Cloud-Doku "Zugriff": Gebührenfinanzierte Panikmache

Ein Profil des Opfers: Autor Onneken im Visier seiner Kollegin
Ein Profil des Opfers: Autor Onneken im Visier seiner Kollegin (© 2014 ARD )
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Die böse Cloud: Das Erste brachte am Montag die Doku "Zugriff! Wenn das Netz zum Gegner wird". Der Film schürt die Angst vor der Datenwolke. Ohne sie aufzulösen.

Dazu kurz die Programmankündigung zitiert:

"Das investigative Autorenteam Löbl und Onneken ("Ausgeliefert - Leiharbeiter bei Amazon") wagt einen Selbstversuch und liefert sich dabei ein dramatisches Duell. Mit Hilfe eines IT-Sicherheitsexperten versucht Diana Löbl, ihren Kollegen auszuspionieren, und er, ein Internet-erfahrener User, wird sich vehement verteidigen. Aber mit welchem Erfolg? Sie jagt ihn im Netz. Sie wird seine Arbeit nach Kräften behindern, seine Identität im Netz annehmen und in seine Privatsphäre aktiv eingreifen. Unter Anleitung eines renommierten Profilers der Polizei erstellt sie schließlich ein detailliertes Psychogramm ihres Kollegen. "

Wer sich selbst ein Bild machen will, der kann die halbstündige Reportage in der ARD-Mediathek anschauen. Wer allerdings eine vom Öffentlich-Rechtlichen erwartbar ausgewogene Berichterstattung über ein aktuelles Thema erwartet, der wird enttäuscht. "Zugriff" ist reißerisch und an vielen Stellen ungenau.  Gleich zu Beginn scheren die Autoren die Begriffe "Cloud" und "gehackte Server" über einen Kamm, unterstellen Apple, künftig "alle Gesundheitsdaten" in der Cloud speichern zu wollen. Das stimmt freilich nicht. Healthkit verleibt sich nicht Eure Krankenakte ein, sondern trägt die Daten von Sensoren und Wearables zusammen.  Doch "Apple", "IBM", "Microsoft" und "Cloud", das sind selbst bei Senioren - der vorrangigen Zielgruppe der ARD - starke Reizwörter.

"Zugriff" gibt keine Antworten

Abgesehen davon weist "Zugriff" einige Lücken auf. So verschafft sich Löbl in Zusammenarbeit mit Hackern und Mitarbeitern des BKA Zugriff zu Onnekens iCloud-Account. Die Folge: Sie bekommt darüber Zugriff zu allen weiteren Accounts. Wenig später sind Flüge umgebucht, die Reputation auf Twitter ruiniert, der Job gekündigt und die Wohnung mit einer selbstausgedruckten Vollmacht aufgeschlossen. Wie durch einen Zufall läuft jedes Mal die Kamera, wenn Onneken etwas Schlimmes passiert. Ein Schelm, wer denkt, dass längst nicht alles so spontan aufgezeichnet wurde, wie es den Anschein hat.

Einzig die Frage, wie all das nun möglich ist, bleibt völlig unbeantwortet. Freilich: Man will Zuschauern keine Anleitung zum Datendiebstahl an die Hand geben. Aber stattdessen im besten Hollywood-Hacker-Stil Quellcodes über einen Bildschirm laufen und die Autorin aus dem Off erzählen zu lassen, dass man nun "drin" sei, das reicht nicht.  Das ist erzählerisch schwach und journalistisch fragwürdig. Denn das Autoren-Duo bleibt nicht nur die Frage nach dem "Wie" schuldig, sondern verpasst es zudem, Aufklärung zu betreiben. Wie kann man sich schützen? Wie kann man die Gefahr eines Identitätsdiebstahls vermeiden? Wer wenig bewandert im Netz ist, der dürfte beim nächsten Einloggen in sein Facebook-Profil oder das Abrufen einer Mail leicht panisch werden.

Schade eigentlich. Denn Löbl und Onneken haben zuvor schon bewiesen, dass sie auch anders können. Von ihnen stammt die Reportage "Ausgeliefert - Leiharbeiter bei Amazon", die die teils unzumutbaren Arbeitsbedingungen von Leiharbeitern beim Versandhändler in Deutschland anprangerte, damit für das Unternehmen einen Shitstorm provozierte und so eine bundesweite Diskussion anstieß.

Übers Ziel hinausgeschossen

"Zugriff" hingegen schießt übers Ziel hinaus. Wohl auch, weil der Begriff "Cloud" so schwierig zu fassen ist. Man kann ihr nicht auflauern, man kann sie nicht konfrontieren. Und so ist die Reportage nicht mehr als ein "Proof of Concept". Ja, man kann mit Hacker-Kenntnissen in die Privatsphäre von Menschen eindringen und ihr Leben auf links krempeln. Doch von einer Doku im öffentlich-rechtlichen Fernsehen erwarte ich mehr. Ich erwarte Aufklärung und Service, nicht Panikmache.

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