MacBooks? Die waren bei Apple zum "One more thing" geworden, wenn man sich an die Vorstellung der Apple Watch erinnert, bei der das neue MacBook gezeigt wurde. Den neuen MacBook Pros gönnte Apple dagegen ein eigenes Event. Ist der Hype gerechtfertigt? Wir machen den Test.
Springt direkt zum Absatz:
- Das dünnste MacBook Pro aller Zeiten
- Schmetterlinge 2.0 und ein Riesen-Trackpad
- Willkommen an der Touch Bar
- "So kann ich schnell arbeiten."
- Mit allem und nichts kompatibel
- Wie viel Power hat das Pro?
- Fazit
Leichter, schneller, besserer Bildschirm: Bei der Apple-Keynote am 26. Oktober 2016 war Marketing-Boss Phil Schiller mal wieder in Hochform. Nur ging es bei dem Event nicht um neue iPhones, iPads oder Apple Watches, sondern um die neuen MacBook Pros. Nachdem Apple die Notebook-Serie in den vergangenen Jahren eher stiefmütterlich behandelt hatte, war es mal wieder Zeit für eine Überarbeitung der Profi-Notebooks.
Das dünnste MacBook Pro aller Zeiten
Auf der Bühne sprach Phil Schiller von einem "komplett neuen Design." Natürlich kann man durchaus noch Ansätze der vorherigen Generation erkennen. Hält man ein altes und ein neues MacBook Pro nebeneinander fällt einem sofort auf, wie dünn und leicht die neue Generation geworden ist. Lassen wir kurz die Zahlen sprechen: Wir haben von Apple ein 15-Zoll-Gerät für den Test bekommen. Das wiegt 1,83 Kilogramm und misst in der Höhe gerade einmal 1,55 Zentimeter. Zum Vergleich: Das MacBook Air misst an der dicksten Stelle 1,7 Zentimeter. Respekt an die Ingenieursleistung!
Dazu kommt, dass Apple den Formfaktor der MacBooks noch einmal verkleinert hat. Legt man ein neues auf ein altes MacBook Pro, stellt man fest, dass das neue Gerät weniger Raum in Anspruch nimmt. Besonders deutlich wird es, wenn man das 13-Zoll-Pro mit dem MacBook Air vergleicht. Apples ehemals leichtester Computer hat den Zusatz "Air" im Vergleich mit dem MacBook Pro nicht mehr verdient. Auch deswegen spricht Apple beim neuen MacBook Pro ohne Touch Bar von einem sinnvollen Upgrade für alle "MacBook Air"-Besitzer. Das aber nur am Rande.
Ebenfalls neu sind die Farben: Neben Silber gibt es das MacBook Pro jetzt in Spacegrau. Und man muss einfach zugeben: Das sieht schon edel aus. Im CURVED-Team gibt es einige Mitarbeiter (mich eingeschlossen), die ihre Arbeitsgeräte mit Stickern verzieren. Beim neuen MacBook Pro wäre das ein Unding. Ganz ohne Fanboy-Brille: Auf das graue Gehäuse Sticker zu kleben, geht gar nicht. Neben der Farbe gibt es auch eine zweite, viel diskutierte Design-Änderung von Apple: Das Logo auf der Rückseite leuchtet nicht mehr. Schlimm? Ich glaube nicht. Denn der schwarze Apfel, vom iPhone und dem MacBook mit Retina-Display bekannt, passt viel besser zum grauen Gehäuse.
Schmetterlinge 2.0 und ein Riesen-Trackpad
Damit Ihr mit dem Flunder-MacBook auch vernünftig arbeiten könnt, hat Apple die Tastatur ans flache Gehäuse angepasst. Zum Einsatz kommt der Butterfly-Mechanismus aus dem MacBook mit Retina-Display – allerdings in überarbeiteter Fassung. Das heißt: Die Tasten haben einen flachen Hub, sollen sich aber responsiver anfühlen und ein besseres Gefühl für die Tasten vermitteln. Tatsächlich kann ich darauf schneller tippen, als auf der kabelgebundenen Apple-Tastatur, die sonst auf meinem Schreibtisch liegt. Außerdem gefällt mir das Geräusch der Tasten. Ob das auch meinem Umfeld so geht, weiß ich aber nicht. Denn die Tasten sind "klickiger", also lauter, als ich das von meinem MacBook Air gewohnt bin.
Das Trackpad ist nun doppelt so groß wie beim alten MacBook Pro und größer als ein iPhone 7 Plus. In den ersten Stunden des Tests war es tricky, beim Schreiben nicht aus Versehen darauf zu tippen und eine Aktion auszulösen. Nach einer kurzen Eingewöhnungszeit möchte man dieses riesige Trackpad aber nicht mehr missen. Wie beim Vorgänger handelt es sich auch hier um ein Force-Touch-Modul. Es reagiert je nach Druckintensität unterschiedlich. Bei einem Video könnt Ihr so zum Beispiel schneller vorspulen, je fester Ihr drückt.
Das Display löst wie bei den Vorgängern auch mit 2880 x 1800 Pixeln auf, ist also gestochen scharf. Verbessert hat Apple noch einmal die Helligkeit und die Farbdarstellung. Wer einmal auf diesen Bildschirm geschaut hat, der wird es schwer haben, mit Freude weiter am MacBook Air zu arbeiten.
Willkommen an der Touch Bar
Das Highlight der neuen MacBooks ist natürlich die Touch Bar. Dieser OLED-Touchscreen sitzt oberhalb der Tastatur und ersetzt nicht nur die Funktionstasten, sondern passt sich auch dynamisch dem Bildschirminhalt an. Standardmäßig zeigt sie die Escape-Taste, Shortcuts für die Einstellungen der Helligkeit sowie Lautstärke und einen Siri-Button an. In den Einstellungen könnt Ihr die Touch Bar an Eure Vorlieben anpassen.
Einfache Dinge, wie die Regelung der Lautstärke scheinen auf den ersten Blick unnötig kompliziert: Ihr müsst erst auf das Symbol tippen, bevor die Touch Bar den Schieberegler anzeigt. Zwar könnt Ihr auch das Symbol gedrückt halten, um den Regler zu öffnen. Doch mit den alten F-Tasten geht's trotzdem schneller – und blind. Die Touch Bar dagegen kann kein haptisches Feedback geben. Gerade für Video- und Fotoprofis sind aber Shortcuts wichtig, die sie im Alltag bedienen können, ohne jedes Mal hinzuschauen.
Der Zauber offenbart sich bei der Touch Bar für Otto-Normal-Nutzer in den Anwendungen. In Apple Mail könnt Ihr über die Touch Bar E-Mails labeln, archivieren, bewegen, löschen oder absenden, ohne mit der Maus auf den Senden-Button zu klicken. Tippt Ihr eine Nachricht, findet Ihr auf der Touch Bar wie auf dem iPhone Wortvorschläge. In iMessage könnt Ihr die Leiste dazu benutzen, das richtige Emoji zu finden, in Fotos könnt Ihr durch Euren Stream scrollen, Bilder als Favoriten markieren und Bearbeitungseinstellungen öffnen.
Wenn Ihr den Safari-Browser öffnet, zeigt Euch die Touch Bar Eure Favoriten als Shortcuts. Sobald Ihr eine URL öffnet, wechseln auch die Bedienelemente auf der Touch Bar. Dann gibt es einen Zurück-Button, eine Suchleiste, und die Möglichkeit, einen neuen Tab zu öffnen. Seht Ihr Euch ein Video auf YouTube oder Vimeo an, zeigt die Leiste die entsprechenden Elemente für Play, Pause und Co. In Chrome funktioniert das alles noch nicht. Denn Google hat den Browser noch nicht ans neue Bedienelement angepasst.
Und da liegt der Knackpunkt. Bislang sind es überwiegend Apple-Anwendungen, die von der Touch Bar profitieren. Zuletzt machte die Leiste in Sachen Erweiterungen eher mit Kuriositäten auf sich aufmerksam: Findige Entwickler haben zum Beispiel ein Sushi-Fließband oder die "Nyan Cat" als App entwickelt – und natürlich den Shooter-Klassiker "Doom" portiert. Natürlich wird es nicht dabei bleiben. Adobe hat bereits Photoshop für die Touch Bar optimiert. Auch Microsofts Office-Paket zeigt bereits Shortcuts auf der Leiste an.
"Da kann ich die Knöpfe nicht fühlen."
Deshalb lässt sich momentan auch nicht so einfach sagen, wie gut sich die Touch Bar für professionelle Anwender eignet. Denn unsere Videojungs hier bei CURVED schneiden mit Adobe Premiere und nicht mit Final Cut Pro. Das heißt: Die Touch Bar bleibt leer. Unseren Mediengestalter Sebastian haben wir trotzdem um eine Einschätzung gebeten. Seine Antwort:
"Ich habe alle Premiere-Shortcuts auf der linken Seite der Tastatur. Meine Hand bleibt also die meiste Zeit an dieser Stelle. So kann ich schnell arbeiten. Meine rechte Hand bleibt an der Maus. Jedes Mal, wenn ich auf die Tastatur gucken muss, verliere ich ein bisschen Zeit. Die Shortcuts kann ich ohne zu gucken treffen. Wie das mit einer Software-Leiste funktionieren soll, weiß ich nicht. Da kann ich die Knöpfe nicht fühlen. Außerdem muss ich dafür die Position der Hand verändern – und das will ich ja eben nicht."
Neben der Touch Bar befindet sich eine weitere Neuerung über der Tastatur: Touch ID. Der Fingerabdrucksensor ist auf Anhieb eine echte Bereicherung. Er ersetzt nicht nur den herkömmlichen Einschalter, sondern erspart auch die ständige Eingabe des Passwortes beim Entsperren des Bildschirms.
#Donglelife: Mit allem und nichts kompatibel
Zu schaffen machte uns Apples Entscheidung, ab sofort nur noch auf Thunderbolt 3 beziehungsweise USB-Typ-C zu setzen. Sicher, dem Anschluss gehört die Zukunft und mindestens einer sollte auch in jedem aktuellen Gerät vorhanden sein. Für die Übergangsphase wäre es aber für viele professionelle Anwender von Vorteil gewesen, wenn das Unternehmen wenigstens noch den SD-Kartenslot übrig gelassen hätte.
Ohne entsprechenden Adapter mussten wir Videodateien per AirDrop von einem anderen Mac ans MacBook schicken. Und damit wir sind wir nicht allein. Auch Videomacher wie der YouTube-Profi Casey Neistat beschweren sich über den fehlenden Card-Reader. Casey spricht sogar vom "größten Problem" mit dem neuen MacBook. Bei Apple sieht man das anders. Phil Schiller sagte in einem Interview, es gäbe mittlerweile Kameras mit WLAN. Wer das nicht wolle, könne zum Adapter greifen.
So ist das MacBook dank des Typ-C-Anschlusses im Prinzip mit einer Vielzahl an Geräten kompatibel, aber gleichzeitig ohne fehlenden Adapter mit keinem. Ohne ein entsprechendes Lightning-auf-USB-C-Kabel könnt zum Beispiel Euer iPhone nicht ans MacBook anschließen. Aber das ist Apple. Wir erinnern uns daran, wie rigoros sich der Konzern vom Disketten- oder DVD-Laufwerk verabschiedete. Letztendlich wird diese Entscheidung die Industrie schneller dazu bewegen, auf den den neuen Standard zu setzen. Bis dahin müsst Ihr das #DongleLife leben, von dem auf Twitter die Rede ist.
Wie viel Power hat das Pro?
Nachdem wir nun geklärt haben, wie gut man mit dem neuen MacBook Pro arbeiten kann, bleibt noch die Frage: Wie schnell geht das? Unser Testgerät ist mit einem Skylake-Core i7-Chip von Intel, 16 Gigabyte Arbeitsspeicher und einer 256 Gigabyte großen SSD ausgestattet. Dass Apple auf den Vorjahres-Chips von Intel setzt, liegt laut CNET daran, dass mit Quad-Core-CPUs der neuen "Kaby Lake"-Serie nicht vor 2017 zu rechnen ist. Außerdem könnt Ihr auch das teuerste MacBook Pro "nur" mit 16 Gigabyte RAM ausstatten, weil Apple auf LPDDR3E-RAM setzt. Dieser ist pro Chip auf 16 Gigabyte limitiert. Für mehr Arbeitsspeicher hätte Apple auf DDR4 umsteigen müssen, was sich laut Phil Schiller negativ auf die Akkulaufzeit auswirken würde.
Für mich als Redakteur reicht die Ausstattung unseres Testgerätes locker für die täglichen Aufgaben. Kunststück. Schließlich arbeite ich seit drei Jahren mit dem gleichen MacBook Air (Mid 2013) und hatte damit nie Probleme. Um die Frage nach der Geschwindigkeit zu beantworten, haben wir also wieder unseren Mediengestalter Sebastian konsultiert.
Sein Fazit: Beim Bearbeiten von Full-HD-Material in Adobe Premiere hatte das MacBook Pro überhaupt keine Probleme. Für den Export vom Test-Video des aus unserem Kamera-Vergleich vom iPhone 7 und dem Google Pixel XL verwendet. Im Test kam es dabei zu deutlichen Rucklern. "Man muss die Auflösung bei Premiere verringern, um ordentlich arbeiten zu können."
Fazit: Dieses MacBook kommt zu früh
Nägel mit Köpfen: Das MacBook Pro ist kein Must-have! Ja, es ist leicht, hat einen tollen Bildschirm und ist unglaublich dünn. Aber es ist auch teuer. Unser Testgerät kostet 2.699 Euro. Dafür bekommt Ihr ein MacBook Pro, dass sich aktuell nur bedingt für professionelle Anwender eignet: Kameramänner, Fotografen und Co. sind auf Standard-Steckplätze und einen SD-Karten-Reader angewiesen, um Material schnell und einfach aufs Arbeitsgerät zu bekommen. Im Eifer des Gefechts, in unserem Fall sind das Messen wie der Mobile World Congress oder die CES in Las Vegas, kann dieses #DongleLife aber schnell zur kleinen Adapter-Hölle werden.
Das ist aber nur eine Momentaufnahme. Denn nach und nach wird die Industrie passendes USB-C-Zubehör liefern, werden Entwickler Anwendungen für die Touch Bar veröffentlichen. Bis es soweit ist, könnt Ihr Euer Sparschwein füttern, um bei der nächsten Generation zuzuschlagen. Mit der aktuellen ist Apple etwas zu früh dran.