Der türkische Ministerpräsident Erdogan nimmt keine Rücksicht auf den achten Geburtstag von Twitter und lässt den Kurznachrichtendienst seit dem 21. März 2014 sperren. Offiziell geht es um die Nichtbeachtung von Gerichtsurteilen, doch die Kritik an seiner Person im Zusammenhang mit einer Korruptionsaffäre und den kurz bevorstehenden Kommunalwahlen stören den Politiker schon länger.
Noch am Donnerstagabend verkündete Erdogan bei einem Wahlkampfauftritt: "Wir haben einen Gerichtsbeschluss. Wir rotten Twitter aus." Und ergänzte: "Mir ist es egal, was die internationale Gemeinschaft sagt. Sie werden alle Zeugen der Stärke der türkischen Republik werden." Seit Freitagmorgen ist der Kurznachrichtendienst in der Türkei nur noch schwer oder gar nicht mehr zu erreichen.
Die türkische Zeitung Hürriyet schreibt, dass die Regierung die Sperrung damit begründe, dass Twitter Gerichtsurteile ignoriert hätte. Der Dienst sei verpflichtet gewesen, bestimmte Links zu entfernen.
Kritik, Korruptionsaffäre und Kommunalwahlen
In letzter Zeit war Twitter einer der Orte, an dem viel Kritik an Erdogan und seiner regierenden Partei AKP geäußert wurde. So zirkulierten unter anderem Links zu Mitschnitten von Telefongesprächen Erdogans, die ihn in einer großen Korruptionsaffäre und vor den Kommunalwahlen am 30. März 2014 nicht gut dastehen ließen. Darüber hinaus war Twitter eines der wichtigsten Medien bei den Gezi-Protesten im letzten Jahr, die im März 2014 nach dem Tod eines 15-jährigen Jungen wieder aufflammten.
Twitter zeigt sich von der Sperrung unbeeindruckt und veröffentlichte zwei Telefonnummern, über die Ihr aus der Türkei Tweets per SMS absetzten könnt:
Avea ve Vodafone'dan 2444'e, Turkcell'den 2555'e START mesajı göndererek SMS üzerinden Twitter kullanmaya başlayabilirsiniz.
— Policy (@policy) 20. März 2014
Alternativ genügt es nach Berichten von vor Ort auch den DNS-Eintrag am Computer auf 8.8.8.8, die Public-DNS von Google zu ändern, um die Zensur zu umgehen.
Nicht zum ersten Mal sperrt die türkische Regierung ganze Webseiten wegen missliebiger Inhalte. So wurde bereits Youtube wegen einiger Videos, die den Staatsgründer Atatürk verunglimpfen würden, komplett gesperrt. Dem Videodienst und Facebook drohte Erdogan Anfang März ebenfalls ein erneute Sperrung an, die bisher aber nicht erfolgte.