Wi-Fi 6 ist da! Ist das ein Grund zur Freude? Immerhin sollen mit dem neuen WLAN-Standard einige Probleme der heimischen kabellosen Internetverbindung gelöst werden. Wer den neuen Standard nutzen will, braucht – klar! – neue Hardware. Und die fängt beim WLAN-Router an. Doch was ist dieses Wi-Fi 6 eigentlich? Was will es besser machen? Und: Lohnt sich der Kauf? Fragen und Antworten zum neuen WLAN-Standard.
Überlegt mal, welche Geräte heute mit eurem WLAN im Haushalt verbunden sind. Im Wohnzimmer läuft der Smart-TV, mit euren Smartphones wollt ihr euer Datenvolumen schonen und klinkt euch logischerweise ins WLAN ein. In der Küche steht euer Smart Speaker, der euch am Morgen begrüßt und die neuen Nachrichten vorliest. Im Büro steht ein Laptop, ein Tablet liegt daneben, über der Haustür habt ihr eine Kamera installiert, die mit dem WLAN verbunden ist und die ihr übers mobile Device steuert. Und wer die Vorzüge eines Smart Home schätzt, verbindet Deckenleuchten, Kühlschrank, Thermostat und Rollläden auch noch mit dem Router. Das Problem: Dafür ist der WLAN-Standard Wi-Fi 5 gar nicht ausgelegt.
Die Router können nur mit einem Gerät kommunizieren. Das heißt, sobald ihr mehrere Endgeräte mit dem Internet verbindet, bedient der Router diese reihum: Erst bekommt der Smart-TV sein Datenpaket, dann das Smartphone, dann die Cam und so weiter. Das führt dazu, dass ihr spätestens beim Streamen von hochauflösenden Filmen Probleme bekommt.m Manch moderner Wi-Fi-5-Router kann bis zu vier Geräte gleichzeitig mit Daten versorgen, doch andersrum funktioniert das nicht. Und hier kommt Wi-Fi 6 ins Spiel.
Denn Wi-Fi 6 wurde konzipiert, um in beide Richtungen Daten senden zu können und so möglichst viele Geräte stabil mit dem Internet zu verbinden. Zudem sollen die Geräte die zur Verfügung stehende Geschwindigkeit des Internetanschlusses besser nutzen – abhängig davon, was bei euch konkret anliegt.
Was kostet euch Wi-Fi 6?
Die schlechte Nachricht zuerst: Ihr braucht neue Geräte, wenn ihr Wi-Fi 6 nutzen wollt. Mittlerweile gibt es einige WLAN-Router auf dem Markt, die jedoch ziemlich teuer sind. Der erste Router kam von Asus Ende 2018, der kostet heute noch um die 330 Euro. Netgear hat erst im April mit dem Nighthawk AX4 ein Gerät präsentiert, das für Privatanwender interessant sein kann, die nicht zu viel Geld ausgeben wollen. Mit knapp unter 200 Euro ist der Router in etwa so teuer wie eine leistungsfähige AVM Fritz!Box mit Wi-Fi 5 Standard.
Um wirklich alle Vorteile des neuen WLAN-Standards ausnutzen zu können, braucht ihr außerdem entsprechende Endgeräte, die Wi-Fi 6 unterstützen. Dafür gibt es ein spezielles Logo, das ihr in Zukunft öfter auf Verpackungen sehen werdet. Das ist ein simpel gehaltener schwarz-weiß Schriftzug "Wi-Fi 6 certified", erstellt von der Wi-Fi-Alliance, deren Logo ähnlich aussieht. Außerdem werdet ihr auf euren Smartphones die entsprechende Zahl auf dem Icon eurer WLAN-Verbindung sehen. Bis jetzt unterstützt aber nur Samsungs Galaxy S10 den neuen Standard.
Was macht Wi-Fi 6 besser?
Die neuen Wi-Fi-6-Router sollen bis zu acht Geräte gleichzeitig bedienen können, zudem sollen sie bis zu 11 Gigabit pro Sekunde (Gbit/s) schnell sein. Zum Vergleich: Leistungsfähige Router mit dem älteren Standard schaffen es auf 3,5 Gbit/s – theoretisch. In der Realität wird diese Geschwindigkeit nie erreicht und auch nicht gebraucht. Dennoch steht diese Geschwindigkeit zur Verfügung und bringt besonders dann Vorteile, wenn sie auf viele Geräte verteilt wird. Denn damit steht jedem verbundenen Smartphone, Laptop, Tablet und so weiter theoretisch mehr Speed zur Verfügung.
Die neuen Router sollen auch mehr Reichweite mitbringen, was einen WLAN-Repeater aber nicht überflüssig macht. Die Geräte senden – wie auch bei Wi-Fi 5 – auf den Frequenzen 2,4 und 5 GHz; gibt es ein Hindernis, wird die Signalstärke geschwächt. Reicht das Signal nicht aus, um im Wohnzimmer sorgenfrei streamen zu können, da der Router im Abstellraum steht, muss weiterhin ein WLAN-Repeater her.
Außerdem soll durch den neuen Standard Energie gespart werden: Indem die Antennen des Routers nicht nach Anfragen „suchen“ müssen, sondern die Kommunikation nun in beide Richtungen funktioniert, spart ihr Strom und Akku. Das ist besonders für "schlummernde" Geräte interessant, die nicht ständig einen Internetzugang benötigen.
Die zwei zentralen Neuerungen von Wi-Fi 6 sind „OFDMA“ und „MU-MIMO“. Hinter OFDMA („Orthogonal Frequency Division Multiple Access“) verbirgt sich, einfach ausgedrückt, dass der Router versteht, welches Gerät wie viel Bandbreite benötigt und weist die Datenströme entsprechend zu. Die Übertragungskapazität wird den Nutzeranforderungen angepasst, sodass der Netflix-Stream mehr abbekommt als der Skype-Call.
Durch „Multi User Multiple Input, Multiple Output“ (MU-MIMO) sind Wi-Fi-6-Router in der Lage, mit mehreren Geräten gleichzeitig in beide Richtungen zu kommunizieren. Beide Techniken arbeiten zusammen, indem OFDMA die Datenströme – die durch MU-MIMO anwachsen – effizienter organisiert.
Lohnt sich jetzt der Kauf eines Wi-Fi-6-Routers?
Auch wenn eure Geräte Wi-Fi 6 noch nicht unterstützen; durch die effektivere Arbeitsweise der neuen Router könnt ihr schon jetzt mehr aus eurer Internetverbindung rausholen. Zudem wird sich der neue Standard in den nächsten Monaten immer weiter ausbreiten, schließlich finden sich in Deutschland laut einer Bitdefender-Studie im Schnitt zehn smarte Geräte pro Haushalt.
Habt ihr im Normalfall noch mehr Devices im WLAN-Netzwerk, kann sich schon jetzt der Griff zum neuen Router mit Wi-Fi-6-Standard lohnen. Besonders interessant ist Wi-Fi 6 für euch, wenn ihr besonders viele Geräte verbunden habt, die alle eine dauerhafte und schnelle Internetverbindung brauchen. Denn dann spielen die neuen Router ihre Stärken aus. Wollt ihr euer "altes" WLAN optimieren, gibt es zudem ein paar Kniffe, mit denen es jetzt schon besser laufen kann.
Übrigens: Die Bezeichnung Wi-Fi 6 ist eine Vereinfachung. Sie wurde auf Initiative der Wi-Fi-Alliance eingeführt und würde nach der alten Namensgebung IEEE 802.11ax heißen. Die Vorgänger werden entsprechend durchnummeriert: IEEE 802.11ac heißt nun Wi-Fi 5, 802.11n wird Wi-Fi 4, danach folgen g, b und a als Wi-Fi 3, 2 und 1. Je höher die Nummer, desto besser das WLAN.