Vor über 13 Jahren erschien mit "Dragon Quest 8" für die PS2 hierzulande der letzte Teil der gefeierten Rollenspiel-Serie. Mit dem neuen Teil, "Dragon Quest 11", wagt Hersteller Square Enix erneut einen Release in westlichen Gefilden. Hat sich das jahrelange Warten gelohnt, oder hinkt der Titel der Zeit hinterher? Unser Test verrät es euch!
Eigentlich läuft im Königreich Erdea alles wie geschmiert: Die Bewohner sind happy, der mildtätige und großartige König beschützt sein Volk und erfreut sich größter Beliebtheit. Diese Fassade bröckelt allerdings, als ihr auf den Plan tretet. Als Waisenkind aufgezogen offenbart euch eure Ziehmutter, dass ihr der Auserwählte seid und euch auf eine Reise ins Ungewisse begeben müsst. Der erste Weg soll heraus aus eurem Dorf zum König führen: keine gute Idee!
Ab in den Kerker
Der König ist nicht wirklich glücklich über euer Coming-Out und lässt euch in den Kerker verfrachten. Denn in seinen – von bösen Zaubern getrübten – Augen, seid ihr der Ursprung allen Übels und gehört hinter Schloss und Riegel. Immerhin lernt ihr im feuchten Keller euren ersten treuen Begleiter kennen. Dieb Erik glaubt an eure Fähigkeiten und steht euch nach einer aufreibenden Jagd aus dem Verlies mit Rat und Tat zur Seite.
Endlich Abenteuer
Von nun an seid ihr zwar immer auf der Flucht vor der Leibgarde des Königs, genießt aber gleichzeitig auch völlige Freiheit, euch in den großen ländlichen Umgebungen der Spielwelt genauer umzusehen und alles nach Truhen und Rohstoffen zu durchsuchen – auf Wunsch auf auch dem Rücken eures treuen Gauls, der per Glocke herbeigerufen werden kann. Wie in Spielen dieser Art üblich wartet in jedem Dorf und in jeder größeren Stadt eine Flut von Aufgaben, an deren Ende meist der unausweichliche Kampf mit einem bildschirmfüllenden Boss steht. Bis ihr eure Party komplett beisammen habt und es sich wirklich lohnt zu "grinden", vergehen ca. 20 Spielstunden – dann geht es in die Vollen.
Kugel-Suche
Denn dann öffnet sich die ohnehin schon recht große Welt und wird größer – viel größer. So groß, dass ihr nun auf ein Schiff angewiesen seid, welches euch in die verschiedensten Teile der Welt verfrachtet. Planlosigkeit herrscht aber glücklicherweise nie, denn die Königin der Meerjungfrauen hat immer den passenden Tipp am Start, nachdem ihr der Fischdame einen großen Dienst erwiesen habt. Zudem seid ihr nun ganz gezielt auf der Suche nach vier bunten Kristallen, die sich in eurem Besitz befinden müssen, wenn ihr das eigentliche Ziel eurer Reise erreichen wollt: den Weltenbaum Yggdrasil.
Fein gewebte Mechaniken
Zu diesem Zeitpunkt wurden euch auch schon fast alle Mechaniken vermittelt, die das Rollenspiel in den nächsten 150 Stunden für euch zu bieten hat. Natürlich dürft ihr euch die Talente eurer Mitstreiter selber aussuchen und nach und nach verbessern – auch die Figuren, die ihr nicht in der vierköpfigen Party dabei habt, leveln zusammen mit den aktiven Figuren auf – praktisch! Neben der Erkundung der weitläufigen Umgebungen, die viele Geheimnisse bereit halten (einige davon könnt ihr erst im späteren Spielverlauf "entschlüsseln") ist die Nutzung eurer Mini-Schmiede absolut unabdingbar. Die entsprechenden Rezepte, Materialien und Fokus-Punkte vorausgesetzt, schmiedet ihr hier alles was das Herz begehrt oder verbessert bereits verfügbare Ausrüstung. Hört sich einfacher an, als es letztlich ist, treibt euren Puls aber jedesmal angenehm in die Höhe. Das Mikromanagement eurer Party flutscht aber gewohnt fluffig von der Hand, neue Gegenstände auszurüsten und zu sehen, wieviel besser diese sind, ist eine Frage von Sekunden – nach dem ellenlangen Rumgefuzzel in "Divinity: Original Sin 2" eine echte Wohltat.
Und nicht nur da ist es extrem erfrischend zu sehen, dass sich "Dragon Quest" auch im elften Teil nicht versucht sich zu verbiegen, anzubiedern und euch mit einem überflüssigen Echtzeitkampfsystem zu plagen. Hier wird rundenbasiert gekämpft, wie es sich für ein Spiel dieser Art auch gehört. Dabei greifen eure Aktionen und die der mannigfaltigen Gegner perfekt zusammen und es entsteht ein schöner "Flow", der ab und zu allerdings auch mal von Bossen unterbrochen wird, die euch ein paar Bildschirmtode "spendieren" – aber auch das muss natürlich genau so sein!
Fazit: Hier stimmt einfach alles
Wenn ihr schon den ganzen Tag die Titelmusik oder Teile des famosen Soundtracks vor euch hin pfeift ist es dann abends – wenn ihr das Spiel endlich startet – so, als würdet ihr euch in eure Lieblingsdecke einkuscheln. Denn "Dragon Quest 11" ist wohl das beste japanische Rollenspiel, das seit Jahrzehnten das Licht der Spielbildschirme (und eure Augen) zum Leuchten gebracht hat. Die Identitätskrise, die mittlerweile die meisten Spiele dieser Machart befallen hat, ist hier kein Thema. Stattdessen wurden jahrelang mühsam kultivierte Spielsysteme bis ins kleinste Detail ausgearbeitet und zeugen von echter Expertise. Eure Party-Mitglieder und die unvorhersehbare und herzergreifende Story sind einsame Klasse, die riesige Spielwelt mit wunderschöner, extrem detailreicher und sehr abwechslungsreicher Optik eine für sich. Dazu dann noch das famose Art-Design aus der Feder des Anime-Genies Akira Toriyama (Dragonball) und fertig ist eine glatte Zehn. An "Dragon Quest 11" führt kein Weg vorbei – und das gilt nicht nur für Genre-Fans.
"Dragon Quest XI: Streiter des Schicksals" ist ab sofort für PC und PS4 erhältlich. Die Alterseinstufung lautet "Ab 12 Jahre". Nachfolgend noch der aktuelle Trailer: