Mein Ausflug ins Reich der großen Telefone ist vorbei. Ab sofort ist die Kompaktklasse wieder Herr über die Hosentasche. Mit dem iPhone SE geht Apple zwar beim Design einen Schritt zurück, in Sachen Mobilität und Alltagstauglichkeit dafür in genau die richtige Richtung.
Lange habe ich mir etwas vorgemacht. Mit Sätzen wie „Ich habe ja auch große Hände und schlechte Augen!“ rechtfertigte ich vor allem vor mir selbst, dass ich das iPhone 6s Plus nutzte. Und ja, der große Bildschirm ist schon cool, darauf schaue ich mir auch mal ein Video an. Und Fotos sehen dank der Retina-Auflösung wirklich unglaublich toll aus. Aber je länger ich das iPhone 6S Plus genutzt habe, desto klarer wurde mir auch, dass es für mich nicht das perfekte Alltags-Smartphone ist.
Das 5,5-Zoll große Display ist bei der Nutzung wirklich klasse, doch wenn das iPhone in der Tasche steckt sorgt die Größe auch für großes Gewicht. Besonders in meinem letzten Urlaub hätte ich mir häufig ein leichteres Telefon gewünscht. Das iPhone 6s ohne das Plus kam allerdings nie in Frage, denn es ist für mich größentechnisch irgendwie nichts Halbes und nichts Ganzes.
Zurück in die Zukunft
Wenn schon kleiner, dann doch bitte wieder in der Größe, wie das iPhone 5 aus dem Jahr 2012. Und als hätte Apple meinen Wunsch erahnt, stellt das Unternehmen prompt das iPhone SE vor. Auf den ersten Blick wirkt das iOS-Gerät schon ein wenig seltsam: Das soll das neue Smartphone von Apple sein? Schließlich hat sich optisch außer einem neuen Farbanstrich nun wirklich nicht viel getan. Sogar die Schutzhülle für mein altes iPhone 5 passt wie angegossen.
Doch kaum habe ich es in die Hand genommen, war alles gut. Kennt Ihr das Gefühl, wenn Ihr nach einer langen Reise nach Hause kommt? Ihr greift blind zum Haustürschlüssel und braucht auch den Lichterschalter nicht suchen. Und egal, wie schön die Hotels waren oder wie gut das Essen geschmeckt hat – hier, in den eigenen vier Wänden, fühlt Ihr euch wohl.
So ist es mit dem iPhone SE. Kaum habe ich es in den Hand genommen, war mir klar, dass das iPhone 6s Plus für mich zwar ein schöner, aber eben dann doch nur ein Ausflug war. Nun weiß ich, wie es sich anfühlt, ständig ein riesiges Smartphone dabei zu haben – und werde dieses Gefühl nicht vermissen.
Klar, mit dem großen Apple-Flaggschiff lassen sich vortrefflich E-Mails schreiben, auch das Surfen im Netz geht durch das "Plus" an Platz leicht von der Hand. Aber ein Smartphone ist für mich vor allem ein mobiler Begleiter – und ich reise gerne mit leichten Gepäck.
Alles neu im Alten
Allerdings möchte ich unterwegs nicht auf gute Qualität verzichten. Beim Smartphone gilt dies vor allem für die Kamera. Im SE ist die gleiche Kamera verbaut, wie in den großen Brüdern, sogar 4K-Videos kann ich damit aufnehmen. Lediglich bei den Selfies habe ich ein paar Megapixel weniger zur Verfügung. Dafür hält aber gefühlt der Akku länger. Und dass das SE nicht über 3D-Touch verfügt, also quasi mehr Menü bei stärkeren Druck aufs Display, ist mir schlichtweg egal: Ich habe die entsprechende Funktion so gut wie nie genutzt.
Der Preis und die Fülle an Funktionen des SE machen aber auch klar, dass es sich nicht um das Billig-Smartphone von Apple handelt. Ein solches wird es auch nie geben. Es gibt schließlich auch auch keinen Billig-Porsche oder eine Billig-Rolex. Das iPhone SE ist für mich die alltagstaugliche Kompaktklasse von Apple, der Audi A1 unter den Smartphones: Im Vergleich zur Konkurrenz teurer, dafür aber wertbeständig. Es ist das Immer-Dabei-Telefon mit dem richtigen Formfaktor. Es liegt super in meiner Hand, das Gewicht ist perfekt ausgewogen.
Weniger ist diesmal deutlich mehr
Würde ich auf dem Smartphone viele Spiele daddeln oder Videos schneiden wollen, wäre das 6s Plus für mich auch weiterhin die erste Wahl. Aber so schön Top-Features auch sind: Ich musste einfach mal realisieren, dass ich nicht mehr die theoretische Möglichkeit brauche, wenn ich daraus nie eine Praxis mache. Schließlich weiß ich doch, wofür ich das iPhone vor allem nutze.
Es dient als Musikplayer, Fotoapparat und Fernbedienung für meine Stereoanlage. Ich checke damit meine E-Mails und Facebook- sowie WhatsApp-Nachrichten. Das iPhone ersetzt mein Navigationsgerät. Und natürlich telefoniere ich damit. Das war es eigentlich auch schon. Brauche ich dafür einen großen Bildschirm? Nicht wirklich. Will ich mehr sehen, greife ich eh zum Tablet oder zum Notebook.
Ein letztes Mal "on"
Einmal habe ich das iPhone 6s Plus dann doch noch angeschaltet und neben das iPhone SE gelegt. Das größere Telefon sah plötzlich aus wie ein kleines iPad. Damit habe ich telefoniert? Der direkte Vergleich offenbarte auch die größte Schwäche von iOS: Die App-Icons sehen nur auf dem kleinen Display des iPhone SE wirklich passend aus. Je größer der Screen, desto verlorener wirken die kleinen Bildchen.
Das iPhone 6s Plus ist kein schlechtes Smartphone, im Gegenteil: Es ist tatsächlich das leistungsstärkste iPhone, das Apple derzeit im Angebot hat. Nie hätte ich gedacht, dass es mir so leicht fallen würde, auf dieses vermeintlich bessere Gadget zu verzichten. Und doch musste ich nicht lange überlegen, um das iPhone SE in meine Tasche zu stecken – und das Plus auf die Werkseinstellungen zurückzusetzen.
Mach's gut, iPhone 6s Plus, es war ein schöner Ausflug mit Dir. Aber am schönsten ist es eben doch Zuhause.