Huawei hat sich mit seiner ersten Smartwatch Zeit gelassen und konnte aus den Fehlern der Konkurrenz lernen. Wie gut, erfahrt Ihr in unserem Test.
Smartwatches mit Android Wear haben - sofern der Hersteller nicht auf bestimmte Bauteile verzichtet - den gleichen Funktionsumfang. Die Huawei Watch kann sich also nicht mit einer besonders guten Software von anderen Smartwatches absetzen, sondern nur durch Design, Optik, Tragekomfort und ein wenig auch durch die Bedienung. Ist das gelungen?
Schweizer Uhren als Vorbild
Laut Huawei standen die traditionellen Schweizer Uhren Pate für die Huawei Watch an, die auf elegantes Design und edle Materialien setzt. So besteht das runde Gehäuse aus rostfreiem Edelstahl und steht ist in Schwarz und Roségold verfügbar. Neben dem Lederarmband bietet Huawei zwei verschiedene Metallarmbänder an, aber Ihr könnt auch jedes andere 18-Millimeter-Armband verwenden. Der Wechsel gestaltet sich dank des Verschlussmechanismus unkompliziert und benötigt kein Werkzeug.
Die runde Form des AMOLED-Displays mag zwar schick sein und die Huawei Watch wie eine analoge Uhr wirken lassen, aber praktisch ist sie nicht immer. Vor allem, wenn man Texte wie E-Mails oder WhatsApp-Nachrichten liest, bleibt links und rechts ein breiter, ungenutzter weißer Rand. Oben sowie unten werden die Worte vorne und hinten abgeschnitten. Da ist die rechteckige Form der Asus Zenwatch oder der Apple Watch praktischer.
Die Huawei Watch mag dick und klobig wirken, an meinem Handgelenk wird sie aber zu einer typischen Uhr. Doch dünner dürfte mein Arm nicht sein. Sie trägt sich bequem, ist nicht zu schwer und kommt auch bleibt nicht in den Bündchen von Jacken oder Pullovern hängen. Das Lederarmband ist anfangs noch etwas steif, schmiegt sich aber nach zwei Tagen bequem an meine Haut.
Für den 1,4 Zoll großen Touchscreen der Huawei Watch ist die Auflösung von 400 x 400 Pixeln völlig ausreichend. Die Inhalte sind detailreich und lassen sich gut ablesen. Mich stört allerdings, dass bei Weiß als Hintergrundfarbe die Ränder des Displays farblich ausfransen. Das sieht aus wie eine Störung oder ein Defekt, liegt aber wahrscheinlich daran, dass die Pixel auf dem Display nicht rund angeordnet sind und so nicht 1:1 zu den Schnittkanten des Saphirglases passen. Auf Fotos lässt sich dieser Effekt leider nicht festhalten und demonstrieren. Ebenfalls nicht schön: Schon bei relativ kleinen Betrachtungswinkeln verfärbt sich das Display grünlich.
Wozu überhaupt eine Smartwatch
Eine Smartwatch ist für mich eine Erweiterung des Smartphones, das ich nicht jedes Mal aus der Tasche holen muss, wenn es vibriert, sondern auf der Uhr sehen kann, ob die E-Mail, SMS oder Chat-Nachricht wichtig ist und sie sogar komplett lesen kann. Die Huawei Watch verfügt über einen Vibrationsmotor und weist mich so dezent auf neue Benachrichtigungen hin. Grundsätzlich zeigt sie die gleichen Benachrichtigungen wie mein Smartphone an, in den Einstellungen der Uhr kann ich das aber noch etwas gezielter einschränken.
Unterschiede gibt es beim Umfang, was Ihr nach der Benachrichtigungen machen könnt: Einige Apps zeigen nur Benachrichtigungen an und lassen sich auf dem Smartphone öffnen, bei anderen könnt Ihr dagegen mehr machen. E-Mails oder SMS lassen sich löschen, archivieren oder sogar beantworten. Bei Spotify oder Google Musik verändert Ihr die Lautstärke, springt zum nächsten Song oder wählt einen neuen Titel aus. Bei Runtastic startet und beendet Ihr die Aufzeichnung einer Aktivität, ohne das Smartphone aus der Tasche zu holen - und bekommt nebenbei noch die aktuellen Daten anzeigt. Google Maps zeigt nicht nur ein Karte, sondern nutzt die Smartwatch in sehr minimalistischer Form auch zur Navigation.
Will ich auf eine SMS oder E-Mail antworten, kann ich je nach verwendeter App auf Kurzantworten zurückgreifen. Sind die nicht vorhanden bietet mir Android Wear noch an Emoji zu zeichnen und natürlich kann ich die Sprachsteuerung nutzen, um eine Antwort zu diktieren - die Spracherkennung funktioniert wirklich gut. Allerdings bin ich nicht der Mensch, der in einer vollen S-Bahn mit seiner Uhr spricht.
Apropos Sprachsteuerung: Diese startet Ihr auch auf der Huawei Watch mit "OK Google" und könnt direkt SMS oder E-Mails versenden, Notizen oder Erinnerungen anlegen, Timer und Wecker stellen sowie eine Navigation starten.
(K)ein Fitnesstracker
Die Huawei Watch verfügt zwar über einen Bewegungs-, einen Beschleunigungs- und einen Herzfrequenzsensor, der nicht dauerhaft, sondern nur auf Knopfdruck misst, kann in meinen Augen aber nur bedingt einen Fitnesstracker ersetzen. Mit Google Fit zählt die Smartwatch zwar im Alltag meine Schritte, aber beim Sport würde ich die edle Uhr nicht tragen.
Display auch mal abschalten
Huawei gibt die Laufzeit des 300-mAh-Akkus der Huawei Watch mit anderthalb Tagen an. Dieser Wert ist durchaus realistisch, aber nur wenn Ihr das Display nicht dauerhaft einschaltet. Als ich ein schönes Ziffernblatt die ganze Zeit sehen und zeigen wollte, hielt die Batterie nur einen halben Tag. Mit der stromsparenden Einstellung hatte ich nach einem Tag immer noch zwischen 40 und 50 Prozent Akku übrig. Das bedeutet am Ende aber auch, dass Ihr die Smartwatch genau wie Euer Smartphone jeden Abend aufladen müsst, damit sie den ganzen nächsten Tag durchhält. Falls Ihr mal wenig Zeit zum Aufladen habt, dürfte Euch freuen, dass der Akku dank Schnellladefunktion in 45 Minuten zu 80 Prozent geladen sein soll.
Habt Ihr Euch entschieden, das Smartwatch-Display zwischendurch Schwarz werden zu lassen, könnt Ihr es nicht nur über den Knopf an der Seite - der Euch als Homebutton immer wieder zum Startbildschirm führt - einschalten. Es reicht auch den Arm so zu drehen, dass Ihr den Bildschirm vor Augen hat. Die Huawei Watch erkennt diese Bewegung zuverlässig und schaltet das Display dann ein.
Als ich die Huawei Watch trug, beschwerten sich Freunde und Verwandte bei mir, dass die eingehenden Benachrichtigungen, die ich in dem Moment gar nicht beachtet hatte, so unfreundlich wären, als wenn ich mein Smartphone auf dem Tisch liegen hätte und ständig drauf schauen würde. Genau für solche Momente lohnt es sich, auf der Huawei Watch vom oberen Rand nach unten zu wischen. Dort könnt Ihr nämlich auswählen ob die Smartwatch alle, nur die wichtigen oder gar keine Benachrichtigungen anzeigt. Mit einem Wisch von rechts nach links landet Ihr im Kinomodus, der die Uhr nicht nur beim Film ruhig stellt.
Schick, aber teuer
Die Huawei Watch läuft mit Android Wear und funktioniert deswegen mit Smartphones auf denen mindestens Android 4.3 oder iOS 8.2 läuft. Die Variante mit Edelstahl-Gehäuse und Lederarmband kostet regulär 399 Euro. Für ein Edelstahlarmband müsst Ihr 50 oder 100 Euro drauflegen.
Die Huawei Watch ist definitiv eine sehr schöne, wenn nicht sogar aktuell die schönste Android-Smartwatch überhaupt. Trotzdem ist bei Ihr nicht alles perfekt. Beim Funktionsumfang gibt es quasi keine Unterschiede zu anderen Smartwatches mit Android Wear. Für das, was ich mit einer Smartwatch mache, sind 400 Euro ein stolzer Preis.