Als Vorbesteller habe ich die Nintendo Switch seit Tag eins in Benutzung. Wie steht es nach fünf Monaten um die Abnutzung der Konsole? Was taugt die Hardware auf Dauer? Überzeugt das Spieleangebot? Und wo muss der Hersteller nachbessern. Zeit für ein Fazit.
So viel vorweg: Ich bereue es nicht, die Switch gekauft zu haben. Am Anfang habe ich sie nur sporadisch benutzt, weil mich "Zelda" recht schnell langweilte. Doch seit "Mario Kart" habe ich sie auf jeder Reise dabei. Die hybride Konsole aus Dock und Handheld ist in meinen Augen Nintendos bislang beste Idee seit der Erfindung von Super Mario. Aber dennoch gibt es einige Punkte, bei denen Nintendo langsam mal nachbessern müsste.
Hardware und Ausstattung: Was taugt, was fehlt?
Wir Journalisten meckern gern über "zu niedrige Auflösungen" oder "zu schwache Prozessoren". Diese Kritik ist wichtig und auch gerechtfertigt. Wenn ich meine Switch aber jetzt losgelöst davon einfach aus der Alltagsnutzung heraus betrachte, ist das Konzept von Nintendo genial. Zocke ich zu Hause, liegt die Switch im Dock und lädt auf. Auf dem Weg zur Arbeit nehme ich sie einfach mit und spiele weiter. Schneller geht es nicht.
Die eigentlich recht niedrige Bildschirmauflösung von 1280 x 720 Pixeln reicht mir für unterwegs. Steckt die Konsole im Dock, reicht die Full-HD-Auflösung (1920 x 1080 Pixel) immer noch für die dargestellte Grafik aus. Klar, ein "GTA 5" würde ich so nicht spielen wollen. Aber dafür habe ich auch meinen Gamer-PC.
Bei der Akkulaufzeit war ich zunächst enttäuscht, als ich hörte, dass ich gerade mal drei Stunden am Stück zocken kann. Doch im Alltag hat mir das bislang immer gereicht. Und war der Akku doch mal leer, konnte ich die Konsole über meine Powerbank aufladen. Dank USB-Typ-C-Anschluss kann ich sogar mein Handykabel dafür nehmen.
Die Leistung der Konsole geht ebenfalls in Ordnung. Kein Spiel ruckelt mehr, alles läuft flüssig. Allerdings gingen mir bei "The Legend of Zelda: Breath of the Wild" Treppeneffekte, Kantenflimmern und die fehlende Weitsicht schon auf die Nerven. Hier hätte eine bessere Ausstattung trotz niedrigerer Auflösung für ein schöneres Bild gesorgt. Bei der Hardware vermisse ich im Alltag außerdem essentielle Sachen:
- LAN-Anschluss: Ich lebe in Berlin und habe nicht unbedingt das stärkste und stabilste WLAN-Netz. Klar kann ich einen LAN-Adapter per USB anschließen. Doch unter die hintere Abdeckung passt dieser nicht. Stecke ich ihn an den äußeren Port, sieht das Konstrukt nicht gerade ästhetisch aus.
- Joy-Cons: Was mich nach wie vor nervt, ist das schlechte Design der Buttons und Sticks der Nintendo-Controller. Die Idee ist eigentlich richtig gut: abnehmbare Controller, die ich einzeln verwenden oder zusammen am Handheld nutzen kann. Doch spiele ich zum Beispiel "Mario Kart" gegen einen Freund und halte somit nur einen Joy-Con im waagerechten Format, sind die Knöpfe der Controller einfach zu klein. Außerdem klappern die Schultertasten. Ich konnte mich inzwischen daran gewöhnen, aber gut fühlt es sich trotzdem nicht an.
- (Bluetooth)-Kopfhörer: Der Kopfhöreranschluss befindet sich nur am Tablet. Eine Möglichkeit, die Kopfhörer in einen Controller zu stecken und so den Ton auszugeben, gibt es nicht. Wollt Ihr also vom Sofa aus zocken, ohne dass alle mithören müssen, braucht Ihr ein sehr langes Kabel. Und wenn Ihr zu zweit mit je einem Joy-Con an der Konsole spielt, braucht Ihr entweder einen Y-Adapter, damit jeder von Euch seine Kopfhörer anschließen kann, oder Ihr teilt Euch ein InEar-Paar. Die Lösung wäre das Koppeln eines Bluetooth-Headsets - doch das bietet Nintendo nicht an. Den Standard unterstützt die Switch zwar, doch lediglich für die Verbindung zu den Joy-Cons.
- Software: Es gibt keine Möglichkeit über die Konsolen mit Freunden zu chatten. Stattdessen müssen Spieler auf eine mittelmäßige App auf dem Smartphone oder Tablet zurückgreifen. Mit "Splatoon 2" ist jetzt - fünf Monate nach Release der Konsole - das erste Spiel für die Nintendo Switch erschienen, das die App "Nintendo Switch Online" unterstützt. Neben der fragwürdigen Tatsache, dass Nintendo den Voice-Chat-Service überhaupt auf ein zweites Gerät ausgelagert hat, nervt die Funktionsweise der App extrem. Denn: Die Software muss im Vordergrund laufen. Minimiert Ihr sie oder wollt mal schnell eine WhatsApp-Nachricht lesen, fliegt Ihr aus dem Chat. Auch schade, dass das Onlinespielen ab nächstem Jahr wie bei Sony und Microsoft Geld kosten soll. Die Kosten liegen bei vier Euro (pro Monat) bis 20 Euro (pro Jahr). Immerhin sollen Abonnenten dann jeden Monat ein Retro-Spiel von alten Nintendo-Konsolen per Emulator auf der Switch spielen können.
Wie ist es mit der Abnutzung?
Gleich vorab: Ich gehe mit meinen Sachen sehr sorgfältig um. Dennoch gibt es bei der Switch ein paar Kleinigkeiten, die sich nach fünf Monaten abzeichnen.
- Das Dock: Ich bin viel unterwegs und pendle regelmäßig zwischen Berlin und Hamburg hin und her. Im Koffer oder Rucksack steckt das Dock ohne richtige Hülle. Das hat mir schon eine tiefe Schramme eingebracht. Zerkratzt ist es inzwischen auch. Trotzdem funktioniert es einwandfrei.
- Das Tablet: Viele von Euch berichten von unschönen Kratzern, die am Tablet entstehen, wenn man den Steckmechanismus im Dock nicht richtig trifft. Mir ist das noch nicht passiert, aber eine Filzverkleidung im Inneren des Docks könnte hier Abhilfe schaffen.
- Die Joy-Cons: Fast hätte ich zwei Joy-Cons eingebüßt als auf einer Party ein Kumpel die Slider für die Handgelenkriemen falsch herum angesteckt hat. Die Metallschienen verkeilten sich, nur mit extrem viel Kraft konnte ich sie nach einiger Zeit wieder lösen. Dass es überhaupt möglich ist, die Schienen falsch herum ineinander zu stecken, ist ein klarer Designfehler. Davon abgesehen haben meine Controller keine Abnutzungserscheinung. Der Gummiüberzug auf den analogen Sticks ist im Gegensatz zum PS4-Controller noch unbeschädigt.
Überzeugt das Spieleangebot?
Der größte Kritikpunkt an Nintendos Hybrid-Konsole waren das geringe Spieleangebot. Zu Beginn gab es eigentlich nur "The Legend of Zelda". Wer jetzt nicht der große Fan der Reihe ist, konnte damit nicht so viel anfangen. Jetzt gibt es "Mario Kart 8". Das ist zwar nur eine Neuauflage des WiiU-Spiels, macht aber dennoch extrem viel Spaß. Vor Kurzem ist mit "Splatoon 2" der Nachfolger des farbenfrohen Mehrspieler-Shooters erschienen, der für viele lustige Runden sorgt. Aufbau-Fans können mit "Minecraft" nun auch auf der Nintendo Switch ihre Welten erschaffen. Tolle Indie-Spiele haben inzwischen ebenfalls Einzug auf der Hybrid-Konsole gehalten: "Little Inferno", "Oceanhorn", "Human Resource Machine" und "Overcooked" sind starke Spiele, die Ihr unbedingt mal ausprobieren solltet.
Die nächsten vielversprechenden Titel stehen auch schon in den Startlöchern: Am 29. August erscheint das Strategiespiel "Mario+Rabbids: Kingdom Battle", bei dem Ihr Nintendo-Charaktere und die Rabbids von Ubisoft taktisch im Kampf über ein Spielfeld schicken müsst. Am 12. September folgt dann die Neuauflage des Jump'n'Runs "Rayman Legends" (Definitve Edition). Ein Muss für alle, die es noch nicht gespielt haben und auf diese Art Spiele stehen. Für Herbst sind noch ohne Datum das Basketballspiel "NBA 2K18", das Brettspiel "Monopoly" und das Farmspiel "Stardew Valley" angekündigt. Am 27. Oktober erscheint dann Nintendos Highlight des Jahres: "Super Mario Odyssey", das neue hauseigene Open World Mario-Spiel. Danach ist aber noch nicht Schluss: "Fifa 18" und "Rocket League" sollen auch in diesem Jahr noch auf der Switch landen.
Fazit: Es wird!
Das Konzept der Konsole ist zu gut, um sich nicht auf Dauer zu etablieren. An vielen Stellen muss Nintendo noch nachbessern, als Begleiter auf Reisen macht das Gadget aber bislang eine sehr gute Figur. Auch wächst das Spieleangebot derart, dass die Konsole auch für Nicht-Hardcore-Nintendo-Fans interessant wird.
Das größte Manko ist aber nach wie vor der hohe Anschaffungspreis von 330 Euro. Wer vor allem gerne unterwegs Nintendo-Spiele zocken will und auf die Hybrid-Funktion verzichten will, kann momentan noch gut auf den neuen Nintendo 2DS XL ausweichen, der nur die Hälfte kostet.