Lange Zeit war die CES die wichtigste Messe für Consumer-Tech. 2015 wird klar: Die Elektronik-Schau hat ein Problem.
Hätten die großen Automobilhersteller die CES nicht für sich auserkoren, um sich als maximal zukunftsträchtig zu präsentieren, hätte die Messe in diesem Jahr wohl kaum Akzente setzen können. Den großen Aufschlag machte Audi und ließ einen A7 ohne menschlichen Fahrer 900 Kilometer weit vom Silicon Valley bis zum Messegelände fahren. Tada! Mercedes präsentierte eine kühne Konzeptstudie, bei der sich die Insassen allem widmen können, nur nicht dem Straßenverkehr. Tadaa! Und dann ist da ja noch BMW, deren Modelle sich künftig per Smartwatch ferngesteuert aus der Parklücke zum Fahrer bewegen können. Tadaah!!!
Zweifelsohne: autonom fahrende Autos sind ein Megatrend. Aber vor allem sind sie ein Trend, der gemessen an diese Studien für den Otto-Normal-Verbraucher unfassbar teuer und zudem noch reine Zukunftsmusik ist. Selbstfahrende Autos auf deutschen Straßen? Good luck with that!
Wo bleibt der Consumer in der Consumer Electronics Show?
Warum mich das aufregt? Bei der Consumer Electronics Show sollte es auch um eben jene gehen: die “Consumer”. Abseits der Automobilbranche konnte die CES für den Verbraucher wenig Akzente setzen. Gleichwohl komme ich mir als Verbraucher von der TV-Branche mehr und mehr veräppelt vor: War im vergangenen Jahr noch 4K bzw. UHD mit einer weitaus höheren Auflösung als Full-HD der Trend, sind die TVs von 2015 nicht nur in der Regel allesamt “curved”, sondern lösen schon in 8K auf. 8K? Haben die Hersteller den Kontakt zu Fernsehrealität verloren? Hier in Deutschland ist es schon das höchste der Gefühle, dass die Haupt- und wichtigsten Spartensender in High-Definition zu sehen sind. 4K-Material ist rar gesät und erfordert viel Bandbreite. Nochmal: 8K? Das ist kein Trend, sondern ein Proof of Concept, dem man einen Preisstempel verpasst, der höher fünfstellig angesiedelt ist.
Wo bleiben die wirklichen Neuerungen für Consumer, die auch bezahlbar sind und damit das Zeug haben, unseren Technikalltag zu verändern? Vielleicht im Wearables-Segment. Nach gut zwei Jahren, in denen die Nutzer als Beta-Tester mit unausgereifter Hardware und noch unausgereifteren Apps - ich erinnere mich mit Grauen an mein Jawbone UP und die endlosen Versuche, meine Ernährung in dem Kauderwelsch aus Deutsch und Englisch mitzuloggen - missbraucht wurden, scheint die Branche es verstanden zu haben. Devices werden in diesem Jahr vor allem eines: tragbarer. Withings zeigte mit der Activité endlich einen Tracker, den man getrost auch zum Dinner tragen kann, ohne wie ein Fitness-Besessener auszusehen. Währenddessen kommen Schrittzähler mit Socken von Sensoria dahin, wo sie eigentlich schon immer hingehörten: an die Füße.
Während also die Automobilbranche mit futuristischen Studien sich selbst feiert und die TV-Hersteller unter völligem Realitätsverlust jedes Jahr die Auflösung zu verdoppeln scheinen, wurden Wearables auf der CES erwachsen. Vorbei ist die Zeit der Kinderkrankheiten. Künftig gibt es für jeden Zweck und beinahe jedes Körperteil ein Stück Technik, das mit Eurem Smartphone vernetzt ist. Mehr noch: Smartwatches können bald auch mehr. Wie viel mehr, bewies Samsung, die sich mit Kühlschränken, Backöfen und allerlei anderem, smarten Küchengeräten als gigantischer Gemischtwarenladen in Las Vegas präsentierten.
"Die großen Produktvorstellungen bleiben aus"
Und bei den Smartphones? Hier blieben die großen Neuerungen, selbst die großen Produktverstellungen aus. mit 65 Zoll das Größte.
So bleibt einmal mehr der Eindruck hängen, dass die CES zwar ein Schlaraffenland für Tech-Junkies und kleine Hersteller mit großen Ideen ist. Doch die wirklichen Trends können und müssen vor allem die Branchengrößen setzen: HTC, Sony, LG und Co.. Die allerdings vertrösteten die Nutzer lediglich mit Produktupdates im Mittelklassebereich. Aber vielleicht ist die CES mittlerweile genau das geworden: Mittelklasse.
Seht Ihr das anders?