.
Ich war schon vom Vorgänger, dem T5p der 1. Generation, begeistert. Allerdings hatte dieser einen etwas höhenlastigen Klang, der gerade nach dem Umstieg von anderen Kopfhörern gewöhnungsbedürftig sein konnte. Die zweite Generation klingt dafür noch kräftiger, transparenter und gleichzeitig ausgewogener. Und zwar egal, welche Musik ich spiele. Ob Elektronik, Rock, Jazz oder Klassik, der T5p lässt jedes Genre klingen, wie es klingen sollte.
Look & Feel
Ein Kopfhörer besticht nicht nur durch seinen Klang, auch Haptik und Tragekomfort müssen stimmen. Der T5p ist ein geschlossener Kopfhörer. Er kann als unangenehm auf den Ohren sein, wenn man ihn zu lange trägt. In der Theorie. Doch nicht beim T5p. Er ist mit großen Hörmuscheln aus Leder und Memory-Schaum wenig spürbar, macht zwar dicht, aber drückt nicht auf den Kopf und lässt sich so lange tragen. Das Kabel war beim Vorgänger fest verbaut und nicht unanfällig gegen Brüche. Jetzt sind mit Stoff ummantelte, steckbare Kabel dabei. Auch sonst stimmt die Qualität. Man kann fühlen, dass jeder der Premium-Hörer Handarbeit „made in Germany“ aus dem Stammwerk in Heilbronn ist.
Auf eine Kabelfernbedienung verzichtet der Referenzhörer aber immer noch - wohl aus Klanggründen, aber dennoch ungewohnt im Mobilzeitalter. Mit dabei ist jetzt auch ein wertiges Case, das die Filzhülle des Vorgängers ablöst.
Fazit: die neue mobile Referenz mit Suchtgefahr
Das in vielen Tests hoch gelobte Vormodell wurde noch einmal feingetunt und ergibt für meinen Eindruck ein mindestens um ein Drittel besseres, räumliches und ausgewogenes Klangbild. Ob laut oder leise, der T5p klingt einfach bombastisch. Es macht Spaß, damit die eigene Musiksammlung neu zu entdecken. Mein Problem: Eigentlich möchte ich nach ein paar Tagen mit dem Beyerdynamic-Tesla-Mobilflaggschiff nie wieder mit einem anderen Kopfhörer am Smartphone Musik hören. Dann fange am besten schon mal an zu sparen.