Zahlen lügen bekanntlich nie. Der hoch gewettete Markt für Smartwatches ist bislang nicht mehr als eine Nische. Nicht mal 7 Millionen Exemplare wurden im vergangenen Jahr abgesetzt, die gerade mal 1,3 Milliarden Dollar erlösten. Die Apple Watch dürfte den noch jungen Markt von Tag eins an total dominieren.
Der Countdown läuft: Keine zwei Monate dürften es mehr bis zum Launch der Apple Watch sein. Für Tim Cook hat das Schaulaufen des ersten neuen Produkts seit fünf Jahren bereits begonnen: Mitte Februar auf der Analystenkonferenz bei Goldman Sachs, gestern bei der Bild-Zeitung in Berlin.
Allein: Wartet die Welt auf die Apple Watch? Ein Blick auf die noch junge Produktkategorie wirft Fragen auf. Wie die Marktforscher der Smartwatch Group vorrechnen, wurden 2014 gerade mal 6,8 Millionen Einheiten umgesetzt: Samsung führt die Liste mit seiner Gear-Serie an, konnte zusammengenommen dennoch trotzdem nur 1,2 Millionen Einheiten verkaufen. Auf den weiteren Plätzen folgte Smartwatch-Pionier Pebble mit 700.000 verkauften Geräten vor Lenovo Moto 360 und LGs Wearables.
Bemerkenswert: Zusammenaddiert spülten die Smartwatches lediglich 1,29 Milliarden Dollar in die Kassen der Hersteller. Gegenüber dem Vorjahr entspricht das zwar zahlenmäßig einem Umsatzplus von 82 Prozent, doch der durchschnittliche Gerätepreis sank um 16 Prozent von 225 auf 189 Dollar je verkaufter Smartwatch – allein die günstigste Apple Watch Sport wird fast doppelt so teuer sein.
Mit dem Launch seiner smarten Uhr muss der iPhone-Hersteller beim Eintritt in die neue Branche also wieder einmal alles anders machen – und besser!. Traut man den immer höheren Analystenerwartungen, muss Apple nicht nur mehr verkaufen als die anderen Anbieter zusammen – sondern viel, viel mehr.
Tatsächlich: Etwa zwanzig Mal mehr, wenn man den jüngsten Schätzungen von JP Morgan Glauben schenken darf, die mit erwarteten 26,3 Millionen Einheiten nicht am oberen Ende der turmhohen Erwartungen liegen. Gelingt Apple ein schneller Verkaufserfolg aus dem Stand, steigt der Kultkonzern aus Cupertino ad hoc zum sofortigen Marktführer auf – und mit einer Dominanz, die noch größer ausfällt als beim iPad-Launch, als Apple die Tabletbranche an sich riss.
Fraglich erscheint allerdings angesichts der auffälligen Preiszurückhaltung der Käufer, ob die zuletzt sehr optimistischen Schätzungen für die Apple Watch nicht zu hoch gegriffen sind. Bereits das Einsteigermodell Apple Watch Sport kostet mit einem Einsteigerpreis von 349 Dollar fast noch doppelt so viel wie die Durchschnitts-Smartwatch.
Wie kann die Rechnung also aufgehen? Offenkundig nicht in der klassischen Gerätekategorie der Smartwatch, sondern über das Premiumsegment der Luxusuhren. Ein Sechstel an den Gesamtumsätzen soll die vermutlich mindestens 5000 Dollar teure Apple Watch Edition ausmachen, rechnete das Wall Street Journal zuletzt vor. Einen Anreiz, der den satten Preis rechtfertigt, brachte Apple-Blogger John Gruber zuletzt ins Spiel: Die Luxus-Variante der Apple Uhr könnte erweiterbar sein.
Allein 20 Milliarden Dollar würde Apple dann bereits mit der Apple Watch Edition erlösen – das 15-Fache der gesamten Smartwatch-Industrie im vergangenen Jahr. Wieder einmal wäre das die größte Wette der Welt – doch Superlative gehören bei Apple bekanntlich zum Alltag...