Mitte April hat Huawei in London sein Top-Smartphone P8 vorgestellt, unser Testbericht attestierte dem flachen 5,2 Zoller ein sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis. Fast genug, um es mit den deutlich teureren Spitzenmodellen der Konkurrenz aufnehmen zu können. Wie aber sieht es nach einem Monat der Dauerbenutzung aus – überzeugt das P8 noch immer, welche Features stechen positiver heraus als zunächst gedacht und wo hakt es dann doch noch? Wir haben ein Langzeitfazit gezogen.
Für gewöhnlich hält sich ein Testgerät für etwa zwei Wochen in unserer Redaktion auf. Das reicht, um einen ausführlichen Testbericht zu verfassen, die vollmundigen Lobeshymnen der Hersteller mit der Realität abzugleichen und die meist wohlklingenden Spezifikationen auf ihre Alltags-Performance zu prüfen. Was dabei meist zu kurz kommt, sind die Erfahrungen, die die meisten Nutzer erst nach längerer Nutzungsdauer machen: Die nervigen Bugs und Unzulänglichkeiten, die eben nicht auf Anhieb ins Auge fallen, aber auch die Features, die auf den ersten Blick nebensächlich erscheinen, sich später aber als Gold wert herausstellen.
Das Huawei P8 befindet sich seit nunmehr über einem Monat bei mir, und so hatte ich bei diesem Smartphone die Möglichkeit, den 5,2 Zoller über die kurze Testdauer hinaus eben nicht nur zu prüfen, sondern langfristig und intensiv im Alltag als Hauptgerät zu benutzen. Und tatsächlich sind mir ein paar Dinge aufgefallen, negativ wie positiv, die im Testbericht nicht oder nur am Rande erwähnt wurden und die für den einen oder anderen potenziellen Käufer – zumal jetzt, wo das Gerät in Deutschland auch seit ein paar Tagen erhältlich ist – relevant sein können.
Display: Der Outdoor-Modus ist ungemein praktisch
Wer kennt das nicht: Auch die besten Smartphone-Displays sehen draußen bei direkter Sonneneinstrahlung zu oft ganz schön dunkel aus. Selbst die automatische Helligkeitsregelung leistet bei vielen Modellen auch unter gemäßigten Lichtverhältnissen nicht immer gute Arbeit.
Beim P8 ist das ganz anders: Nicht nur justiert die anpassbare Automatik ein stets ausreichend helles Bild, auch schaltet das 5,2 Zoll-Display bei hellem Umgebungslicht in einen ultra-kontraststarken, fast schon überbelichteten Outdoor-Modus. Das sieht dann freilich nicht mehr wirklich gut aus, sondern wirkt eher so, als hätte man auf einem Monitor oder Fernseher den Kontrastwert zu hoch gezogen – es sorgt aber dafür, dass ich selbst bei der frühsommerlichen Sonne Tage stets problemlos erkennen konnte, was auf dem Screen angezeigt wird.
Ganz kleiner Nachteil: Das Feature lässt sich nicht abschalten und greift zuweilen auch, wenn es gar nicht so hell ist. Das kommt aber nur selten vor. Insofern ist diese Fähigkeit des P8 für mich einer der ganz großen Pluspunkte – und einer, den sich andere Hersteller sehr gerne abschauen dürfen.
Gesten-Steuerung kann Touchscreen verwirren
Bleiben wir beim Screen, der ist nämlich nicht gänzlich ohne Mankos – oder vielmehr sorgt ein Software-Feature dafür, dass nicht alles rund läuft: Das P8 bringt ein Screenshot-Feature mit, über das Ihr durch doppeltes Klopfen mit den Fingerknöcheln respektive Ziehen eines Kreise mit denselben einen Screenshot erstellen könnt. An sich eine gute Idee, nur führt die dahinter liegende Touch-Erkennung dazu, dass das Gerät ab und zu annimmt, Ihr hättet statt mit dem Finger mit dem Knöchel getappt und dann einen Screenshot erstellt und die eigentliche Toucheingabe ignoriert.
Glücklicherweise hat Huawei in einem jüngeren Firmware-Update nachgebessert und gibt Euch unter "Einstellungen - Intelligente Unterstützung - Mehr" nun die Möglichkeit, das Smart Screenshot-Feature zu deaktivieren. Dann ist zwar nichts mehr mit Knöchel-Screenshots, dafür werden aber wieder alle Touch-Eingaben erkannt.
Tolle Kamera mit Schnellstartfunktion
Weiterhin begeistert mich die 13 MP-Kamera des Huawei P8, die vor allem bei ungünstigen Lichtverhältnissen Fotos schießt, die die Ergebnisse vieler Konkurrenzmodelle aus dem Oberklasse-Sektor buchstäblich in den Schatten stellen. Selbst Party-Selfies bei relativer Dunkelheit gelingen zumindest soweit, dass alle Personen gut zu erkennen sind und auch das Rauschen sich in Grenzen hält.
Auch ungemein praktisch: Das Schnellstart-Feature, das aus dem Standby-Modus durch doppeltes Tippen auf die "Leiser"-Taste wahlweise innerhalb etwa einer Sekunde die Kamera-App startet oder auch gleich ein Foto macht. Einrichten könnt Ihr das in den Kamera-Einstellungen, wo sich auch unter anderem der Verschluss-Sound abstellen, sowie die zusätzliche optische Bildstabilisierung oder die Fokus-Nachverfolgung aktivieren lassen.
Nur Mono-Lautsprecher
Der untere Rand des Huawei P8 beherbergt rechts und links vom Micro-USB-Port zwei Grille, die jeweils dahinterliegende Lautsprecher vermuten lassen. Dem ist aber nicht so: Hinter dem rechten sitzt wohl nur das Mikrofon, lediglich aus der von vorne betrachtet linken Öffnung kommt Sound. Der ist zwar ausreichend laut und klingt auch gut, nur wäre Stereo natürlich noch etwas besser gewesen. Andererseits machen Stereo-Speaker, die nicht auf der Gerätefront angebracht sind, aus meiner Sicht ohnehin nur wenig Sinn.
Schnelle Software-Updates
Seit ich das P8 nutze habe ich auf dem Gerät bereits drei Software-Updates erhalten – nicht schlecht für nur einen Monat. Zwar konnte ich teilweise nicht verstehen, was nun konkret damit verbessert wurde, weil das Changelog in einigen Fällen nur in chinesischen Schriftzeichen angezeigt wurde. Behoben wurde aber beispielsweise sehr zügig ein Bug, der in den ersten Tagen das Abspielen von Streams in der Netflix-App verhinderte und die Anwendung somit unbrauchbar machte – das klappt inzwischen problemlos.
Benachrichtigungen gehen nicht an Drittgeräte durch
Einen Bug sollte Huawei aber schnellstmöglich noch beseitigen: Wohl aufgrund der für die Firmware der Chinesen inzwischen typischen aber auch teils über-komplexen Möglichkeiten für den Nutzer, Apps in ihren Zugriffsrechten zu beschränken, klappt das Durchschleifen von Benachrichtigungen nicht so richtig. Beispielsweise erfordern Android Wear zur Anzeige der Notifications vom Smartphone auf dem verbundenen PC-Monitor oder der Smartwatch Zugriff auf die Telefonbenachrichtigungen. Diese können zwar im auf dem P8 installierten EMUI 3.1 auch vergeben werden, allerdings entzieht die Software diese selbststätig wieder, sobald das Gerät in den Lockscreen beziehungsweise Standby geht. Einzige Lösung im Moment: Die Bildschirmsperre komplett deaktivieren — was natürlich kein dauerhafter Ratschlag sein kann.
Design beeindruckt mehr als erwartet
Ja, das P8 kommt im schicken Metallgehäuse und macht zumindest an seinen Rändern und auf dem Rücken durchaus was her – zumal die von mir genutzte champagnerfarbene Version auch noch besonders edel wirkt.
Was mich aber tatsächlich überrascht hat, ist wie viele Leute – Smartphone-affin oder nicht – neugierig hinschauen oder auch mal zugreifen und fragen: "Hui, was ist das denn für ein schickes Telefon?" Das P8 kommt offensichtlich trotz seiner Reminiszenzen an das iPhone 6, trotz der ja nicht gerade hässlichen Konkurrenz von Samsung und HTC und vor allem trotz der wie ich finde etwas schnöde gestalteten Front der Gerätes, gut an. Wem also wichtig ist, mit seinem mobilen Begleiter auch ein paar Blicke auf sich zu ziehen, liegt mit dem P8 nicht ganz falsch.
Das waren meine wichtigsten Erkenntnisse zum Alltag mit dem Huawei P8 nach etwas mehr als einem Monat in Benutzung. Sind schon P8-Besitzer unter unseren Lesern? Was ist Euch bislang positiv oder negativ aufgefallen? Was muss Huawei noch verbessern und wo sind sie jetzt schon der Konkurrenz voraus? Ich bin gespannt auf Eure Erfahrungsberichte in den Kommentaren.