Weniger als ein Prozent Marktanteil und fast 8,5 Milliarden Dollar Verlust: Es sieht nicht gut aus für Windows 10 Mobile und die Lumia-Smartphones. Plan A und B haben nicht funktioniert. Doch Microsoft gibt nicht auf und konzentriert sich auf seine Stärken.
Im ersten Quartal 2016 sank der Marktanteil der verkauften Smartphones mit Windows 10 Mobile auf unter ein Prozent. 0,7 Prozent, um genau zu sein. Verschwindend gering und für den Marktführer im Desktop-Bereich seit über 20 Jahren kein Zustand. Ende Mai 2016 beendete Microsoft quasi sein Kapitel als Smartphone-Hersteller infolge der Übernahme der Smartphone-Sparte von Nokia und zahlte nicht nur den Kaufpreis von 7,2 Milliarden Dollar, sondern verbuchte auch Verluste in Höhe von fast 8,5 Milliarden Dollar. Doch verabschieden will sich Microsoft dennoch nicht aus dem Mobilbereich, sondern konzentriert sich auf seine Stärken, um den Marktanteil von Windows 10 Mobile zu vergrößern.
Fokus auf das Kerngeschäft
Bei dieser Bilanz reicht ein einfaches "Weiter so" nicht mehr. Deswegen trennt sich Microsoft unter anderem von Altlasten. Was etwas makaber klingt, wenn damit gemeint ist, dass in mehreren Wellen die 25.000 Mitarbeiter entlassen wurden, die mit der Nokia-Übernahme Angestellte des Windows-Konzerns wurden. Auf der anderen Seite verkaufte Microsoft vor Kurzem den "Feature Phone"-Bereich aus der Nokia-Masse für 350 Millionen Dollar an das Foxconn-Tochterunternehmen FIH Mobile.
Mit Kürzungen und Verkäufen alleine spart man vielleicht Geld, baut sich aber langfristig keine bessere Marktposition auf. Hierfür muss Microsoft neue Nutzer für sein mobiles Betriebssystem und die eigene Hardware begeistern. Dabei setzt das Unternehmen auf seine Kernkompentenzen und hofft, aus der engen Verbindung mit der Desktop-Version von Windows zu profitieren. Das lässt sich aus einer internen Mitteilung von Terry Myerson, Microsofts leitender Manager für Windows und Geräte, über die Neustrukturierung der Smartphone-Sparte herauslesen.
Für Myerson sind Universal-Apps der wichtigste Baustein. Sie ermöglichen es, Entwicklern mit wenig Aufwand ein Programm für alle Windows-Geräte zu programmieren – egal ob es ein All-in-One-PC auf dem Schreibtisch, ein Tablet oder ein Smartphone ist. Der Microsoft-Mana5ger sieht allerdings auch, dass die Zahl der unterstützen Geräte noch wachsen muss und die Entwickler noch mehr Unterstützung benötigen. Der Kundensupport sei der zweite wichtige Baustein, heißt es in der internen Mitteilung. Myerson verspricht in diesem Zusammenhang, dass Microsoft weiterhin die aktuellen Lumia-Modelle und Windows-Smartphones anderer Hersteller mit Updates versorgen und "großartige neue Geräte" entwickeln wird. Außerdem sei man am besten, wenn man den Kunden Gerät, Plattform und Service aus einem Guss liefere.
Deswegen werde Microsoft auch in Zukunft weiterhin Apps für andere mobile Plattformen entwickeln und anbieten. Momentan ist das ein großer Pluspunkt der Windows-Dienste wie Outlook, OneDrive oder Office. Sie laufen nicht nur auf Windows 10 Mobile und Windows 10, sondern auch unter Android, iOS und OS X. Das gilt zwar auch für einige Drittanbieter-Anwendungen, lässt sich aber für die Dienste von Apple und Google nur eingeschränkt behaupten.
Surface Phone statt Lumia
Kürzlich deutete Microsoft schon einmal das Ende der Lumia-Geräte an. Myerson gab diesen Vermutungen mit der Aussage "we will continue to update and support our current Lumia and OEM partner phones, and develop great new devices" neues Futter. Glaubt man den Gerüchten, ist das Lumia 650 das letzte Smartphone der Serie gewesen. Als neues High-End-Gerät solle 2017 erstmals ein Surface Phone erscheinen, das nicht nur beim Design den Surface-Tablets folge, sondern auch von deren gutem Image profitieren soll.
Allerdings könnte es sein, dass das Surface Phone vor allem ein Gerät für Businesskunden wird. Also Firmen, die ihre Mitarbeiter mit dem Smartphone anstelle eines Laptops ausstatten. Über Continuum-Funktion ließen sich viele Programme am Schreibtisch auch auf dem großen Bildschirm öffnen – und für typische Büroanwendungen reicht die Hardware der aktuellen Geräte bereits aus. Mit dem Acer Liquid Jade Primo und dem HP Elite x3 haben zwar nicht die ganz Großen der Smartphone-Branche, aber doch zwei nicht unbekannte Namen der Tech-Branche in diesem Jahr Continuum-fähige Smartphones mit Windows 10 Mobile vorgestellt. Jetzt müssten nur weitere Hersteller nachziehen. Damit das wirklich passiert, müssten aber die Marktanteile der verfügbaren Geräte steigen, wofür Microsoft mit der richtigen Software sorgen könnte.
Ein langer, schwerer Weg
Microsofts Aus als Smartphone-Hersteller und die Konzentration auf die eigenen Kernkompetenzen könnte funktionieren. Mit dem Namen Lumia hat der Konzern auch das angestaubte Image der Nokia-Smartphones übernommen. Da kommt die frische Surface-Marke gerade recht. Läuft es gut, konzentriert sich Microsoft darauf, eine gute Software zu liefern und überlässt es anderen, die es besser können, die Hardware herzustellen - wie Google es schon lange macht. Im Idealfall ohne die gleichen Fehler – zum Beispiel bei der Verteilung von Updates – zu begehen.