Wenn Ihr ein Android-Smartphone besitzt, dann habt Ihr bestimmt schon davon gehört, dass man alternative Betriebssysteme aufspielen kann. Das wohl bekannteste und meistverbreitete ist CyanogenMod. Ihr wisst gar nicht so genau, was das eigentlich ist, welche Vorteile das "andere Android" hat und wie Ihr es auf Euer Gerät bekommt? In unserer Anleitung für Neulinge erklären wir alles Wissenswerte zu diesem Thema.
1. Was ist ein Custom Rom?
"Das Android-Betriebssystem ist von Google" - das habt Ihr bestimmt schon mal gehört. Eine große Besonderheit daran ist aber, dass Google den Quellcode offen gelegt hat. So kann sich jeder Hersteller oder Entwickler diesen nehmen, modifizieren und als eine eigene Android-Version veröffentlichen. Auch beispielsweise Samsung macht das so und ergänzt das Betriebssystem um eigene Apps, Funktionen und eine grafische Oberfläche. Neben den großen Firmen entwickeln aber auch einzelne Leute oder Gruppen an alternativen androidbasierten Betriebssystemen. Zu diesen sogenannten "Custom Roms" oder auch "Custom Firmwares" zählen beispielsweise Paranoid Android oder CyanogenMod.
Diese gibt es für nahezu jedes Android-Gerät und bieten den Nutzern oft gewisse Vorteile. Beispielsweise wenn der Hersteller "ältere" Geräte nicht mehr mit der aktuellen Android-Version versorgt. Da die alternativen Betriebssysteme von Nutzern für Nutzer gemacht werden, gibt es, so lange das Gerät technisch gut genug ist, fast immer jemanden, der die neusten Funktionen für Euer Smartphone zusammenbaut. Da das Update auf die neuste Android-Version auf offiziellen Weg immer eine ganze Weile dauert, sind die pfiffigen Entwickler meist schneller. Und so habt Ihr mit einem Custom Rom die neuen Funktionen unter Umständen eher als Eure Freunde mit dem ausgelieferten Betriebssystem.
Custom Roms bringen im Vergleich zum vorinstallierten Android außerdem oft erweitere Funktionalitäten, ein alternatives Aussehen, flüssigere Bedienung und eine schlankere Installation mit sich. Dadurch werden die Geräte oft schneller und haben mehr Speicherplatz.
2. Und was ist die CyanogenMod?
Auch die CyanogenMod, oft einfach als CM abgekürzt, ist ein Custom Rom. Ihr Name setzt sich aus den Spitznamen Ihres Entwicklers Steve "Cyanogen" Kondik und der Abkürzung "Mod" für Modification zusammen. Achtung: Nicht verwechseln mit "Cyanogen OS" - das ist eine kommerzielle Version.
CM ist derzeit die bekannteste, meistverbreitete Custom Firmware für Android-Geräte. Eine zeitlang kam sie sogar als vorinstalliertes Betriebssystem auf dem OnePlus One zum Einsatz. CyanogenMod gibt es aber nicht nur für Smartphones. Auch für Tablets, Ebook-Reader und Smartwatches wird des Öfteren eine Betriebssystem-Version erstellt.
Die mit Ordnungsnummern versehenen unterschiedlichen Versionen der CyanogenMod basieren auf den verschiedenen Android-Versionen der vergangenen Jahre, die Nummern sind dabei analog zur Position der Buchstaben mit denen die Android-Variante bezeichnet wird, gewählt: CM 10.1, 10.2 und 10.3 basieren auf Android 4.1 bis 4.3 Jelly Bean, CM 11 auf Android 4.4 Kitkat, CM12 auf Android Lollipop und die aktuelle Version, CyanogenMod 13, auf Android Marshmallow. Das kommende Android Nougat werdet Ihr dann in CyanogenMod 14 wiederfinden.
Daneben gibt es noch diverse, unterschiedlich stabile Versionen der CyanogenMod: Die sogenannten "Experimental-" und "Nightly-Builds" sind sehr frühe, unfertige und instabile Firmwares, an denen noch gearbeitet wird. Die "Milestone/Snapshot-Releases" sind bereits größtenteils alltagstauglich, während die "Release Candidate (RC)-" und "Stable-"Versionen quasi "fertig" sind (Bugfixes und Updates werden weiterhin ausgeliefert).
Mit dem im Mai 2014 veröffentlichten M6-Build von CM 11 wurden die RC- und Stable-Versionen allerdings abgeschafft. Fortan wird es nur noch M-Versionen der CyanogenMod geben, die aber weiterhin den jeweils stabilsten und finalsten Stand der Dinge abbilden.
3. Warum sollte ich CyanogenMod statt meiner originalen Firmware nutzen?
Die Vorteile von CM sind vielfältig: Ausgehend von der vorinstallierten Software des Geräteherstellers kann es sein, dass die verfügbare CM-Variante auf einer neueren Android-Version basiert und damit neue, verbesserte oder in puncto Sicherheit optimierte Features auf das Smartphone bringt.
Oft haben wir auch gehört, das Nutzer mit der vorinstallierten Android-Version unzufrieden sind, weil viele Apps überflüssig sind oder die grafische Oberfläche nicht gefällt bzw. viel Leistung zieht. Auch in diesem Fall stellt CM eine sinnvolle Alternative mit unter Umständen flotterer Bedienbarkeit und einem Design, das näher an einem "unbehandeltem" Android dran ist, wie es auf den Nexus-Geräten zum Einsatz kommt.
Dennoch ist die CyanogenMod nicht gleich Vanilla-Android, sondern weist zahlreiche Features auf, die sich in der puren Google-Variante und zum Teil eben auch in den Hersteller-Software nicht finden: So verfügt CM über eine Theming-Engine, mit der sich der Look der Oberfläche komfortabel verändern lässt, der Trebuchet-Launcher punktet mit zahlreichen Einstellungs- und Individualisierungsoptionen, Möglichkeiten der Kontrolle von Apps hinsichtlich von Datenschutz-Bedenken, FLAC-Audio-Support, Overclocking und zahlreichen weiteren Apps und Features. Außerdem bringt CM keine Bloat- oder Sypware auf Euer Gerät, und selbst die Google Apps werden standardmäßig nicht mitinstalliert, was Google-kritischen Nutzern entgegenkommen dürfte. Vor- und Nachteile des Betriebssystems haben wir Euch am Beispiel des OnePlus 3 aufgeschrieben.
4. Ist die Installation von CM gefährlich?
Die Neuinstallation einer Firmware, Neudeutsch auch "Flashen" genannt, ist nie ganz risikofrei: Schiefgehen kann theoretisch immer etwas und dadurch etwas komplizierter werden, bis Euer Gerät wieder mit der ursprünglichen oder dann eben doch mit CM läuft. Im allerschlimmsten Fall kann ein Smartphone beim Flashen auch "gebrickt" werden, also zu einem völlig unbrauchbaren "Ziegelstein" mutieren.
In der Regel geht aber nichts schief, wenn Ihr Euch beim Vorgang strikt an die Vorgaben haltet und jeden Eurer Schritte aufmerksam überprüft. Flashen durch den Nutzer ist zwar von den Geräteherstellern einfach aus wirtschaftlichen Gründen nicht gerne gesehen — schließlich wollen die nicht Geräte reparieren oder zurücksetzen müssen, die unbedarfte Nutzer falsch geflasht haben — weswegen die meisten angeben, die Garantie in solchen Fällen zu verweigern (Samsung hat gar inzwischen Hardwaremechanismen verbaut, um nachprüfen zu können, ob ein Gerät vormals geflasht wurde). Es gibt aber auch Hersteller, die damit kein Problem haben wie zum Beispiel OnePlus oder Lenovo bei seinen aktuellen Moto G4 Smartphones.
Dennoch ist der Vorgang, der theoretisch übrigens dem Aufspielen eines neuen Betriebssystems auf einen PC oder Laptop sehr gleicht, keineswegs etwas, das sich verrückte Hacker ausgedacht haben: Da ein Smartphone im Prinzip ein kleiner Computer mit BIOS, RAM, Festplatte und Betriebssystem ist - nur ohne Maus und Tastatur auskommen muss - ist das Aufspielen einer Firmware eigentlich etwas ganz Natürliches — was übrigens zumindest teilweise vollautomatisch geschieht, wenn Ihr Euer Gerät auf Werkseinstellungen zurücksetzt oder ein großes Update des Herstellers aufspielt.
5. Und wie bekomme ich nun CM aufs Smartphone? Alles, was ich bislang dazu gehört habe, klingt furchtbar kompliziert ...
Das Flashen der CyanogenMod ist gar nicht so kompliziert. Im Netz findet Ihr für nahezu jedes Gerät detaillierte Schritt-für-Schritt-Anleitungen wie Ihr das alternative Betriebssystem auf Euer Smartphone bekommt. Am Beispiel des OnePlus 3 haben wir Euch einen Tutorial-Artikel geschrieben und ein Video bereitgestellt, das die Schritte nacheinander durch geht.
Vorab aber noch ein wichtiger Hinweis: Beim Flashvorgang wird Euer Gerät komplett gewipet, sprich, alle darauf gespeicherten Daten und Einstellungen werden gelöscht. Ihr solltet also vor dem Flashen prüfen, welche Eurer Daten - wie zum Beispiel Kontakte, Bilder, Musik, Dokumente oder App-Einstellungen - nicht in der Cloud oder auf einem anderen Gerät gespeichert sind, und diese sichern: beispielsweise per Export auf die SD-Karte, mit einem USB-Kabel auf den PC oder eben in einen Cloudspeicherdienst. Nach der Installation von CM fangt Ihr jedenfalls auf einem softwareseitig fabrikneuen Gerät an.
6. CM ist drauf — aber wo sind die Google-Apps?
Die Google-Apps, wie Gmail oder auch Maps, sind von Haus aus nicht auf einer frischen CM-Installation zu finden. Das hat rechtliche Gründe. Zwar ist Android quelloffen, nicht aber die mobilen Anwendungen von Google. Und weil Mountain View etwas dagegen hatte, dass seine Apps gleich mit der CyanogenMod vertrieben werden, müsst Ihr sie nachträglich installieren. Oder Ihr freut Euch darüber, dass Ihr ein Android-Betriebssystem gefunden habt, das Ihr ohne Google benutzen könnt.
Solltet Ihr die Google-Apps benötigen, könnt Ihr sie einfach herunterladen und per USB-Kabel auf Euer Smartphone ziehen. Startet das Handy dann im Recovery-Modus neu und flasht die Google-Apps drauf. Wie das geht, steht auch in unerem Tutorial-Artikel am Beispiel des OnePlus 3. Nach einem Neustart sind dann die Apps vorhanden.
7. Bekomme ich eigentlich automatisch Updates für das ROM?
Jein. Seit Version 10 verfügt CM in den offiziellen Versionen über ein integriertes Update-Modul, das Euch auf neue Versionen der Firmware hinweist. Kommt es aber zu einem größeren Versionssprung, kann es aber Probleme mit den GApps geben. In diesem Fall wird dann ein manuelles Flashen der neueren CustomRom empfohlen. Das funktioniert wie die Installation der GApps per Recovery, setzt meist allerdings ein Wipen des Gerätes voraus. Dadurch gehen wiederum sämtliche Daten auf dem Gerät verloren — hier ist also wieder Sichern angesagt.
Habt Ihr allerdings eine inoffizielle CyanogenMod-Version auf Eurem Gerät installiert, kann es sein, dass Ihr jedes Update manuell flashen müsst.
Habt Ihr noch Fragen, Anregungen oder Kritik? Dann ab damit in die Kommentare. Wir sind gespannt auf Euren Input, aber auch auf Eure Erfahrungen und Tipps.