Die deutschen Innenminister planen eine zentrale Datenbank mit den IMEI-Nummern aller Smartphones und Tablets in Deutschland. So wollen sie geklaute Geräte schnell sperren können. Dabei geht das schon jetzt ohne eine Datensammlung, die nicht nur für die NSA verlockend ist.
Die nächste Etappe der Überwachung beginnt mit einer Stilblüte aus deutschen Amtsstuben: "Reduzierung von Raub-, Diebstahls- und Betrugstaten im Zusammenhang mit dem Erlangen von hochwertigen Handys/Smartphones durch Verhinderung der Nachnutzung" - unter dieser Überschrift stand Punkt 34 der Tagesordnung der Innenministerkonferenz vom 11. bis 13. Juni 2014 in Bonn.
Hinter dieser sperrigen Beschreibung verbirgt sich der Auftrag der Innenminister von Bund und Ländern, die Einrichtung einer zentralen Datenbank mit den IMEI-Nummern aller deutschen Smartphones und Tablets mit Mobilfunkmodem zu prüfen. Ziel der Maßnahme soll nach Angaben der Innenminister die Verhinderung von Straftaten sein, da niemand mehr ein Mobilgerät klauen würde, wenn es sich nach dem Raub oder Diebstahl schnell und unkompliziert sperren ließe.
Was ist die IMEI-Nummer?
Die Abkürzung IMEI steht für "International Mobile Station Equipment Identity". Dahinter verbirgt sich eine Seriennummer mit 15 Stellen, mit der jedes Handy oder Tablet und Notebook mit Zugang zum mobilen Datennetz in der Theorie eindeutig identifiziert werden kann - unabhängig vom Käufer oder der eingelegten SIM-Karte.
Ist zum Sperren von geklauten Smartphones eine Datenbank nötig?
Die Innenminister begründen die geplante Einrichtung der IMEI-Datenbank damit, dass sich mit ihrer Hilfe gestohlene Geräte leicht und schnell sperren lassen würden. Dies ist jedoch bereits heute schon ohne die Datenbank möglich. Entweder könnt Ihr das mit Diensten und Apps wie Find My iPhone, Cerberus oder den Lösungen diverser Sicherheitsanbieter selber erledigen oder Ihr gebt die IMEI-Nummer beim Stellen der Verlustanzeige bei der Polizei an und die könnte dann die Sperrung veranlassen.
Wie finde ich meine IMEI heraus?
Damit Euch ein Smartphone seine IMEI-Nummer anzeigt müsst Ihr nur *#06# im Wahlfeld eingeben.
Ist jede IMEI wirklich einmalig?
Nein! In der Theorie gibt es zwar einen Standard, der vorsieht, dass eine IMEI eindeutig ist und nicht manipuliert werden kann. Für die Einhaltung der Vorschriften, die außerhalb der europäischen Union nur selten eingehalten werden, sind die Hersteller verantwortlich – und die sitzen eben größtenteils außerhalb der EU. Nach Schätzungen von Experten lassen sich etwa zehn Prozent der IMEI nicht eindeutig zuordnen.
Wofür könnte die Datenbank noch genutzt werden?
Eine Datenbank, in der nur über 100 Millionen IMEI-Nummern stehen, ist unbrauchbar, selbst für den von den Innenministern vorgeschobenen Grund (Sperrung nach Diebstahl oder Raub). Aus den Datensätzen müsste wenigstens hervorgehen, wer der Besitzer ist, der die Sperrung veranlassen darf, und wie er identifiziert werden kann. Damit kommt im Endeffekt eine Sammlung an Datensätzen zusammen, die Begehrlichkeiten bei vielen staatlichen Stellen wecken dürfte und im Endeffekt zu mehr benutzt wird als dem Eingangs angegebenen Grund.
Udo Vetter hat einen passenden Vergleich gefunden: Eine IMEI-Datenbank wäre das Gegenstück zu einer zentralen Wegfahrsperre für Autos. Da Autos ebenfalls geklaut werden und sogar in der Regel noch teurer als ein Smartphone sind, sollte die zentrale Wegfahrsperre auf der Liste der Innenminister eigentlich deutlich über der IMEI-Datenbank stehen.
Erstens unnötig, zweitens teuer
Mit einer IMEI-Datenbank gebe es eine zentrale Stelle, die jedes Mobilgerät mit einem Knopfdruck abschalten kann. Ein Missbrauch ist zwar derzeit nicht sehr wahrscheinlich, aber auch nicht unmöglich. Bei der Handyüberwachung geht die Polizei derzeit auch nicht mit Augenmaß vor, sondern nimmt bei Funkzellenabfragen zehntausende Unschuldige für einige Verdächtige ins Visier. Eine weitere Datenbank darf gar nicht erst geschaffen werden.
Sie würde Begehrlichkeiten bei Geheimdiensten und Behörden wecken, die über kurz oder lang vom Gesetzgeber erfüllt werden und so immer mehr Stellen Zugriff auf die Daten geben. An die NSA müsst Ihr dabei gar nicht denken, die würde sich die Daten notfalls selbst besorgen, falls sie sie nicht schon auf ihren Festplatten hat. Und dann würde mit viel Geld und bürokratischem Aufwand eine Lösung für ein Problem geschaffen werden, dass sich schon jetzt mit anderen Mitteln lösen lässt.