Was wären die Flaggschiffe ohne ihre kleinen Geschwister? Wir haben das 4,5 Zoll “kleine” Galaxy S5 mini von Samsung ausgepackt, hochgefahren und getestet. Wie viel S5 im mini steckt, was es vom Vorgänger unterscheidet und ob es die 449 Euro UVP wert ist, erfahrt Ihr in unserem ausführlichen Testbericht.
Mit dem Galaxy S3 mini ging es los, das hinter den Erwartungen der Hersteller zurückgeblieben sind.
Auch das S5 mini ist erneut kein Schnäppchen: Sehr stolze — eigentlich darf hier schon das Wort "vermessen" bemüht werden — 450 Euro verlangt Samsung als UVP für ein Gerät mit 720p-Display, 1,5 GB RAM, 8 MP-Kamera und 1,4 GHz Vierkern-CPU. Der Markt hat schon zum Verkaufsstart erkannt, dass das abermals eindeutig zu viel für die gebotene Hardware ist und den Preis wenigstens auf rund 400 Euro herunterkorrigiert. Aber macht es das viel besser? Man bedenke: Ein HTC One aus dem vergangenen Jahr kommt mit 1080p-Display, Snapdragon 600-CPU mit 1,7 GHz Takt und 2 GB RAM — und kostet derzeit knapp unter 400 Euro.
Es fällt also schwer, das Galaxy S5 mini objektiv und nicht an seinem dreisten Preisschild zu messen — und auch wenn Samsung eine solche Voreingenommenheit selbst zuzuschreiben wäre, versuchen wir dennoch, die Anschaffungskosten im Folgenden außen vor zu lassen und das S5 mini als das, was es sein möchte, zu betrachten: Ein Mittelklassegerät mit ein paar innovativen High-End-Software-Features.
Gleich nach dem Auspacken des S5 mini haben wir unsere ersten Eindrücke des Gerätes in einem ersten Hands-On-Video zusammengefasst:
Ein paar Tage später, nach reichlich alltäglicher und intensiver Benutzung ist folgendes Bild des S5-Ablegers geblieben:
Design und Verarbeitung: Gar nicht mal so mini
Die Hardware des S5 mini entspricht also wie gehabt nicht der, des namensgebenden Flaggschiffs, wenigstens hinsichtlich des Looks verpflichtet der große Name aber und so schaut das S5 mini sieht wieder ziemlich genauso aus wie das große Galaxy S5: Die abnehmbare, gummierte Rückseite aus Kunststoff präsentiert sich in der bekannten Leder/Golfball-Optik, der Rahmen besteht ebenfalls aus Plastik, wurde aber Chromfarben lackiert — dennoch wirkt das nicht wirklich edel oder hochwertig. Nennen wir den Look des S5 mini also eher pragmatisch; was nichts Schlechtes ist, wenn auf hochwertige Materialien à la HTC kein Wert gelegt wird. Und positiv auf das Gewicht des Smartphones wrikt sich das auch noch aus: Magere 120 Gramm bringt das S5 mini auf die Waage und ist damit stolze 13 Gramm leichter als beispielsweise das HTC One mini 2.
Dafür ist das S5 mini gar nicht mal so mini: Misst das Galaxy S5 14,2 Zentimeter in der Länge, 7,3 Zentimeter in der Breite und ist 8 Millimeter dünn, ist das mini mit 131,1 x 64,8 x 9,1 Millimetern lediglich einen Zentimeter kürzer, einen halben Zentimeter schmaler und sogar einen Millimeter dicker als der Big Brother — wer also ein wirklich kompaktes Gerät erwartet, wird möglicherweise ein wenig enttäuscht sein. Lege ich das S5 mini jedenfalls neben mein Nexus 5 oder trage beide parallel in Hosen- oder Jackentaschen herum, merke ich von "mini" nicht so viel — auch weil das Nexus 5 nur 10 Gramm schwerer ist. Das viel gehörte Argument, so eine Mini-Device wäre also genau das richtige für alle, die keine so riesiges 5 Zoll-Smartphone mit sich herumschleppen möchten, geht also auch beim S5 mini mal wieder ziemlich ins Leere.
Positiv: Das S5 mini ist nach IP67 vor Staub und Wasser geschützt, kann also eine halbe Stunde in eine maximal einen Meter tiefe Badewanne getaucht werden. Alternativ muss sich der mini-Besitzer so keine Sorgen bei Regen oder ob eines umgestürzten Getränkeglases machen — und das ist schon was wert und vor allem ein sinnvolles Update im Vergleich zum Vorgänger.
Das Display: 720p und AMOLED
Mit 720p löst das Display des S5 mini nominell zwar deutlich geringer auf, als das des Galaxy S5 oder anderer aktueller Top-Smartphones, die inzwischen mit Pixelmassen von 1080p und mehr um sich werfen. Im Mini-Sektor ist die HD Ready-Auflösung bislang aber Standard und so leistet sich das S5 mini hier keinen Fauxpas — zumal es ob seines kompakten 4,5 -Zoll-Screens auch so auf eine voll akzeptable Pixeldichte von 326 ppi kommt.Dennoch fällt im direkten Vergleich mit einem Full HD-Display schon auf, dass das S5 mini, sagen wir es euphemistisch, etwas weicher zeichnet.
Dem Screen zuträglich ist die verwendete AMOLED-Technik, die Samsung-Devices seit jeher vom Rest der Smartphone-Armada differenziert: Das S5 mini stellt sämtliche Inhalte besonders satt und farbenfroh dar, mit guten Kontrasten, unverfälschten Schwarz- und Weißwerten und ausgezeichneten Blickwinkeln. Auch die nachjustierbare automatische Helligkeitsregelung gefällt mit ausreichend leuchtstarkem Ergebnis.
Draußen, in der prallen Sonne neigt die Auto-Helligkeitsregelung aber dazu, die Leuchtkraft etwas zu hoch zu justieren, so dass ein überzeichnet und unwirklich wirkendes Bild entsteht. Zu diesem Effekt trägt bei, dass das eingesetzte Gorilla Glass 3 sehr schnell verschmiert und sich dann ein deutlicher Grauschleier über den Screen legt.
Performance aus dem Jahr 2012
Knapp unter 18.000 Punkte im AnTuTu-Benchmark lassen keine allzu großen Hoffnungen auf Performance-Höhenflüge zu. Und tatsächlich tut sich der vierkernige, mit 1,4 GHz getaktete Exynos 3 Quad 3470 schwer, in Grafik-intensiven Spielen ein flüssiges Erleben auf den Screen zu zaubern - was auch an der Mali 400-GPU liegt: Testläufe mit dem Top-Down-Shooter Batman Arkham Origins hingegen liefen durchweg flüssiger. Ebenfalls beruhigend: Im App Drawer, auf dem Homescreen, im Browser und in "normalen" Apps reagiert das S5 mini verzögerungsfrei und stellt Inhalte zügig dar.
Dennoch, in Anbetracht der Tatsache, dass lediglich ein 720p-Display befeuert werden muss, ist es schon enttäuschend, was das S5 mini an Power an den Start bringt. Zumal selbst sein direkter Vorgänger, das Samsung Galaxy S4 mini mit seinem Snapdragon 400 und der Adreno 305-GPU potenter war. Klar, für den normalen Alltag ohne Games und anspruchsvollere Anwendungen reicht es — aber dafür haben auch schon Mittelklasse-Geräte vor zwei Jahren gereicht.
Oder um es deutlicher zu machen: Ein Galaxy S3 aus dem Jahr 2012 hat ebenfalls ein 720p-Display, auch einen mit 1,4 GHz getakteten Vierkerner und eine Mali 400MP-GPU an Bord und kostet aktuell neu rund ... nein, wir wollten den Preis ja nicht weiter beachten.
Fans des S5 mini werden jetzt zurecht sagen: Ja, aber auch ein HTC One mini 2 ist nicht wirklich potenter – und das ist völlig richtig. Besser macht es die Tatsache, dass das S5 mini (wie auch das One mini 2) bei Performance-Werten von vor zwei Jahren einen Oberklasse Preis von 2014 hat, nicht wirklich.
Software: Einiges vom großen Bruder geerbt
Aber dann sind da ja glücklicherweise noch die gelungene Software des S5 mini, allen voran mehrere Features, die es vom Galaxy S5 übernimmt: Wie beim Flaggschiff ist auf der Rückseite unterhalb der Kamera ein Herzfrequenzmesser untergebracht, der den geneigten Nutzer mittels S Health-App über die aktuelle Schlagzahl des lebenswichtigen Muskels informiert. Wie sinnvoll das (sport)medizinisch ist, wagen wir nicht zu beurteilen, im Selbstversuch funktionierte das Feature schnell, intuitiv und zuverlässig.
Der Fingerabdruck-Scanner, den wir ebenfalls bereits aus dem Galaxy S5, aber auch den neuen Galaxy S Tabs kennen, und der das Entsperren des Gerätes sowie das Anmelden bei PayPal und im Samsung-Account erlaubt, verrichtet seinen Dienst auch im S5 mini. Ein wenig, wenn auch nicht vollständig revidieren muss ich die im Hands-On-Video erwähnten und gezeigten Probleme: Wie einige Kommentatoren richtig festgestellt haben, habe anfangs den Fehler gemacht, zu schnell und zu ungenau über den vorgegebenen Bereich zu wischen — mit etwas mehr Konzentration und Disziplin, sprich: langsam und mit gerade entlang der Längsachse ausgerichtetem Finger, klappt das biometrische Entsperren deutlich besser. Aber auch nie ganz fehlerfrei: Nach wie vor benötige ich in der Regel zwei oder drei Versuche, bevor mein Fingerabdruck erkannt wird. Aber vielleicht habe ich auch einfach komische Finger ...
Sehr gut: Das S5 mini kommt abermals mit IR-Blaster an der Oberkante und der zugehörigen Samsung Smart Remote-App, mit der sich vom Fernseher über die Set-Top-Box bis hin zu Soundanlagen alle mögliche Heimelektronik bedienen lässt. Darüber hinaus finden sich die diversen Samsung-Hubs, der Kids-Mode und leider auch ein bisschen Bloatware vom Schlage der Zalando-, kaufDA-, pizza.de- und HRS-App — glücklicherweise lassen sich die letztgenannten problemlos deinstallieren.
Wer auf die genannten S5-Features wie Fingerabdruck-Scanner und Herzfrequenzmesser Wert legt, der findet im S5 mini zumindest zwei gute Gründe, einen Wechsel vom Vorgänger zu aktuellen Modell zu erwägen. Achja, eine Benachrichtigungs-LED gibt es jetzt auch endlich, wie ein Leser in den Kommentaren zum Ersteindruck korrekt angemerkt hat — na, wenn das kein Grund ist ...
Kamera und Sound: Viel Wumms und Pixel
Überrascht hat uns bei ersten Antesten der Lautsprecher des S5 mini, der voll aufgedreht so ordentlich brüllt, dass der gesamte Geräterücken heftig vibriert — und das ist bis zu einem gewissen Grad durchaus positiv zu verstehen, denn insgesamt liefert das kompakte Smartphone somit einen ziemlich kräftige, plastische Akustik, den man dem Gerät gar nicht zutrauen würde. Allerdings scheppert der Sound notgedrungen in hohen Lautstärkeregionen auch merklich.
8 MP klingen 2014 nicht mehr wirklich nach viel, werfen die Hersteller doch in ihren Flaggschiffen inzwischen mit 20 MP-Modulen um sich. Dennoch reicht die Kamera des S5 mini völlig aus, um ordentliche Bilder zu schießen.
Hinzu kommt die sehr gute Kamera-App von Samsung, die zahlreiche Bildmodi und Einstellungen sowie ein übersichtliches UI bietet — in Sachen Kamera muss man sich wie von Samsung gewohnt auch beim S5 mini keine Sorgen machen.
Akku und Speicher sind erweiterbar und austauschbar
Ebenfalls von Samsung gewohnt und immer wieder lobenswert: Der austauschbare Akku sowie der per microSD-Karte erweiterbare Speicher — letzteres ist bei nur 16 GB verbauten Speicherplatz auch fast schon zwingend notwendig, da bereits beim erstens Hochfahren des Gerätes lediglich 11,5 GB für den Nutzer zur Verfügung stehen.
Der 2.100 mAh-Akku bringt den S5 mini-Nutzer gut über den Tag — nach intensiven Teststunden mit viel rechenintensivem Spielen und Herumexperimentieren bewegte sich die Ladestandsanzeige zum Feierabend in Regel im Bereich von 30 Prozent. Für Vielnutzer heißt das dennoch, dass das Gerät spätestens in den Abendstunden ans Stromnetz muss. Wer sein S5 mini defensiver gebraucht, der kann auch schon mal anderthalb bis zwei Tage herauskitzeln.
Und dann gibt es ja noch den Ultra-Energiesparmodus, der nur noch wichtige Anwendungen zulässt, die mobile Datenverbindung bei deaktiviertem Display kappt, WLAN und Bluetooth abschaltet und vor allem den ein vereinfachtes, in Graustufen gehaltenes Theme auf dem Display darstellt — so sind im Extrem- oder Notfall enorme Rest-Standby-Zeiten von mehreren Tagen möglich.
Fazit: Ein paar neue Features, sonst alles beim Alten
Ich mache keinen Hehl daraus: Ich mag die ganzen Minis nicht, ob nun von Samsung oder HTC oder sonst wem. Nicht etwa, weil sie Mittelklasse-Geräte sind, sondern weil ihre Benennung für Etikettenschwindel halte und ihre Preise für unverschämt. Überrascht bin ich immer wieder darüber, wie viel Kunden begeistert sind von diesen Geräten, und sogar deren Preis verteidigen — auch in den Kommentaren zum Hands-On des S5 mini, die unten noch zu lesen sind.
Das Argument, dass die Minis mit ihren kompakten Abmessungen so viel praktischer als die Flaggschiff-Klopper wären, kann ich nicht nachvollziehen — so klein sind die gar nicht. Und dass ein Preis von 450 Euro für die gebotene Hardware voll in Ordnung wäre, auch weil der ja schnell falle, schon gar nicht: Leute, stellt euch mal vor, wohin der Preis fallen würde, wenn die Minis vom Start weg das kosten würden, was sie wert sind — nämlich maximal 300 Euro!
Ungeachtet dessen bietet das S5 mini denjenigen, die wirklich partout keinen 5 Zoller möchten, mit den vom S5 übernommenen Features tatsächlich sinnvolle Erweiterungen gegenüber dem S4 mini — das es nun allerdings eine Benachrichtungs-LED hat, ist wirklich kein tolles Argument für das S5 mini, sondern zeugt eher genau davon, wie lieblos die Vorgänger-Modelle schon ausgestattet wurden - und schon gar nicht rechtfertigt das den Preis.