Drei Jahre ist es nun schon her: Am 5. Oktober 2011 erlag der Apple-Gründer nach langem Kampf seinem Krebsleiden. Eine Würdigung der Lebensleistung des langjährigen Apple-CEOs.
Die Lebensmaxime klingt wie aus einem großen amerikanischen Roman entnommen. "Er hatte eine große Vision von seinem Leben, seit er ein Junge war", heißt es bei F. Scott Fitzgerald in Der Große Gatsby über seinen charismatischen Titelhelden. Kaum anders ist die Lage bei Steven Paul Jobs, dessen Leben fraglos groß genug für jedes Jahrhundertwerk in der Literatur oder im Film wäre.
"Wir sind hier, um eine Kerbe im Universum zu hinterlassen", gab Jobs seine Ambitionen schon früh aus. Es wäre untertrieben zu behaupten, er habe seinem eigenen Anspruch entsprochen – tatsächlich hat er ihn mit der Revolutionierung gleich mehrerer Branchen übererfüllt.
Das war zunächst die Computerindustrie, die Jobs mit dem Apple II und dem Macintosh als erstem Computer mit grafischer Benutzerfläche revolutionierte. Nachdem Jobs Apple im Streit verlassen hatte, erkannte er das Potenzial von computeranimierten Filmen und veränderte mit Pixar Hollywood. Nach der Rückkehr zu Apple erfand er abermals mit dem iMac den Computer neu, revolutionierte aber vor allem die Musikindustrie mit iTunes und dem iPod.
Ein Leben voller revolutionärer Erfindungen
Der nachhaltigste Einfluss gelang Jobs ausgerechnet in einer Branche, mit der Apple bis dato kaum Überschneidungen hatte: Das avantgardistische iPhone krempelte die festgefahrene Mobilfunkindustrie von Grund auf um. Zu guter Letzt erhielt die Verlagsbranche mit dem iPad einen neuen Hoffnungsträger. Und sollten sich die Nutzungsgewohnheiten in der Fernsehbranche mit einem iTV maßgeblich ändern, so dürfte zumindest die Hälfte der geistigen Vorarbeit auf Jobs zurückgehen.
Der überlebensgroße Ehrgeiz, den manche Biografen auf Jobs’ problematische Kindheit als Waisenkind zurückführen, war vom ersten Tag an der große Treiber von Apple. Jobs wollte nicht nur großartige Produkte entwerfen, er wollte vor allem ein großartiges Unternehmen aufbauen. So verstand sich der Kalifornier seit seinen ersten Gründertagen: Nicht als großer Tüftler, wie sein kongenialer Partner Steven Wozniak, sondern als Unternehmer, der einen Konzern von bleibendem Wert erschaffen wollte – Jobs war immer mehr Henry Ford als Thomas Edison. So steht dann auch treffend als Beruf auf seiner Sterbeurkunde: Unternehmer.
"Der Mann, der Apple erfunden hat, ist tot"
Was kann nun aus einem Unternehmen werden, das ohne seinen Jahrhundert-Unternehmer auskommen muss? Für Medien und Börsenkommentatoren ist die Steilvorlage zum Abgesang groß: "Der Mann, der Apple erfunden hat, ist tot", formuliert James Cramer die typischen Vorbehalte. Keine Frage: Apple und Steve Jobs stehen bis heute in einer unentwirrbaren Beziehung zueinander.
Steve Jobs: Sind allein diese neun Buchstaben Hunderte von Milliarden Dollar wert? So sah es 2011 aus, als die Apple-Aktie trotz eines furiosen Geschäftsverlaufs mit rasantem zweistelligen Gewinnwachstum in Sorge vor dem Ableben ihres ikonisch verehrten Gründers kaum noch steigen wollte.
Und 2012 sah es noch mehr so aus, als Tim Cook ein Jahr nach Übernahme der Amtsgeschäfte im vergangenen Herbst ins Trudeln kam. Vor allem 2013, nunmehr zwei Jahre nach dem Tod von Steve Jobs, wurde das Argument zum Reflex, dass der Mann, der Apple heute führt, vermeintlich so wenig mit dem Mann zu tun hat, der es in 14 Jahren aus einem Pleitekandidaten zum wertvollsten Konzern der Welt geformt hatte.
"Ich glaube, es wäre keine Party, aber es gibt ein paar sehr fähige Leute bei Apple" – Steve Jobs über seine Nachfolge
Dabei war alles so exakt vorbereitet: Frühzeitig hatte Jobs Cook als seinen Nachfolger auserkoren und baute ihn stufenweise auf. Es war ein langer Weg, der fast ein Jahrzehnt andauerte. 2004 vertrat Cook Jobs das erste Mal, als sich der Apple-Gründer von den Folgen der Operationen an der Bauchspeicheldrüse erholte.
Und wem sollte Jobs fünf Jahre später bei seiner Lebertransplantation den halbjährigen Interimsjob übertragen, wenn nicht dem Manager, den er für seinen mutmaßlich am besten geeigneten Nachfolger hielt? Es konnte schließlich sein, dass er nicht schnell genug eine Spenderleber fand, die sein Leben retten würde.
Auch 2011, als Jobs schließlich seine dritte und letzte Auszeit nahm, von der er nicht mehr zurückkehren sollte, vertraute er Cook die Geschicke an. "Es gibt einige Leute, die sagen, wenn ich vom Bus überfahren werde, wird Apple in Schwierigkeit kommen. Ich glaube, es wäre keine Party, aber es gibt ein paar sehr fähige Leute bei Apple", erklärte Steve Jobs dem Fortune Magazine im Frühjahr 2008. "Ich habe Tim Cook zum COO gemacht und ihm die Mac-Division gegeben, und ich finde, er hat sich großartig geschlagen", beschreibt Jobs den Reifungsprozess seiner Nachfolge.
"Man baut eine Firma auf, die auch noch eine oder zwei Generationen von heute aus gesehen für etwas stehen wird."
"Eines der Dinge, die ich für Apple tun wollte, war ein Beispiel zu geben, wie eine einwandfreie Übergabe der Leitung ablaufen muss", diktierte Jobs Walter Isaacson am Sterbebett. “Man baut eine Firma auf, die auch noch eine oder zwei Generationen von heute aus gesehen für etwas stehen wird. Genau das haben Walt Disney, Hewlett und Packard und die Leute, die Intel aufgebaut haben, getan. Sie schufen eine Firma, die bleibt, nicht nur eine zum Geldverdienen. Ich wollte erreichen, dass Apple so eine Firma ist."
Es spricht einiges dafür, dass Steve Jobs ist Apple wertvoller als je zuvor. An welcher Stelle der Apple-Gründer dem Techpionier heute dennoch fehlt, erörtere ich morgen.
Der vorliegende Text ist ein Auszug aus meinem Buch "Das Apple-Imperium", das im Januar im Springer Gabler Verlag erschienen ist.