Das war's! Nach vier Tagen und mit einem neuen Besucherrekord (über 350.000) endete am Samstag die Gamescom 2017. Neben den großen, alles überragenden Titeln haben wir uns eine Handvoll unkonventioneller und origineller Spiele rausgegriffen, die uns noch länger im Gedächtnis bleiben werden.
Es wäre ein Leichtes, an dieser Stelle einfach eine Top 10 der bekanntesten und möglicherweise sogar besten Spiele der Gamescom aufzulisten. Aber die großen Produktionen, die Vorzeigetitel, mit denen die Entwickler und Publisher ohnehin offensiv in die Öffentlichkeit drängen, bekommen auch so reichlich Aufmerksamkeit – auch von unserer Seite. Natürlich ist ein "Anno 1800" sind Selbstläufer, von denen jeder schon mal gehört haben dürfte. Aus diesem Grund wirft diese Liste einen Blick auf etwas kleinere Titel, die vielleicht mit den Triple-A-Größen mithalten können, obwohl sie als Indie-Projekt gestartet sind.
PlayLink
Zugegeben, PlayLink ist kein Indie-Projekt und wird von Sony so öffentlichkeitswirksam beworben, dass zumindest die PS4-Besitzer wissen dürften, worum es geht. Zum Start dieser "neuen" Art des Spielens, die Sony auf der E3 abseits der eigenen Keynote vorgestellt hatte, verschenkte Sony den ersten Titel "That’s You!" an alle PS-Plus-Mitglieder (Noch bis einschließlich 26. Oktober). Das Spielprinzip bei PlayLink ist denkbar einfach: Gespielt wird am besten mit mehreren Freunden gleichzeitig über das Smartphone.
Während "That’s you" eher an ein klassisches Quiz erinnert, überzeugten uns die drei Titel, die wir in Köln gespielt haben, vor allem durch ihren tollen Humor und die ungewöhnlichen Ideen, das Smartphone als Eingabegerät in das Spiel einzubinden. "Hidden Agenda" etwa ist ein Krimi par excellence, in denen bis zu vier Spieler Ermittlungen durchführen, Entscheidungen treffen und Verbrecher überführen müssen. Wer "Until Dawn" gespielt hat, ahnt, dass einzelne Entscheidungen dabei verheerende Wirkungen nach sich ziehen können, denn "Hidden Agenda" stammt von den gleichen Entwicklern. "Frantics" und "Wissen ist Macht" sind Partyspiele, die von ihrem herrlich-absurden Chaos-Faktor und dem tollen Humor leben. Mitunter erinnern die beiden PlayLink-Titel an Genre-Klassiker wie "You don’t know Jack". Nach unserem einstündigen Probespielen steht fest: PlayLink könnte nach SingStar die nächste große Partyspielreihe von Sony werden.
Metroid: Samus Returns
Bei unserem Termin bei Nintendo konnten wir uns gar nicht so recht entscheiden, welchem Titel wir in der einen Stunde die meiste Aufmerksamkeit widmen sollen. Neben "Super Mario Odyssey", dem SNES Classic Mini und FIFA 18 für die Switch hat Nintendo nämlich auch ein paar Neuheiten für die DS-Familie präsentiert. Dabei ist es uns bei "Metroid: Samus Returns" am schwersten gefallen, den Handheld wieder aus der Hand zu legen. Die tolle Atmosphäre der Vorgänger hat uns auch beim jüngsten Ableger sofort wieder in den Bann gezogen. Grafisch an die alten 2D-Teile des NES und Super Nintendo angelegt sieht "Metroid: Samus Returns" einfach erstklassig aus, sowohl in 2D als auch 3D. Toll sind auch die neuen Fähigkeiten, die Samus im Kampf gegen die Alienbrut beherrscht. So ist sie zum Beispiel in der Lage, einen Angriff per Aufwärtsschwinger im richtigen Moment zu parieren. Das bringt einen tollen Flow ins Spielgeschehen. Aber keine Sorge, "Metroid: Samus Returns" ist weiterhin schwer genug.
Ace Combat 7: Skies Unknown
Dass ich jemals ein Spiel empfehlen würden, in dem es um Kampfjets geht, hätte ich vor der Messe auch nicht für möglich gehalten. Doch durch Zufall sind wir in die Präsentation von "Ace Combat 7: Skies Unknown" gestolpert. Während dort in erster Linie die vielen "tollen" Neuerungen abgefeiert wurden, hat mich vor allem das Anspielen umgehauen. Und zwar im wahrsten Sinne des Wortes: Denn "Ace Combat 7" lässt sich in VR spielen. Mit der PSVR ist der Luftkampf ungleich aufregender und spürbarer intensiver. Die rasante Action in der Luft ("Ace Combat" ist keine Flugsimulation, sondern ein flotter Shooter) macht vor allem im Koop richtig viel Spaß. Durch die VR-Brille habe ich die gegnerischen Jets stets im Blick, während ich meinem menschlichen Wingman per Mikrofon Kommandos, wie "Rakete auf 11 Uhr", zu rufe.
Toll, wie ich ganz natürlich den Blick nach hinten wenden kann, um meinen Feind zu sehen, den Jet kurzerhand einen Looping fliegen lasse, um mich hinter ihn zu setzen und ihn anschließend mit zwei Raketen aus der Luft hole. Das hohe Tempo der Jets und des Spiels und die vielen Flugmanöver können allerdings schnell zu Unwohlsein und Übelkeit führen. Mich hat's selbst einmal fast umgehauen – als ich mit der Nase voran und bei voller Geschwindigkeit ins Meer gerauscht bin. Wow!
Where Water Tastes like Wine
Videospiele erzählen Geschichten. Nicht alle, und längst nicht immer gute. Aber wer "Bastion" oder "The Stanley Parable" gespielt hat, weiß, wie bereichernd ein guter Erzähler für die Fortlauf eines Spiels sein kann. In "Where Water tastes like Wine" übernimmt der Spieler die Rolle des Erzählers, der durch die USA der 1930er Jahre wandert, um Geschichten zu sammeln und zu erzählen. Aufgabe dieser verlorene Seele ist es, 16 Personen zu treffen und ihre Geschichten im Austausch gegen Eure zu hören. Der ungewöhnliche Zeichenstil und die wunderschön geschriebenen Texte erinnern mich an das lieb gewonnene "Sunless Sea". Innerhalb der wenigen Minuten, die ich mit der Demo verbracht habe, wollte ich unbedingt wissen, wohin mich die Reise des Wanderers noch führen wird und welche Geschichten die mysteriösen Personen mit mir teilen wollen. Mein persönlicher Liebling der Gamescom.
ThermoReal
Klar steht auf der Gamescom das Spielen und die Spiele selbst im Vordergrund. Allerdings gibt es abseits der großen Stände die oft kleinen, versteckten Produkte, die mich wirklich überraschen. "ThermoReal" von Tegway ist eins davon. Dabei handelt es sich bei "ThermoReal" nicht um Software, sondern um eine Technologie, von der ich hoffe, dass sie schnell massentauglich wird. Denn die Entwickler von "ThermoReal" haben es geschafft, Temperaturen und sogar Schmerz (im moderaten Maß) in Videospielen spürbar zu machen. Kein Witz. Die Prototypen, die wir auf der Gamescom ausprobiert haben, sind optisch zwar noch nicht final, vermitteln aber einen tollen ersten und vor allem fühlbaren Eindruck davon, wie wir Videospiele in Zukunft noch immersiver erleben könnten.
Ohne die Funktionsweise genau erklären zu können, stimuliert "ThermoReal" die Rezeptoren unter der Haut, die dann ein Signal an das Gehirn senden. Dieses interpretiert den Impuls entweder als "autsch, heiß" oder "brrrr, kalt". Eine Kombination aus beidem erzeugt übrigens Schmerz, wobei die Intensität so eingestellt ist, dass sie gerade noch erträglich ist. Trotzdem hätten wir den Controller während der Demo, bei der uns virtuell in die Hand gekniffen wird, am liebsten fallen gelassen. Das Gefühl ist erstaunlich authentisch. Das Spielerlebnis wird durch "ThermoReal" um eine neue Dimension erweitert und fühlt sich dadurch plastischer an, weil ein weiteres Sinnesorgan, die Haut, adressiert wird.
Keyboard Sports
Viel unhandlicher als eine Tastatur kann eine Eingabegerät wohl kaum sein, zumindest nicht im Vergleich zu den ergonomischen Controllern einer Xbox oder PlayStation. Diesem Umstand verdankt das unterhaltsame "Keyboard Sports" seinen Ursprung. Das dänische Entwicklerstudio Triband hat das kleine Indie-Projekt der Tastatur gewidmet, in dem man sich in unterschiedlichsten Levels aufmacht, um den Meister QWERTY zu retten. Als Controller kommt dabei die gesamte (!) Tastatur zum Einsatz. Was zunächst unnötig komplex klingt, erweist sich im Spiel als tolle Idee für kreative Aufgaben, die es durch das Drücken der richtigen Tasten zu lösen gilt.