EU-Kartellverfahren gegen Google: die möglichen Folgen für Android-Nutzer

Auch auf dem LG G5 sind Google-Apps vorinstalliert.
Auch auf dem LG G5 sind Google-Apps vorinstalliert. (© 2016 CURVED )
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Die EU-Wettbewerbshüter können Strafen in dreistelliger Millionenhöhe verhängen und Änderungen an Betriebssystemen durchsetzen. Das musste bereits Microsoft mit Windows und dem Internet Explorer am eigenen Leib erfahren. Jetzt nehmen die Kartellwächter Google und Android ins Visier.

Die EU hat ein Kartellverfahren gegen Google eröffnet. Die Wettbewerbshüter sind der Meinung, dass der US-Konzern seine Marktmacht bei mobilen Betriebssystemen mit Android in unzulässiger Weise ausnutzt. So hätten Konkurrenten gar keine Chance, sich auf dem Markt zu etablieren.

Was wirft man Google vor?

Nach Meinung der EU schädigt Google die Verbraucher, indem das Unternehmen Wettbewerb verhindere. Das sei besonders gravierend, da Smartphones im Leben der meisten Menschen eine Schlüsselrolle spielen und auf 80 Prozent der Geräte Android laufe. Die dominante Marktposition sei alleine nicht das Problem, sondern deren Missbrauch stößt den Wettbewerbshütern auf. Dabei sind ihnen allem zwei Punkte ein Dorn im Auge:

  • Das Paket aus elf Google-Apps, die Hersteller von Smartphones und Tablets vorinstallieren müssen und die Nutzer nicht löschen können. Ohne sie dürften die Unternehmen den Play Store nicht installieren. Dieser ist nach wie vor die wichtigste und attraktivste Quelle für Android-Apps.
  • Die Hersteller von Android-Geräten müssen eine "Anti-Fragmentierungs-Vereinbarung" unterzeichnen. Diese verbietet ihnen Geräte mit abgewandelten Android-Versionen zu verkaufen, was im Gegensatz dazu steht, dass Android ein Open-Source-Betriebssystem ist und die Entwicklung eigener Versionen eigentlich erlaubt ist.

Was sagt Google zu den Vorwürfen?

Google verweist darauf, dass Android immer noch ein freies Betriebssystem sei, dass jedes Unternehmen verändern und auf seinen Geräten installieren könne. Als Beispiel nennt das Unternehmen etwa Amazon, auf dessen Fire-Tablets mit Fire OS ein Betriebssystem läuft, das auf Android basiert, aber komplett ohne Google-Dienste auskommt. Allerdings hat Amazon es geschafft, seinen Appstore zu befüllen und bietet mit den Prime-Diensten Zusatzangebote, die vielen anderen Herstellern fehlen. Die gilt besonders für kleinere Firmen.

Was droht Google?

Die EU-Wettbewerbshüter können unter anderem Geldstrafen verhängen, die in der Vergangenheit auch schon im dreistelligen Millionenbereich lagen. So musste Microsoft 2013 zum Beispiel 561 Millionen Euro zahlen, da der Browser-Auswahlbildschirm beim Windows 7 Service Pack 1 von Mai 2011 bis Juli 2012 nicht angezeigt wurde. Dieser Browser-Auswahlbildschirm war wiederum eine Auflage der Kartellbehörde, die verhindern sollte, dass Microsoft seine Dominanz bei der PC-Betriebssystemen ausnutzt, um den Nutzern den Internet Explorer unterzujubeln.

Ähnliche Vorgaben sind im aktuellen Verfahren denkbar und würden dann darauf hinauslaufen, dass Google die Smartphone-Hersteller nicht mehr dazu verpflichten darf, seine Apps wie den Play Store, Chrome oder Gmail auf jedem Gerät vorinstallieren zu müssen.

Welche Auswirkungen hat das auf die Android-Nutzer?

Erstmal keine, denn niemand - auch nicht die EU - wird Apps von Euren Smartphones entfernen. Noch ist Google auch nicht verurteilt. Das Verfahren läuft noch. Am spürbarsten dürfte eine Entscheidung der Wettbewerbshüter aber beim Kauf eines neuen Smartphones werden. Denn es ist gut möglich, dass nicht mehr so viele oder sogar gar keine Google-Apps mehr vorinstalliert sind. Auf den App Store werden aber die wenigsten Hersteller komplett verzichten wollen - auch wenn mit Amazon und chinesischen Firmen wie Xiaomi bereits einige Hersteller von Android-Geräten auf ihre eigenen App Stores setzen.

Wie geht es weiter?

Diese Android-Untersuchung ist Teil eines größeren Verfahrens der EU-Kommission, das erst kürzlich auf den neuen Mutterkonzern von Google Alphabet ausgeweitet wurde. Google hat nun zwölf Wochen Zeit, zu den aktuellen Vorwürfen der EU-Wettbewerbshüter Stellung zu nehmen.

Sollte die EU-Kommission ihre Anschuldigungen beweisen können, droht Google ein Bußgeld von bis zu zehn Prozent des Jahresumsatzes. 2015 setzte Google immerhin 74,5 Milliarden US-Dollar um. Allerdings wird dieser rechtliche Rahmen in der Regel nicht voll ausgeschöpft. Mehrere hundert Millionen sind als Strafe also deutlich realistischer als 7,45 Milliarden.

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