Nach dem Onlinehändler Cyberport veröffentlichen Produktfotos aussehen und damit seinem Vorgänger optisch sehr, sehr ähnlich sein wird. Nun ist die Enttäuschung darüber allerorts groß — im Grunde hätte HTC mit dieser Design-Entscheidung aber fast alles richtig gemacht.
Eines gleich vorweg: Asche auf mein Haupt! Am Wochenende noch, als die mutmaßlichen Produktbilder des One M9 auftauchten, war ich äußerst skeptisch und äußerte meine Zweifel an der Echtheit der Renderings respektive der Tatsache, dass diese tatsächlich das One M9 zeigen, auch in einem entsprechenden Artikel.
Inzwischen wurde ich allerdings von den Geschehnissen der letzten Stunden eines Besseren belehrt: Aufgrund der gestern Abend aufgetauchten Werbeclips für das neue One M9 und sich häufender Aussagen von anonymen HTC-Insidern müssen wir davon ausgehen, dass vom One M8 zum One M9 kein großer Design-Fortschritt stattgefunden hat.
Alles beim Alten: menschlich nachvollziehbare, aber falsche Enttäuschung
Ich gebe zu, dass meine Zweifel bezüglich der Echtheit der Renderings am Anfang der Woche auf der gleichen profanen Enttäuschung beruhten, die sie sich nach dem Leak bei zahlreichen Smartphone-Enthusiasten und HTC-Fans breit machte: Nein, das kann und darf nicht wahr sein — das One M9 muss doch ganz anders als sein Vorgänger und viel revolutionärer aussehen.
Wenn selbst Samsung mit dem Galaxy S6 in diesem Jahr endlich auf ein schickes Gehäuse setzen wird, dann müsste doch HTC, mit seiner jüngeren Historie anmutiger, edler Smartphones, erst recht noch einen drauf setzen. Stattdessen sollen wir am Sonntag ein optisch marginales Update des One M8 vorgesetzt bekommen, bei dem lediglich der Powerbutton an die Seite gewandert und die Kamera nun eckig ist?
Speziell bei besonders Technik-affinen Nutzern, und ganz besonders unter uns Tech-Journalisten, die das ganze Jahr über von einer Flut neuer Geräte überollt werden, die beinahe jeden Monat ein neues Flaggschiff-Smartphone serviert bekommen, ist der Drang nach noch mehr Revolution, nach immer neuen Design-Ideen schier nicht zu stillen. Und darüber verlieren wir alle zuweilen den Blick auf das Wesentliche.
Never change a running ... design
Und dieses Wesentliche ist im Falle HTCs die Technik unter dem Unibody und durchaus das etablierte Design: Blicken wir zurück auf das HTC One M8, dann sehen wir eines der besten und attraktivsten Smartphones des vergangen Jahres — weder das Apples iPhone 6 in ähnliche hohen Designsphären schwebt; und das allein ist ein Ritterschlag für das One M8.
Betrachten wir das M9 also ganz nüchtern und aus Sicht der Taiwaner: Warum sollten sie diese grandiose Optik und Haptik auf Teufel komm' raus verändern? Klar, es wäre ein nettes Schmankerl gewesen, hätte uns die Designabteilung von HTC nach dem M7 und dem M8 abermals mit einer neuen Idee gezeigt, was sie drauf hat — aber notwendig wäre es nicht gewesen.
Und da wir von einem Konzern sprechen, der weiterhin schwächelt, ist es mehr als nachvollziehbar, dass HTC sich diesen unnötigen Luxus und die damit verbundenen Ressourcen schlicht gespart und sich seinerseits aufs Wesentliche konzentriert hat: ein gutes Smartphone noch besser zu machen.
Denn wenn wir die mit den Bildern geleakten Spezifikationen als gesetzt zugrunde legen, dann hat HTC auf die wenige Kritik zum One M8 gehört: Nicht nur ist eben der Powerbutton an eine zugänglichere Position gerutscht, auch wurde die nicht so dolle Ultrapixel-Kamera des M8 im M9 durch ein 20 MP-Modul ersetzt.
Intern gibt es nun 32 GB statt 16 GB Speicher, der Akku wächst von 2.600 mAh auf 2.900 mAh, der alte Snapdragon 801 wird vom 810er ersetzt und der RAM-Speicher von 2 GB auf 3 GB aufgestockt — das One M9 ist ein deutlicher Schritt nach vorne, nur eben mehrheitlich unter der Haube.
Immer noch schön, nur damit nicht wohl mehr ganz alleine
Ich wollte nicht so weit gehen und die Überschrift dieses Textes " ... und das ist gut so" lauten lassen. Denn gut ist es nicht — 'gut' wäre natürlich ein erneut revolutionäres Design gewesen, gut wäre es gewesen, hätte HTC die Messlatte erneut höher gelegt. Aber es geht vollkommen in Ordnung, dass das One M9 aussieht, wie es aussieht. Denn schön ist es dennoch.
Damit hat das M9 auch 2015 das Rüstzeug, zu einem der besten Smartphones des Jahres zu werden — und erneut zu einem der attraktivsten, auch wenn uns diese Attraktivität dann nicht mehr überraschen wird. Und trotz eines zu erwarten ebenfalls sehr attraktiven Samsung Galaxy S6.
Denn das hat vorrangig HTC den Konkurrenten von Samsung (und auch uns Nutzern) in der Vergangenheit erfolgreich gelehrt: Ein Top-Android-Smartphone kann und muss auch top aussehen. Kein zu verachtender Erfolg für so einen verhältnismäßig kleinen Player am Smartphone-Markt.
So schade es also psychologisch zunächst erscheinen mag, dass uns wenigstens das One M9 visuell am kommenden Sonntag nicht mehr überraschen wird, so sehr dürfen wir uns dennoch auf dieses attraktive und technisch verbesserte Smartphone freuen. Und auf das, was uns die Taiwaner neben diesem Flaggschiff noch präsentieren werden.
Die CURVED-Redaktion ist ab dem Wochenende vor Ort in Barcelona und berichtet für Euch vom HTC-Event sowie von allen wichtigen Produktvorstellungen des MWC 2015.