"Ni No Kuni – Der Fluch der weißen Hexe", der Vorgänger von "Ni No Kuni 2 – Schicksal eines Königsreichs", gilt trotz mäßigem Kampfsystem und teilweise holprigem Spielverlauf auch heute noch als Geheimtipp. Konnten die Entwickler beim zweiten Teil den ausserordentlichen Charme der Serie beibehalten und die Fehler ausmerzen? Unser Test klärt auf.
Der kleine und gutherzige König Evan wurde Opfer einer politschen Intrige. Der einstige höfische Berater des Königreichs Ding Dong Dell – ein fieser Mäuserich namens Otto Mausinger – vergiftet seinen Vater und wagt einen Putsch. Das geht für Evan nicht gut aus, denn von jetzt auf gleich ist er ein König ohne Königreich. Doch in seiner dunkelsten Stunde bekommt er unerwartete Hilfe aus einer anderen Dimension: Der Junge Held Roland steht dem kleinen Exilanten von nun an mit Rat und Tat zur Seite. Die Flucht des ungleichen Duos aus dem Palast ist der Beginn eines zauberhaften und einnehmenden Abenteuers, das euch nun in den nächsten rund 70 Spielstunden erwartet.
Die Optik kenn ich doch?
Seid ihr bisher noch nicht mit der Rollenspiel-Serie in Berührung gekommen, sticht euch sicher zuerst die wunderschöne und ungewöhnliche Optik ins Auge: Denn "Ni No Kuni" atmet den Stil, der durch die japanische Zeichentrick-Schmiede "Studio Ghibli" weltbekannt gemacht wurde. Kennt ihr die Filme "Prinzessin Mononoke", "Das wandelnde Schloss" oder "Chihiros Reise ins Zauberland" und mögt die Art der Darstellung und Charakterzeichnung, dann führt wohl kein ein Weg an "Ni No Kuni 2" vorbei – es sei denn, ihr seid kein Fan von gut gemachten, japanischen Rollenspielen alter Schule.
Ist dies der Fall, dann könnt ihr euch nun voller Vorfreude den Test durchlesen. Denn "Ni No Kuni 2" macht alles besser, als sein schon wunderbarer, aber eben nicht ganz durchdachter, Vorgänger – und glänzt zudem mit einigen innovationen Spielideen, welche eure Motivation in ungeahnte Höhen treiben.
Sind das "Funk-O-Pops"?
Während der Flucht durch die Abwasserkanäle von Ding Dong Dell erklärt euch das Spiel die ersten Grundlagen für Kampf, Bewegung und Ausrüstung der verschiedenen Spielfiguren, die sich in eurer Party befinden. Zu Beginn seid ihr mit Roland an eurer Seite nur zu zweit unterwegs, doch das ändert sich in einem Rollenspiel ja bekanntlich immer recht schnell. Habt ihr das gestürzte Königreich verlassen, staunt ihr nicht schlecht. Denn die Oberwelt von "Ni No Kuni 2" erinnert etwas an frühe Rollenspiele aus Japan. Eure Figuren sind zu kleinen Funk-o-Pop-Versionen ihrer selbst mutiert und ihr wandert praktisch auf einer riesigen Karte der Spielumgebung umher. Die ist natürlich gespickt mit den verschiedensten Monstern, teilweise schwierig zu erreichenden Schatzkisten und speziellen Orten, die durch ein kleines Bauwerk oder eine Höhle dargestellt werden. Betretet ihr eine Location, dann schaltet das Spiel in eine 3D-Ansicht der Umgebung um, wie ihr sie aus aktuellen Rollenspielen kennt. Das hat zwei Vorteile: Die Übersicht ist beim Wandern auf der Weltkarte deutlich besser und auch die Ladezeiten profitieren enorm von dieser Darstellungsweise. Nutzt ihr die später verfügbare Schnellreise-Funktion, dauert es unter 5 Sekunden, bis ihr am gewünschten Ziel angekommen seid.
Auf in den Kampf
Da ihr die toll gemachte, spannende und überraschende Story sicher lieber selber erleben wollt, wenn ihr mit einem Kauf liebäugelt, sparen wir uns die Details dazu an dieser Stelle und informieren euch stattdessen über die Besonderheiten beim Spielverlauf und dem generalüberholten Kampfsystem, das nun komplett in Echtzeit abläuft. Auf der Weltkarte genügt es, wenn ihr einfach mit dem Kopf voraus in ein Monster hineinlauft, dann wird in den Kampfbildschirm umgeblendet. Innerhalb eines bestimmten Radius' könnt ihr euch frei bewegen, mit der gewählten Waffe zuschlagen, einen Fernangriff vollführen oder einen Zauber wirken. Zwischen den Mitgliedern eurer Party könnt ihr einfach hin und her schalten und das Spiel auch jederzeit pausieren, um einen Heiltrank oder eine nachhaltende Speise zu euch zu nehmen. Das klappt wie aus einem Guss und ihr könnt euch ganz auf das blitzgewaltige Netzhautgewitter auf dem Bildschirm konzentrieren, während ihr den phantasievoll gezeichneten Gegnern Saures gebt. Ist der Kampf gewonnen, sammelt ihr wie gewohnt die Goodies ein, die nun überall auf dem Platz herumliegen. Natürlich sind auch überall in der Spielwelt Rohstoffe, Waffen und Kleidungsstücke platziert, die ihr tunlichst aufsammeln solltet, um niemals "nackt" dazustehen.
Euer eigenes Königreich
Habt ihr die ersten Abenteuer hinter euch gebracht, offenbart euch "Ni No Kuni 2" zwei völlig neue Spielvarianten, die euch – sofern ihr sie ernst nehmt und eine Menge Zeit investiert – massiv dabei helfen, den schwierigeren Situationen im Spielverlauf Herr zu werden. Zuerst gibt es den Truppen-Modus: Wieder in der Funk-O-Pop-Ansicht stellt ihr hier Nah- und Fernkämpfer auf einem Schlachtfeld auf und versucht die gegnerischen Truppen gekonnt zu überrennen. Nutzt eure Spezialangriffe wie Lähmblitze oder Luftangriffe, um auch die größte Übermacht in die Knie zu zwingen und eine Menge Erfahrungspunkte abzugreifen. Alles wird sorgfältig vom Spiel erklärt und ist auch in der Ausführung erfrischend einfach. Natürlich lassen sich Fähigkeiten und Umfang eurer Truppen immer weiter ausbauen, wenn ihr euch in der Spielwelt nach geeigneten Kandidaten umseht.
Das ist auch für die zweite Spielvariante von größter Notwendigkeit: Dem Bau und der richtigen Ausstattung eines eigenen Königreichs für Evan und seine Freunde: Hierzu platziert ihr verschiedene Gebäude zur Erforschung von Magie, Waffen, Rüstungen und zahllosen anderen nützlichen Sachen und setzt in den Geschäften idealerweise noch besonders kluge und geeignete Mitarbeiter ein, um schnell Fortschritte bei der Forschung zu erzielen. Dieser Modus ist sehr tiefschürfend aber auch extrem einfach und eingängig bedienbar. Klar, dass ihr – die richtigen Maßnahmen in eurem Königreich vorausgesetzt – auch hier deutliche Vorteile für den eigentlichen Spielverlauf von "Ni No Kuni 2" genießt.
Fazit: SO geht JRPG
Mit "Ni No Kuni 2" treffen Hersteller Namco Bandai und Entwickler Level 5 voll ins Herz von Liebhabern japanischer Rollenspiele. Wunderschöne, handgezeichnet wirkende Optik, tolle teils sehr liebenswerte und phantastische Charaktere, treffen äußerst clevere und tiefschürfende Spielmechaniken, die eher Laune machen, als zu ermüden. Hier bekommt ihr alles, was ihr von einem Rollenspiel dieser Art erwartet – und oft sogar noch etwas mehr. Einzig der auf der PS4 Pro verfügbare 4K-Modus konnte aufgrund herber Ruckeleinlagen und spätem Bildaufbau nicht überzeugen. In der Standard-Auflösung von 1080p sind diese Probleme nicht vorhanden – und ihr genießt butterweiche 60 Bilder pro Sekunde (30 auf der normalen PS4). "Ni No Kuni 2 – Schicksal eines Königreichs" übertrumpft seinen schon recht guten Vorgänger also in praktisch jeder Hinsicht und lädt euch auf eine traumhafte Reise ein, die ihr so schnell nicht vergessen werdet.
"Ni No Kuni 2 – Schicksal eines Königreichs" ist ab dem 23. März für Playstation 4 und PC erhältlich und hat die Altersfreigabe "Ab 12 Jahren". Im nachfolgenden Trailer könnt ihr euch noch ein genaueres Bild von dem Spiel machen.