Ich kann den Kopf gar nicht so stark schütteln, wie ich gerne würde. Android Wear ist eine tolle Sache, die LG G Watch ein smartes Gadget. Doch ein Blick auf die ersten verfügbaren Apps offenbart ein krasses Manko.
Anders formuliert: Die Entwickler-Community sieht nicht die Chancen, die Android Wear mit sich bringt und macht den Kardinalsfehler: Smartphone-Apps werden für den 1,65 Zoll kleinen Bildschirm portiert. Das Ergebnis: Man braucht mitunter die Präzision eines Zen-Meisters, um winzige Tastenfelder zu bedienen. So gibt es schon mehrere Taschenrechner-Apps für Android Wear, die allesamt unbrauchbar sind und damit an die frickeligen Digitaluhren der 90er mit eingebautem Tastenfeld erinnern.
Entwickler setzen sich über Googles Richtlinien hinweg
Dabei hat Google sich doch viel Mühe gegeben, genau dieses Szenario zu verhindern. Tatsächlich steht in der Dokumentation für Android Wear, dass Bedienoberflächen, die eine allzu hohe Präzision des Nutzers erfordern, unerwünscht sind. Den Developern scheint das herzlich egal zu sein.
Damit verspielt LG-G-Watch-Ticker darüber - der die Android-Wear-typische Bedienung einfach mit einer Android-typischen ersetzt?
Nicht alles taugt fürs Handgelenk
Klar ist das technisch möglich. Aber ist es sinnvoll? Schließlich sollen Smartwatches eine Erweiterung für Smartphones und Tablets sein. Kein Ersatz. Dafür sollten App-Entwickler aber umdenken, bevor es zu spät ist. Ein paar Positiv-Beispiele gefällig?
Mit "Hue Control" könnt Ihr übers Handgelenk Eure Lampen steuern. Ziemlich praktisch, oder? "Golfshot" gleicht Eure Leistungen auf dem Grün mit einer Datenbank ab und erstellt so ein umfassendes Profil über Eure Leistungen als Golfer. Und auch Rezept-Apps bieten in der Küche einen enormen Vorteil. Schließlich bleiben Smartphone und Tablet von heißen Platten und herumspritzenden Flüssigkeiten verschont.
Es sind Apps, die Zeit sparen, wenn ich das Smartphone nicht erst suchen und über das Aufrufen von Menüs Befehle geben muss. Aktuell hat die LG G Watch in Kombination mit Android Wear alles, um die neue Ära der Smartwaches einzuläuten. Neue Ära deswegen, weil die erste Generation - allen voran mit der Pebble - sich zwar großer Beliebtheit erfreute, bis heute aber hinter den Erwartungen der Fans zurückblieb. Der größte Kritikpunkt: Smartwatches machten das Leben bisher nicht einfacher, sondern komplizierter: mit unsinnigen Menüs, zu wenig Funktionen und schwachen Akkus.
Nochmal: Android Wear bietet alles, was es braucht, um die Smartwatch tatsächlich als praktisches Gadget tagtäglich zu nutzen - und das Smartphone nicht mehr so häufig aus der Tasche holen zu müssen. Als Nutzer können wir nur hoffen, dass die Entwickler-Community das Experimentier-Stadium à la "Ich kann meine Smartphone-App für die Benutzung am Handgelenk portieren, also mache ich es auch" verlässt und den wahren Nutzen von Android Wear erkennt. Dann, und nur dann, können die neuen Smartwatches auch ihr volles Potenzial entfalten. Und damit ist bei weitem nicht ein gut gefüllter Appstore gemeint.