iMessage für Android? Mit Chat revolutioniert Google die SMS

Google Messenger, Pixel 2
Google Messenger, Pixel 2 (© 2018 CURVED )
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Google Chat? Abgeschaltet! Hangouts? Ein Reinfall! Allo? Kaum Nutzer! Wenn es um Messenger geht, musste Google in den letzten Jahren einen Rückschlag nach dem anderen hinnehmen. Der SMS-Ersatz Chat soll nun endlich ein Erfolg werden – mit ungewöhnlichen Mitteln.

Wenn es etwas gibt, was Android-Nutzer neidisch auf iPhone-Besitzer schielen lässt, dann vielleicht das: In iOS ist der Nachrichten-Service iMessage integriert, der es Nutzern einfach erlaubt, jedem Kontakt eine Nachricht zu schreiben. Hat der Gegenüber auch ein iPhone, könnt ihr mittlerweile Bilder, Songs aus Apple Music oder Spotify, GIFs und Videos verschicken, ansonsten wird die Nachricht in eine SMS umgewandelt. Farblich unterscheidet das iPhone-Betriebssystem iOS das in Blau (iMessage) und Grün (SMS).

Android hat ein historisches Problem

In Android ist das direkt nach dem ersten Einschalten des Smartphones nicht ganz so einfach. Zwar hat auch Google eine Nachrichten-App integriert, über die ließen sich bis zuletzt aber nur SMS und MMS an Kontakte verschicken. Die Formate sind althergebracht und kosten, je nach Tarif, zusätzlich Geld. Alternativen wie WhatsApp, der Facebook Messenger, Telegram oder Signal haben sich längst etabliert.

Aber auch hier gibt es das Problem: Der Nutzer muss erst einmal herausfinden, mit welcher App der Freundeskreis bevorzugt kommuniziert. Der eine mag nur den Facebook Messenger, die nächste kann WhatsApp nicht ausstehen, wieder ein anderer schwört auf Telegram und nichts anders. Mutti erreicht man ohnehin nur mit der althergebrachten SMS. Zwar hat Google in der Vergangenheit schon versucht, dem mit Apps wie Hangouts oder Google Allo entgegenzuwirken. Fans hat das Unternehmen damit vergleichsweise wenige gefunden. Ein Beispiel: Während WhatsApp weltweit auf über einer Milliarde zum Einsatz kommt, fristet Allo mit rund 50 Millionen Nutzern ein Nischendasein. Und das, obwohl die App mittlerweile auf jedem neuen Android-Gerät vorinstalliert ist.

Chat ist keine neue App, aber eine Lösung

Damit sich das in Zukunft ändert, hat sich Google etwas einfallen lassen. Wie The Verge exklusiv berichtet, hat sich das Unternehmen mit elf Smartphone-Herstellern, darunter LG, Samsung, HTC und Lenovo, und 55 Mobilfunkanbietern weltweit über einen neuen Standard geeignet. Der heißt, um es allen so einfach wie möglich zu machen, schlicht "Chat", basiert aber aber auf dem Standard "Universal Profile for Rich Communication Services", oder kurz RCS. Dieser erlaubt es Nutzern ebenfalls, Bilder, Sticker, Emojis und Co. zu verschicken.

Google RCS
Googles Nachrichten-App mit Chat-Unterstützung. (© 2018 Google )

Im Klartext: Chat wird keine neue App werden, sondern ein Standard, auf den sich viele Unternehmen geeignet haben und der einfach mit der integrierten Nachrichten-App in Android und dem auf Samsung-Galaxy-Geräten installierten Pendant funktionieren wird. Wann das für euch der Fall sein wird, das lässt sich allerdings nicht universell sagen. Darüber haben die jeweiligen Mobilfunkanbieter und nicht Google die Kontrolle.

"Kein Fünf-Jahres-Plan."

Anil Sabharwal, der bei Google (neben Google Fotos) für das Projekt verantwortlich ist, verspricht allerdings gegenüber The Verge: "Das ist kein Drei- bis Fünf-Jahres-Plan." Stattdessen sollen Android-Nutzer in den "nächsten paar Jahren" auf den Service zurückgreifen können. Um das zu gewährleisten und um den Service mit neuen Funktionen zu verbessern, wird Google die Arbeit an seinem aktuellen Messenger, Allo, vorerst einstellen. Nutzer bekommen zwar noch Support-Updates, aber keine neuen Funktionen. Ob sich das je wieder ändert, bleibt erstmal offen. Allzu viele Hoffnungen solltet ihr euch aber wohl nicht machen.

Wie funktioniert Chat?

Chat wird die handelsübliche SMS ersetzen. Heißt: Versendet ihr über die Nachrichten-App eine Nachricht, die Fotos, Emojis oder schlicht mehr als 160 Zeichen enthält, verschickt ihr sie über eure mobile Datenleitung und nicht als SMS. Genau wie bei WhatsApp wird statt eures SMS-Kontos also euer Datenvolumen belangt. Mit einer Ausnahme: Hat der Empfänger keinen Zugriff auf Chat, weil sein Telefon den Standard nicht unterstützt, bekommt er weiterhin eine handelsübliche SMS. In dem Fall seid ihr also weiterhin auf WhatsApp angewiesen.

Zum Start wird Googles Nachrichtendienst auch Gruppenchats und den Versand von Audionachrichten unterstützen. Für später sind laut The Verge auch die Integration von GIFs, der Google Suche und dem Google Assistant denkbar. Ebenfalls denkbar ist, dass ihr über Chat auch Zugriff auf "Smart Replies" habt. Auf Basis der eingegangenen Nachricht erhaltet ihr den passende Antwortvorschläge, die ihr nur antippen müsst. Darüber hinaus wird es, ähnlich wie bei WhatsApp Web eine Desktop-Anwendung geben, über die ihr euch mit einem QR-Code anmelden könnt.

Ein riesengroßer Nachteil

Eine Frage bleibt offen: Was passiert eigentlich mit dem iPhone? Die Nachfrage von The Verge, ob auch Apple den neuen Standard unterstützen werde, kommentierte das Unternehmen nicht. Es gelte aber als wahrscheinlich, dass Apple den Standard adaptieren werde.

Die Causa iPhone ist aber nicht der größte Nachteil an Chat. Genau wie SMS- werden auch Chat-Nachrichten nicht Ende-zu-Ende-verschlüsselt verschickt und sind dadurch von Dritten abfangbar und relativ leicht lesbar. In der heutigen Zeit eigentlich ein No-Go. Mittlerweile sind unter anderem Nachrichten in WhatsApp, Threema aber auch in iMessage verschlüsselt. So wird aus der neuen Messenger-Alternative ein Werkzeug, das mit Vorsicht zu genießen ist.

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