Die Woche ging dann doch schneller rum, als ich dachte. Eine Woche habe ich gleichzeitig das iPhone 6 von Apple, das Lumia 930 von Nokia und das Moto X von Motorola genutzt. Im dritten Teil meines Selbstversuchs erzähle ich, welche Software ich wie genutzt habe – und ziehe ein Fazit.
Wie ich schon im zweiten Teil geschrieben habe, würde ich mich, wenn es nur um die Hardware ginge, für das Lumia 930 entscheiden. Es liegt perfekt in meiner Hand. Natürlich ist das eine ganz individuelle Entscheidung. Ich habe große Hände und mag es, wenn darin ein wenig Gewicht liegt. Ich möchte den hohen Anschaffungspreis quasi spüren.
Allerdings ist die Hardware inzwischen nicht mehr mein wichtigstes Kaufkriterium. Ein Smartphone soll sich möglichst nahtlos in meine digitale Welt einfügen. Glaubt man den Heilsversprechen der Werber, müsste das iPhone eigentlich die perfekte Wahl für mich sein. Es gibt mehr Apps als für jedes andere System. Doch wenn man sich die verschiedenen Stores mal genauer anschaut, dominieren vor allem Spiele die Hitlisten.
Und auch wenn ich gerne mal ein Game zocke, ist mir nicht wichtig, dass möglichst jedes Spiel für mein Device zur Verfügung steht. Schließlich habe ich daheim Spielkonsolen, und unterwegs nutze ich gerne die Playstation Vita. Und die anderen Apps? Inzwischen gibt es die meisten Anwendungen für jedes System. Doch ich muss zugeben, dass die Apps nicht überall denselben Funktionsumfang bieten. Tatsächlich werden Anwendungen für iOS und Android häufiger und schneller mit Updates versorgt, als es bei Windows Phone der Fall ist. Aber Deutsche sind ja eh Update-Muffel – und mir ist es auch nicht wichtig, jedes neue Feature sofort nutzen zu können. Hauptsache, es läuft.
Vergleichstest ohne Vorurteile
Auch mit dem Irrglauben, dass sich irgendein System besser bedienen lässt, muss ich hier mal aufräumen. Egal ob iOS, Android oder Windows Phone: Hat man sich erst einmal mit der unterschiedlichen Nutzerführung auseinandergesetzt, sind die meisten Funktionen überall vorhanden.
Auch das Tippen geht bei allen drei Systemen flott von der Hand. Und wie mir ein CURVED-Leser geschrieben hat, bin ich nicht auf die vorgegebene Optik eines Android-Systems angewiesen: Ich kann verschiedene Launcher installieren, die mein Nutzererlebnis noch verbessern. Und bei Windows Phone kann ich inzwischen ebenfalls Ordner nutzen, um die ellenlange Programmliste besser zu sortieren.
Ein Hersteller schaut halt bei den anderen ab, wenn man es genau nimmt, gibt es nicht mehr das System der Wahl – auch wenn das einige Hardcore-Fans sicher nicht gerne lesen werden. Jedenfalls ist das bei mir so, weil ich eh nur eine Handvoll Apps nutze, und die sehen auf allen drei Systemen fast identisch aus.
Foto: Ins rechte Bild gesetzt
Aber natürlich gibt es ein paar Features, die mir wichtig sind – und da bin ich auch nicht bereit, Abstriche zu machen. Zum Beispiel beim Fotografieren. Ich möchte nicht immer eine Kamera dabei haben. Mein Smartphone soll tolle Schnappschüsse zaubern können, und mit den passenden Apps sollen sich die Ergebnisse noch bequem verfeinern lassen.
Es ist interessant, dass es besonders bei Smartphones deutlich wird, wie unwichtig Megapixel im normalen Gebrauch sind. Denn wozu nutzen wir die Fotos? Um sie per Facebook oder Whatsapp zu teilen – sie per E-Mail zu verschicken. Auf den kleinen Smartphone-Bildschirmen sehen die Bilder klasse aus. Die wenigsten drucken doch ihre Fotos wirklich noch aus, denn dafür sind es auch einfach zu viele. Wer will schon – außer Kim Kardashian – eine ganze Wand voller Selfies haben?
Das Lumia 930 wird von Nokia damit beworben, dass es sich um ein echtes Foto-Handy handelt. 20 Megapixel sind an Bord, die Optik ist prima – doch die Software lässt zu wünschen übrig. Wie kann es sein, dass ich keine allumfassende App nutzen kann, sondern mir beispielsweise für Panorama-Aufnahmen eine weitere Software installieren muss.
Außerdem hat ein Vergleichstest meines Kollegen Jan kürzlich ergeben, dass die Aufnahmen nicht wirklich farbecht sind. Mir gefällt allerdings, dass die Lumia-Geräte einen dezidierten Kamera-Knopf haben. Ein kurzer Druck genügt, und die App startet, mit einem weiteren Druck ist die Aufnahme im Kasten.
Beim iPhone muss ich erst den Home-Button drücken und dann umständlich die App starten. Um das Foto mit dem iPhone auszulösen, kann ich entweder die Lautstärke-Wippe am Gerät oder an der Kabel-Fernbedienung des Headsets drücken – oder einfach auf dem Bildschirm den entsprechenden Button. Auf dem Papier kann die Foto-Qualität des iPhones kaum mit dem Lumia mithalten.
In der Nutzung überzeugt aber vor allem die Schnelligkeit der App. Hier hat Apple sehr gute Arbeit geleistet: Der Wechsel zwischen Foto, Video und Sonderformaten erfolgt durch einen schnellen Wisch nach links oder rechts. Alles wirkt durchdacht. Und auch die Optik macht einen guten Job: Selbst bei widrigen Lichtverhältnissen schießt das iPhone tolle Bilder. Allerdings mit einem eigentlich unverzeihlichen Design-Patzer: Im iPhone 6 steht die Foto-Linse ein wenig hervor. Ich will hier eigentlich keine Mutmaßungen anstellen, aber ich schätze, unter Steve Jobs wäre das ein absolutes No-Go gewesen.
Und das Moto X? Auch hier lässt sich die Fotoapp durch einen Druck auf den entsprechenden Hardware-Button starten. Die vorinstallierte Anwendung lässt sich einfach bedienen: Mit einem Wisch noch unten wird ins Bild gezoomt, ein Wisch von der Seite öffnet das Menü mit den Einstellungen. Ganz witzig, aber nicht immer hilfreich. So genügt ein Tipp auf den Bildschirm, um ein Foto zu schießen. Und die Qualität? Erstaunlich gut. Im direkten Vergleich nahm die Moto X einen Grillabend in ziemlicher Dunkelheit am deutlichsten auf. Auch die Schnelligkeit der App kann überzeugen.
Surfen: Ab ins Netz
Hier können alle drei Systeme punkten. Die Darstellung der mobilen Webseiten ist flüssig. Es erscheint fasst egal, ob ich mit Safari, Chrome oder anderen Browsern surfe. Zwar habe ich mich in den vergangenen Jahren ans iPhone-Surfen gewöhnt, aber mit dem Moto X und dem Lumia 930 macht das Brownes ebenfalls Spaß.
Für Android lassen sich bequem verschiedene Browser nutzen, die Integration der weiteren Google-Services ist vorbildlich. Bei Windows Phone sind natürlich die Microsoft-Dienste integriert, auch hier kann ich nur ein Lob aussprechen. Cool bei iOS ist die Verbindung mit den iCloud-Diensten: So kann ich ohne weitere Software installieren zu müssen, meine Bookmarks oder gespeicherte Webseiten auf meinem Macbook weiterlesen – oder umgekehrt.
Gewinner dieser Disziplin: unentschieden
Kommunikation: Lass uns mal reden
Gut, über das Telefonieren muss ich nicht reden, das können natürlich alle drei Systeme. Aber auch die anderen Wege funktionieren vorzüglich: Es gibt Whatsapp, Viber, Threema, Line, Skype und den Facebook-Messenger sowohl für iOS als auch Android oder Windows Phone. Was E-Mail betrifft, finde ich Windows Phone und Android besser als iOS, da ich geschäftliche und private Postfächer besser voneinander trennen kann. Besonders bei Windows Phone mag ich es, dass ich für jedes Postfach eine eigene Kachel anlegen kann.
Allerdings wird es in der Apple-Welt mit dem neuen Mac-Betriebssystem Yosemite eine Neuerung geben, auf die ich mich sehr freue: Ich kann dann zum Beispiel Anrufe mit dem Computer annehmen und Dokumente, die ich am Computer angefangen habe zu bearbeiten, mit dem iPhone oder iPad finalisieren. Also nicht nur die Kommunikation nach außen – sondern auch die interne Kommunikation wird für mich immer wichtiger. Es gibt sicher auch Lösungen für die anderen Systeme – aber ich möchte nicht extra Software installieren müssen. Hier scheint mir Apple einen Schritt voraus zu sein.
Voll auf die Ohren
Ursprünglich habe ich meine digitale Musik komplett mit iTunes sortiert. Da liegt die Vermutung nahe, dass ich natürlich das iPhone bevorzuge. Aber das ist nicht so, jedenfalls nicht mehr. Inzwischen bin ich wieder dazu übergegangen, Musik selbst in Ordnern zu sortieren. Will ich die Songs auf dem iPhone hören, ziehe ich den jeweiligen Ordner einfach per iTunes auf das Smartphone.
Dadurch habe ich auch kein Problem mit anderen Systemen. Und die Playersoftware auf dem iPhone ist ebenfalls nicht perfekt. Hier würde ich Android den Vorzug geben, zumal es auch im Play Store unzählige weitere Anwendungen gibt. Außerdem gibt es bei Google Music noch die Möglichkeit, wie bei Spotify für ein paar Euro eine Musikflatrate zu buchen. Bei Windows Phone zählt Musik nicht zu den Stärken, es funktioniert einfach.
Will ich Musik vom Handy per Bluetooth auf andere Geräte übertragen, zeigt keiner der Kontrahenten eine Schwäche. Die Verbindung klappt reibungslos. Nur wer einen für iPhone oder iPad optimierten Kopfhörer mit Kabelfernbedienung nutzt, könnte sich ärgern: Mein P5 von B&W klingt zwar auch am Moto X und am Lumia 930 super – doch die Fernbedienung funktioniert dort leider nicht.
Video: Film ab!
Ich schaue viele Filme und TV-Serien – daher mag ich auch den Trend zum größeren Display. Allerdings sind alle drei Geräte mit Bordmitteln ein wenig eingeschränkt bei den Abspielmöglichkeiten. Will ich nicht nur die Inhalte schauen, die es bei Apple, Google oder Microsoft gibt, muss ich spezielle Apps installieren.
Die Auswahl ist riesig: Die Apps von Netflix und Maxdome gibt es für Windows Phone, Android und iOS, Instant Video von Amazon und Watchever konnte ich dagegen nicht auf dem Lumia 930 nutzen. Und eigene Video lassen sich sowohl auf dem iPhone 6 und Android zum Beispiel mit VLC anschauen, auf dem Windows Phone gibt es dafür den ganz ordentlichen MoliPlayer.
Aber ich schaue nicht nur Filme, ich interessiere mich auch für die Hintergründe, lese Kritiken und schaue Trailer. Manchmal spiele ich auch ein Filmquiz oder freue mich über ein paar Filmzitate. Hier habe ich auch erstmals das Gefühl, dass es für Windows Phone zu wenig Apps gibt. Darum ist für mich ist daher das Lumia 930 in dieser Disziplin leider durchgefallen.
Lesen: E-Books und mehr
Eigentlich nutze ich ja einen Kindle, um meine Bücher zu lesen. Aber manchmal habe ich das Gadget nicht dabei. Wie gut, dass Amazon auch für Smartphones eine Kindel-App anbietet, mit der ich Zugriff auf meine Bücher habe. Ganz praktisch: Wenn ich ein E-Book per E-Mail an meine Kindle-Adresse schicke, erscheint es nach der Synchronisation auf dem Kindle und den entsprechenden Apps für iOS und Android. In der Amazon-App für das Windows Phone sehe ich dagegen nur die Bücher, die ich direkt bei Amazon heruntergeladen habe.
Das Lesen selbst funktioniert bei allen drei Smartphones super, auch hier bin ich froh über den größeren Bildschirm im Vergleich zu meinem alten iPhone 5.
Games: Spiel mit mir
Okay, manchmal spiele ich dann doch. Und natürlich wäre das iPhone 6 die erste Wahl, wenn es mir nur um Spiele-Apps ginge. Aber ich möchte gerne ein Smartphone haben, das sich perfekt mit meinen Spielkonsolen versteht. Es gibt zwar auch für das iPhone 6 und für das Moto X Anwendungen, mit denen ich Daten mit der Playstation 4 oder der Xbox One austauschen kann, aber hier ist bei meiner Nutzung das Lumia 930 klar im Vorteil. Einige Spiele lassen sich sowohl mit der Konsole als auch mit dem Smartphone spielen. Und mit der Anwendung Smartglass kann ich meine Xbox sogar fernsteuern.
Wäre das Spielen mein wichtigstes Kaufargument, würde ich aber wahrscheinlich zu einem Xperia-Gerät von Sony greifen, da ich damit PS4-Games per Remote Play auch auf dem Smartphone zocken könnte. Aber so wichtig ist mir mobiles Zocken dann doch nicht.
Welches Smartphone soll es also werden?
Zuerst einmal bin ich froh, dass ich künftig wieder nur ein Telefon nutzen werde. Auch wenn es Spaß macht, drei Systeme gleichzeitig zu nutzen, ist es auch teilweise ganz schön anstrengend. Also wofür entscheide ich mich jetzt?
Fangen wir von hinten an: So gerne ich das Moto X in mein Herz geschlossen hätte: Das Motorola-Smartphone wird es nicht. Dabei kann ich gar nicht wirklich festmachen, woran es liegt. Eigentlich passt alles: Die Software arbeitet schnell, und das Design ist schick. Und doch kann es mich letztendlich nicht zu 100 Prozent überzeugen. Auf der Sollseite stehen der mit maximal 32 Gigabyte für meine Bedürfnisse geringe Speicher, die langweilige Vorderseite und die suboptimale Foto-App. Auch wenn das Moto X toll in der Hand liegt, greife ich dann doch zu wenig hin. Wenn alle drei Geräte vor mir liegen, würde ich das Moto X am seltensten nutzen. Das ist mehr ein Gefühlsentscheidung, denn es ist ein tolles Smartphone. Nur halt nicht für mich.
Eigentlich hätte ich mich für das Lumia 930 entschieden. Die Hardware gefällt mir am besten, die 20 Megapixelkamera finde ich toll und die Verbindungsmöglichkeit zu meiner Xbox ist super. Aber: Ich hatte Windows Phone eine Weile mit dem Lumia 1520 ausprobiert – und fand die Kacheloptik dort noch besser. Je größer der Bildschirm, desto besser gefällt mir der aufgeräumte Look. Der Preis des Lumia 930 stimmt – aber es ist das letzte reine Nokia-Gerät. Ich würde gerne auf das erste reine Microsoft-Lumia warten. Das ist keine Entscheidung gegen das Betriebssystem, denn ich mag Windows Phone äußerst gerne. Schade, dass nicht mehr Hersteller Windows Phone nutzen.
Das iPhone passt tatsächlich am besten in meine spezielle Welt.
Das iPhone 6 ist in dieser Runde mein Sieger – trotz des hohen Preises und trotz einiger Nachteile. Wie ein Leser richtig schrieb: Das iPhone passt tatsächlich am besten in meine spezielle Welt. Ich habe mir gerade erst für den Job ein neues Macbook gekauft und freue mich auf die Verbindung zwischen Yosemite und iOS 8. Auch kann ich mein Zubehör weiter nutzen. Ausschlaggebend ist aber tatsächlich der hohe Wiederverkaufswert des iPhones. Schaut man mal bei eBay oder anderen Online-Händlern, werden dort gebrauchte iPhones immer noch zu Höchstpreisen verkauft. Will ich also in einem Jahr das iPhone 6S haben, kann ich das Vorgängermodell noch gut verkaufen.
Eines hat mir der Test aber auch gezeigt: Apple kann mich nicht mehr so einfach überzeugen, wie noch vor wenigen Jahren. Der Konzern gibt bei neuen Produkten nicht mehr den Takt vor, sondern spielt nach der Melodie der anderen Hersteller. Ob großes Display oder NFC: Die Innovationen kommen inzwischen nicht mehr aus Cupertino. Aber: Apple zeigt auch, dass bereits vorhandene Technik auch schön verarbeitet werden kann.
Was wäre Euer Favorit bei diesen drei Geräten – und warum? Ich freue mich auf Eure Kommentare!