Mit der Huawei Watch 3 hat sich der Konzern nicht nur vom Namenszusatz GT getrennt, sondern auch von Lite OS. Stattdessen kommt bei dieser Uhr nämlich das neue HarmonyOS zum Einsatz, welches schon bald auch auf den Smartphones von Huawei zu finden sein soll. Ob das neue Betriebssystem ausreicht um mit der Smartwatch-Konkurrenz von Apple und Samsung mithalten zu können, muss sich im Huawei-Watch-3-Test zeigen.
Huaweis Wearables haben in den vergangenen Jahren einige Fans gefunden. Hauptargumente für die Uhren der Chinesen waren ein schickes Design, lange Akkulaufzeiten, ein guter Preis und ausreichend Gesundheitsfunktionen. Bislang fehlte es den Smartwatches aber an echten smarten Uhren, besonders im Vergleich zum Klassenprimus Apple Watch. Mit HarmonyOS soll sich dies aber nun ändern. Ob das Huawei gelungen ist, lest ihr in unserem Test.
Inhaltsverzeichnis:
Huaweis edles Stück
Die Huawei Watch 3 bleibt dem Design ihrer Vorgänger treu. Ein rundes Watchface, eine drehbare Krone und ein zusätzlicher Knopf an der rechten Seite. So ist die Uhr, gerade mit dem passenden Ziffernblatt, auf den ersten Blick kaum von einem klassischen analogen oder digitalen Chronometer zu unterscheiden. Mit einer Breite von 46,2 mm und einer Dicke von 12,15 mm ist die Watch 3 übrigens alles andere als zierlich. Wenn euch das nicht gefällt, dann habt ihr momentan leider Pech gehabt. Denn anders als bei anderen Uhren, gibt es hier kein weiteres kleines Modell.
Der Rahmen der Watch 3 besteht aus Edelstahl, was den hochwertigen Eindruck dieser Uhr unterstreicht. Die Rückseite mit den Sensoren setzt auf Keramik, welches sich sehr angenehm auf der Haut anfühlt. So stört es auch nicht besonders, die Uhr beim Schlafen zu tragen. Vorausgesetzt das Gewicht von 54 g (plus Armband) stört euch dabei nicht. Auch das beim Testgerät mitgelieferte Flourelastomer-Armband trägt sich gut. Huawei verzichtet auf einen proprietären Befestigungsmechanismus, wodurch ihr jedes universelle Armband mit der Uhr verwenden könnt.
Besonders gut gelungen ist die Steuerung mit der drehbaren Krone. Denn das kleine 1,43 Zoll große OLED ist zwar schön scharf und gut ablesbar, aber aufgrund der Größe einfach nicht ideal für Touch-Kontrolle. Das Scrollen durch Listen erledigt nun alternativ die Krone, hier hat sich Huawei sehr sinnvoll von Apple inspirieren lassen. Auch der Druck auf das Rädchen ist erfreulich taktil, der untere Knopf hingegen fühlt sich sehr schwammig an. Hier wäre ein klarer Druckpunkt zu bevorzugen.
Die mitgelieferte Ladeschale tut ihren Zweck und hält die Watch 3 sicher an Ort und Stelle. Etwas ärgerlich ist nur, dass Kabel und Schale untrennbar miteinander verbunden sind. Ladegerät und Kabel waren bei der Watch GT 2 Pro noch getrennte Einheiten, was mir deutlich lieber war. Denn für Ausflüge musste man hier nur die kleine Ladeschale mitnehmen, das passende Kabel hatte ich sowieso für mein Handy dabei.
HarmonyOS: Software in den Kinderschuhen
HarmonyOS heißt die neue Wunderwaffe von Huawei. Das hauseigene Betriebssystem ersetzt ab der Watch 3 den Vorgänger LiteOS. Komplett neu eingewöhnen müsst ihr euch aber nicht, wenn ihr schon eine Watch GT am Arm hattet. Denn viele Menüs der Huawei Watch 3 kamen mir im Test doch sehr bekannt vor. Das ist nicht unbedingt verkehrt, denn diese waren schon bei den älteren Modellen recht übersichtlich und aufgeräumt. Jetzt hat auch noch jede App, also auch jedes Trainingsprogramm, eine eigene Kachel spendiert bekommen, was die Bedienung noch einmal intuitiver macht.
Wenn ihr möchtet, dann zeigt die Uhr Benachrichtigungen für euch an, aber das war es leider auch schon. Kurze Antworten versenden oder anderweitig auf eine Nachricht reagieren geht nicht. Eigentlich schade, da eine Software-Tastatur eigentlich unterstützt wird. Klar, für lange Antworten ist so ein Uhren-Display deutlich zu klein, aber mal schnell ein "OK", "Ja" oder "Nein" verschicken zu können, wäre schon praktisch. Vielleicht kann hier Huawei mit einem Update nachbessern, davon gab es in unserem kurzen Testzeitraum schon zwei Stück.
Apps könnt ihr nun auch über die integrierte App Gallery installieren und so den Funktionsumfang der Uhr erweitern. Bei Vergleichen mit der Konkurrenz muss sich Huawei aber noch geschlagen geben. Die Auswahl an Programmen ist in Apples und Googles Stores deutlich größer. Auch sehr beliebte Apps wie Spotify gibt es momentan nicht in der App Gallery. Gerade Musikstreaming bietet sich für die vernetzte Uhr ja eigentlich an.
Die eingebaute eSIM soll ein weiterer großer Selling Point der Uhr sein. Egal welches Modell ihr euch aussucht: Es gibt die Möglichkeit, damit ins mobile Netz einzusteigen. Für manche Leute sicher ein wichtiges Feature, aber persönlich kann ich gut mit einer Uhr leben, die sich nur per Bluetooth mit dem Smartphone verbindet. Bei anderen Herstellern kann ich dann eine Bluetooth-Version kaufen und etwas Geld sparen, diese Option bietet mir Huawei nicht. Und mit einer UVP von 369 Euro ist die Huawei Watch 3 auch nicht die günstigste Uhr am Markt.
Der Ärger um die Health-App
Auf Smartphone-Seite braucht ihr die Huawei-Health-App, um eure Watch 3 mit dem Handy zu verbinden. Diese ist bei neuen Huawei-Smartphones schon vorinstalliert, wodurch der Kopplungsvorgang in kürzester Zeit erledigt ist.
Nur nutze ich – aus guten Gründen – aber privat kein Huawei-Handy, sondern ein Smartphone mit "vollwertigem" Android 11. Und hier gibt es eine Hürde. Denn die App Huawei Health findet ihr zwar im Google Play Store, da ist diese aber hoffnungslos veraltet. Eine Verbindung mit der Watch 3 ist bei dieser Version nicht möglich. Stattdessen müsst ihr die Health-App entweder aus der Huawei App Gallery oder von der offiziellen Seite ziehen.
Gerade wer seine Apps sonst immer über den Play Store bezieht, könnte hier ins Stolpern kommen. Android-Handys warnen auch generell davor, wenn ihr euch Apps direkt herunterladet und installieren möchtet. Dafür muss zunächst das Installieren unbekannter Apps erlaubt werden, ein Schritt bei dem vorsichtige Nutzer wohl stoppen.
Läuft die App erst einmal und hat alle notwendigen Berechtigungen erhalten, dann ist Huawei Health aber immerhin eine sehr praktische Gesundheits-App. Ihr könnt hier eure Trainingseinheiten ansehen, Gesundheitsdaten angeben, Laufkurse auswählen, die Uhr mit neuen Watchfaces versorgen und einiges mehr. Die Benutzeroberfläche ist intuitiv gestaltet und alle wichtigen Daten habt ihr direkt im Blick, da gab es im Test der Huawei Watch 3 nichts zu meckern. Wenn Huawei es nicht so schwer machen würde an sie heranzukommen, dann wäre Huawei Health eine tolle App.
Huawei Watch 3 im Test: Starkes Display
Das 1,43 Zoll große Display der Huawei Watch 3 machte im Test einen sehr guten Eindruck. Dank der Auflösung von 466 x 466 stellt die Uhr alle Texte knackscharf dar, was bei so einem kleinen Bildschirm deutlich zur Lesbarkeit beiträgt. Außerdem ist das OLED-Panel auch bei Sonneneinstrahlung hell genug, um alles darauf erkennen zu können. So kann man auch einmal während des Laufs den Fortschritt checken, ohne sich vorher ein schattiges Plätzchen suchen zu müssen. Die Bedienung ist durchgehend flüssig, Ruckler habe ich im Huawei-Watch-3-Test keine erlebt.
Akkulaufzeit kann nicht überzeugen
Eines meiner Lieblingsfeatures der Watch GT 2 Pro war die sehr gute Akkulaufzeit. Ich habe keinen Nerv dafür, meine Uhr jeden Abend auf die Ladestation zu legen. Außerdem ist mir eine Schlafüberwachung sehr wichtig, was das Aufladen über Nacht sehr unpraktisch macht.
Leider konnte die Huawei Watch 3 im Test diesbezüglich nicht mit dem Vorgänger mithalten. Zumindest beim Standard-Betrieb. Wer alle Funktionen nutzen möchte, dem verspricht Huawei fünf Tage Laufzeit. Das kommt auch ungefähr hin, ist aber natürlich auch abhängig davon, wie oft man auf der Uhr herumtippt. Mit aktiviertem Always-On-Display halbiert sich die Laufzeit etwa. Bei zurückhaltender Nutzung habe ich es mit aktiviertem AOD auf ziemlich genau drei Tage ohne Ladestation geschafft.
Wem es um Laufzeit um jeden Preis geht, der nutzt den Modus "Ultralange Akkulaufzeit". Hier sind auch mal zwei Wochen ohne Steckdose drin, dafür aber auch ohne WLAN und Mobilfunk. Auch bleibt euch der Zugriff auf einige Apps verwehrt, übrig bleiben dann nur noch die Sportfunktionen. Wer also lediglich die Funktionen eines Fitnesstrackers nutzen möchte, der kann hier ordentlich Akku sparen. Wirklich smart ist die Smartwatch dann aber auch nicht mehr.
Alle wichtigen Sportfunktionen sind da
Wie alle modernen Smartwatches steckt auch die Huawei Watch 3 voller Sensoren. Blutsauerstoffsättigung, Puls und Hauttemperatur lassen sich zum Beispiel mit der Uhr überwachen. Auch die Aufzeichnung der verlaufenen Schritte und Kilometer ist kein Problem. Das schon erwähnte Schlaf-Tracking ist ebenfalls nicht zu vergessen.
Ein startendes Training erkennt die Uhr automatisch, ihr könnt aber auch einfach manuell aktivieren. Das GPS-Signal findet die Watch 3 normalerweise innerhalb von 20 Sekunden, so dass ihr fix mit eurem Workout beginnen könnt. Die angezeigte Strecke passt auch sehr gut mit der tatsächlich gelaufenen Route zusammen und auch Häuserschluchten verwirren das verbaute GPS nicht.
Ein kleiner Tipp für das erste Training: dreht die Lautstärke der Uhr herunter, am besten auf Null. Denn die Watch 3 teilt gerne allen Passanten mit, dass ihr gerade ein Training gestartet habt oder wie viele Kilometer ihr wie schnell und mit welchem Puls gelaufen seid. Diese Erinnerungen kommen in regelmäßigen Intervallen und sind eigentlich überflüssig, denn alle Informationen findet ihr auch mit einem schnellen Blick aufs Display. Wenn ihr euch aber von einer steifen Roboter-Stimme besonders angespornt fühlt, dann ist es vielleicht genau das Feature für euch.
Test-Fazit zur Huawei Watch 3
Die Huawei Watch 3 fühlt sich an wie eine aufgepeppte Version der Watch GT 2, was ich keineswegs abwertend meine. Die Benutzeroberfläche wurde deutlich verbessert und mit HarmonyOS nun um echte smarte Funktionen erweitert. Allerdings schränkt die Software die Uhr leider etwas ein, denn Huaweis Eigenentwicklung hat einfach noch nicht die Ausbreitung von watchOS und WearOS erreicht. So hat die Uhr großes Potenzial, wenn dann auch die Apps kommen.
Dank umfangreicher Fitnessfunktionen kommen Sportler bei der Watch 3 voll auf ihre Kosten. Diese können auch gerne in den sparsamen Akku-Modus schalten und so die Uhr für Wochen verwenden, ohne aufzuladen. Und die verbundene Health-App bietet einen hervorragenden Überblick über die erreichten Ziele. Einziges Problem: Wer die smarten Funktionen nicht braucht, der kann auch einfach eine Huawei Watch GT 2 kaufen und spart damit über 200 Euro.