Ava: Der Zyklus-, Fruchtbarkeits- und Schwangerschafts-Tracker im Test

Eine Frauenhand hält den babyblauen Fruchtbarkeitstracker Ava und die andere hält das Smartphone mit der Ava-App
Ava Wearable (© 2018 Ava Science Inc. )

Ava ist kein klassischer Schlaf-Tracker, wird aber nur nachts getragen und soll Frauen mit Kinderwunsch ihre fruchtbaren Tagen in Echtzeit anzeigen oder sie mit Tipps durch die Schwangerschaft führen. Das disziplinierte Messen der Körpertemperatur oder leidige Urintests gehören damit der Vergangenheit an. Darüber hinaus ermittelt Ava viele weitere Gesundheitsparameter, die für jede Frau interessant sein könnten, die ihren Zyklus besser verstehen möchte. Einzelheiten findet ihr in unserem Test.

Zyklus-Tracking wird bei Frauen immer beliebter: Achtsamkeit und Wissen über den eigenen Körper, natürlicher Empfängnisverhütung oder Kinderwunsch sind die Beweggründe, aus denen sich viele eine Zyklus-App auf dem Smartphone installieren. mit Ava gibt es inzwischen den ersten Fruchtbarkeits-Tracker für knapp 250 Euro auf dem Markt. Hier in der Redaktion sorgte der zunächst für Verwunderung:

Der weibliche Zyklus: Eine Gleichung mit vielen Unbekannten

"Was hast du denn da für ein Armband auf deinem Schreibtisch liegen, das sieht aus wie ein Po, hahaha!"
Meine entnervte Antwort: "Wenn überhaupt, soll es wohl Eierstöcke darstellen."
"Es sieht aber trotzdem aus, wie ein Po, kein Wunder, dass du es nicht trägst."
"Ich trage es im Augenblick nicht, weil man es nur nachts trägt."
"Häh, was soll das bringen, da schläfst du doch".
"Genau, und da kann  Ava Parameter wie meinen Ruhepuls oder meine Körpertemperatur am besten messen, diese Werte unterliegen nämlich im Laufe des Zyklus natürlichen Schwankungen und der Tracker soll Frauen dabei helfen, schwanger zu werden."
"Wie und dann sagt dir der Tracker jetzt poppen, bitte?"
Fühlt sich ein bisschen an, wie eine Unterhaltung in der fünften Klasse, aber plötzlich habe ich die ungeteilte Aufmerksamkeit der Kollegen.

Tatsächlich ist der weibliche Zyklus nicht nur für die meisten Männer ein Mysterium, sondern auch viele jungen Frauen wissen nicht, wie lange ihr Zyklus dauert oder wann sie schwanger werden können. Die Antibabypille hat uns Jahrzehnte lang viele dieser Fragen abgenommen. Doch inzwischen gibt es einen regelrechten Trend, die Pille abzusetzen – nicht nur bei Frauen mit Kinderwunsch, sondern auch bei jungen Mädels, die keine Hormone mehr nehmen wollen, sondern ihren Zyklus besser verstehen möchten. Auch, wenn ich keinen dringenden Kinderwunsch hege, offenbart mir Ava interessante Einblicke in meine Gesundheit, aber dazu später mehr.

Das ist die Ava-Hardware

Das babyblaue Armband mit dem zu einer angedeuteten liegenden Acht geschwungenen Kunststoff-Tracker wirkt wie ein günstiges Spielzeugarmband, beherbergt aber im Inneren smarteste Technik. Dabei ist es kinderleicht zu bedienen: Zunächst lädt man den Tracker idealerweise zwei Stunden über das mitgelieferte USB-Kabel auf, lädt sich die zugehörige Ava-App für iOS oder Android aufs Smartphone und erstellt ein Benutzerkonto. Damit das Tracking von Anfang an möglichst genau ausfällt, fragt Ava nicht nur Alter, Größe und Gewicht ab, sondern auch, wann die letzte Periode war und wie lange der Zyklus normalerweise dauert. Wer sich die Tage nirgendwo notiert, kann die Abfrage auch überspringen, sollte dann allerdings erstmal drei Zyklen mit Ava durchlaufen, bevor man sich auf die Vorhersagen stützt.

Das Wearable hat kein Display, blinkt aber blau während der Synchronisation und signalisiert durch rotes beziehungsweise grünes LED-Licht den Ladevorgang. Die App führt durch die erste Kopplung, die einwandfrei funktioniert. Jetzt muss man das Armband vor dem Zubettgehen nur noch anlegen. Da es nicht blinkt oder vibriert, stört es mich in der Nacht auch gar nicht. Morgens muss ich es mit der Smartphone-App synchronisieren. Das klappt aber nur, wenn ich manuell GPS und Bluetooth aktiviere und sobald Ava am Stromnetz hängt – dadurch ist allerdings auch gewährleistet, dass der Akku immer aufgeladen ist. Leider finden sich mein Wearable und Smartphone nicht jeden Tag auf Anhieb. Da ich nicht schwanger werden will, ist das aber nicht weiter schlimm, weil Ava die Daten bis zu fünf Tage speichert und meine Daten dann eben erst am nächsten Morgen auf meinem Handy landen. Leider muss die App die paar Minuten während der Synchronisation geöffnet bleiben, ich kann also währenddessen keine Nachrichten lesen oder Ähnliches.

Umfassende Körper-Parameter, die Ava ermittelt

Ava trackt die fruchtbaren Tage in Echtzeit. Allgemeinhin sind das meistens vier Tage direkt vor dem Eisprung plus der Tag des Eisprungs selbst und eventuell noch ein Tag danach. So kommen wir auf bis zu sechs Tage pro Zyklus, an denen eine Frau schwanger werden kann. Wobei man auch noch einberechnen muss, das Spermien im weiblichen Körper eine Überlebenszeit von zwei bis fünf Tagen haben. Darum sollte man nicht nur die Regel manuell in der Ava-App eintragen, sondern auch, wann man Sex hatte, um später den Zeitpunkt der Schwangerschaft genau ermitteln zu können. Ava fungiert auch nicht als natürliche Verhütung. Dennoch kann der Tracker viel: Er misst über das Handgelenk den Ruhepuls, die Hauttemperatur, die Atemfrequenz, die Leicht- und Tiefschlafphasen sowie die Herzratenvariabilität als Indikator für das physiologische Stresslevel. So will Ava unterscheiden, ob sich mein Puls, meine Hauttemperatur sowie mein Ruhepuls aufgrund von Hormonschwankungen im Zyklus oder Stress beziehungsweise schlechtem Schlaf verändern. Wer mehr darüber erfahren möchte: Die App erklärt mit Klick auf das i-Icon, inwieweit die einzelnen Messwerte im Laufe des Zyklus abweichen.

Beim Öffnen der App sehe ich meine aktuelle Zyklusphase: Ava weiß, wann aller Voraussicht nach mein Eisprung und meine nächste Regel einsetzen. Im Kalender sind die Zeiträume übersichtlich in rosa beziehungsweise türkis hinterlegt. Unter dem Menüpunkt Parameter kann ich die einzelnen Werte von Ruhepuls bis Stresslevel im Einzelnen einsehen und vergleichen und den ganzen Zyklusbericht downloaden. Das bietet sich vor allem für Schwangere an oder Frauen, die Schwierigkeiten haben, schwanger zu werden und die Daten gerne mit dem Arzt ihres Vertrauens besprechen wollen.

Zum Thema Datenschutz gibt der Hersteller an, dass die Gesundheitsdaten TLS/SSL-verschlüsselt auf den Server übertragen werden und getrennt von den persönlichen Zugriffsdaten wie Nutzername oder Email-Adresse gespeichert werden – dadurch bleibt der Nutzer anonym. Ava nutzt die anonymisierten Daten laut eigenen Angaben zur Verbesserung des Algorithmus, nicht aber zu Werbe- oder anderen Zwecken.

Mein persönlicher Eindruck von Ava

Um die Performance von Ava realistisch zu bewerten, muss man das Wearable schon über mehrere Zyklen nutzen. Je besser Ava meinen Zyklus kennt, umso genauer und zuverlässiger werden auch die Aussagen zur Fruchtbarkeit.  Dennoch ist der erste Eindruck nach zwei Zyklen sehr gut, die Daten machten einen soliden Eindruck auf mich und die Vorhersagen waren wesentlich genauer als die meiner herkömmlichen Zyklus-App: Schließlich ermittelt Ava die Körperdaten automatisch, sofern man das Wearbale regelmäßig und mindestens vier Stunden pro Nacht trägt, während ich meine Zyklus-App manuell mit Daten füttern muss – was ich gerne mal vergesse. Was mich an Ava stört, ist die Synchronisation zwischen Wearable und App, die manchmal einfach streikt. Immerhin sind die Daten aber nicht verloren, sondern landen dann eben am nächsten Tag auf meinem Smartphone.

Frauen mit Kinderwunsch kann Ava bei der Familienplanung helfen und für alle anderen, egal ob schwanger oder ohne Gedanken an die Fortpflanzung, ist Ava ein spannendes Tool für die eigene Körperwahrnehmung. Immerhin kann frau im Kalender nicht nur Geschlechtsverkehr, Beschaffenheit des Ausflusses und körperliche wie seelische Symptome von Magen- und Darmbeschwerden über Heißhunger bis hin zu Stimmungen wie Wut, Erregung, Erschöpfung oder Trauer dokumentieren – und anhand der Zyklusdaten eventuelle Zusammenhänge erkennen und Maßnahmen ergreifen, wie eine passende Ernährung oder mehr Entspannung. Einige Frauen spüren auch ihren Eisprung und können dem Ziehen mal auf den Grund gehen. Auch ganz individuelle Eingaben sind im Kalender möglich. Neben einem Zyklustracker fungiert Ava in gewisser Weise auch als Achtsamkeits- beziehungsweise Stress- und Körpertracker.

Schlafende blonde Frau mit Ava am Handgelenk.
Ava eignet sich als Gesundheits-, Fruchtbarkeits- und Schwangerschaftstracker. (© 2018 Ava Science Inc. )

Der Clou: Für Schwangere geht Ava in einen speziellen Schwangerschaftsmodus über, in dem man regelmäßig sein Gewicht dokumentieren soll und spannende Einblicke in die Schwangerschaft bekommt: Ava klärt auf, welche Entwicklungen der Fötus in der jeweiligen Woche durchmacht und wie sich der eigene Körper in dem Zuge verändert. Dazu gibt es ganz praktische Tipps für mehr Wohlbefinden und um die Familienplanung. Diese Features finde ich wirklich spannend und sinnvoll, allerdings muss sich jede Frau am Ende selbst fragen, ob sie dafür 249 Euro (UVP) für Ava ausgeben möchte – oder sich die Infos rund ums Baby lieber anliest und und den Zyklus weiterhin händisch trackt. Für den Preis würde ich erwarten, das ein Wearable mir auch tagsüber seine Dienste als Activity Tracker erweist, aber das ist bei Ava leider nicht gegeben.

Fazit: Frauen, die sehnlichst schwanger werden wollen, erspart Ava viel Stress

Zur natürlichen Empfängnisverhütung solltet ihr Ava euch besser nicht kaufen, davon rät selbst der Hersteller ab und versteht Ava als Fruchtbarkeits-, Schwangerschafts- und Gesundheitstracker. Dafür erspart er nämlich das aufwendige Temperaturmessen immer zur selben Uhrzeit noch im Liegen oder Urintests zur Ermittlung des Hormonhaushaltes. All diese herkömmlichen Methoden zur Bestimmung der Fruchtbarkeit erfordern Disziplin, Planung und einen gesunden Lifestyle für einen zuverlässigen Hormonhaushalt. Denn die Körpertemperatur steigt erst mit dem Eisprung, während die Chance, schwanger zu werden, wenige Tage vorher am höchsten ist. Dementsprechend dient die klassische Temperaturmethode eher der Vorhersage für den nächsten Zyklus, während Ava diesen live analysieren kann aufgrund weiterer Parameter: So kann man allzeit bereit jeden fruchtbaren Tag direkt nutzen statt wochenlang im Voraus zu planen. Wenn man bedenkt, welchen Stress man sich mit Ava beim Versuch, schwanger zu werden, ersparen kann, wie viel fruchtbare Zeit man gewinnt und dass man entspannter wiederum die Chancen für eine Befruchtung erhöht, ist Ava aber vielleicht auch wieder die Investition von 250 Euro wert.

In diesem Artikel

Testwertung: Ava Zyklus Tracker

Top
  • smarte Sensoren, die eine Vielzahl an Parametern tracken
  • mit der Zeit immer exaktere Vorhersagen
  • ideal für Frauen mit Kinderwunsch oder Schwangere
  • Zyklus- und Achtsamkeitstracker für Frauen, die ihren Körper besser verstehen wollen
  • Übersichtliche hübsche App
Flop
  • Synchronisation funktioniert nicht immer und läuft nicht im Hintergrund
  • Preis von 249 Euro
  • Wearable ist nur für die Nacht bestimmt und trackt keine Aktivitäten
Wie findet ihr das? Stimmt ab!
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