Ein Android-Smartphone, das für viel Sicherheit sorgt, obwohl Ihr auch Apps von Google, Facebook und Co. verwendet? Das kann aktuell nur ein Modell: das Blackphone 2. Mit dem Silent Phone-Abo könnt Ihr außerdem verschlüsselt telefonieren, videochatten und Nachrichten versenden. Der Test.
Betriebssystem: SilentOS
Das Besondere am Blackphone 2 ist das Betriebssystem, das Sicherheit verspricht. Zum Einsatz kommt SilentOS. Es basiert auf Android 6.0.1 Marshmallow und kommt mit einigen praktischen Features, um Eure Daten und Privatsphäre zu schützen. Ein Update auf eine Android 7 Nougat Version sei derzeit nicht geplant, da viele Funktionen bereits enthalten sind.
Security Center
Das Security Center benachrichtigt Euch immer, wenn Ihr an Eurem Smartphone sicherheitstechnisch etwas verbessern könnt. Beispielsweise, wenn es neue Updates gibt oder Ihr keine Bildschirmsperre eingerichtet oder Ihr Euch Schadsoftware eingefangen habt. Hier könnt Ihr auch für jede App detaillierte Berechtigungen verwalten. Statt des vollständigen Zugriff auf den internen Speicher zu erlauben legt Ihr zum Beispiel getrennt fest, ob dieser gelesen oder beschrieben werden darf. Tiefgründiges Rechte-Management ist eines der besten Features des Blackphone.
Verschiedene Spaces trennen Arbeit und Privatleben
Ihr könnt auf dem Blackphone verschiedene Profile anlegen und mit Funktionen versehen. Das könnt Ihr Euch vorstellen wie separate Smartphones in einem Gerät. So sind auf Eurem Arbeits-Space beispielsweise keine Spiele-Apps sichtbar, weil die nur im privaten Profil nutzbar sind. Oder Ihr habt in einem Space etwa Google-Apps oder WhatsApp und Facebook installiert, erlaubt diesem aber nicht, auf Eure Kontakte und Daten zuzugreifen, weil sie in einem sicheren privaten Space liegen. So braucht Ihr Euch nie wieder Gedanken darum machen, dass die Datenkraken an Euer Adressbuch oder Eure Standort-Daten kommen.
Es gibt viele Möglichkeiten, die Spaces detailliert zu konfigurieren. So könnt Ihr zum Beispiel bestimmen, welcher Space keine Anrufen tätigen darf oder welcher ins Internet gehen kann. Auch könnt Ihr unterbinden, dass ein Space auf die Daten eines anderen zugreifen kann, sodass auch Fotos strikt voneinander getrennt und auch nur in dem Space angezeigt werden, in dem sie erstellt wurden.
Alles ist verschlüsselt
Wenn Ihr das Blackphone benutzt, ist alles verschlüsselt: euer Dateisystem, Anrufe, Textnachrichten und auch Video-Konferenzen über die Silent Phone App. So sind Eure Daten vor einem Angriff von außen geschützt.
Telefoniert wird per Peer-To-Peer-Verbindung über Voice over IP (VoIP) – also über das Internet, verschlüsselt durch das ZRTP-Protokoll. Das passiert automatisch, wenn Ihr dafür die Silent Phone App startet und darüber einen anderen Nutzer dieser App anruft. Die Sprach- und auch die Videoqualität haben uns beim Test überzeugt. Es klingt ein kleines bisschen verrauschter als bei einem normalen Telefonat, aber unser Gegenüber war sehr gut zu verstehen. Die App gibt es auch für jedes normale Android- und iOS-Gerät. Ihr benötigt allerdings ein Abo, um sie zu nutzen. Dieses ist mit 9,95 Dollar im Monat alles andere als günstig. Damit könnt Ihr dann unbegrenzt mit anderen Silent Phone-Nutzern kommunizieren.
Allerdings benötigt Ihr weitere Minuten, wenn Ihr einen Nutzer anrufen möchtet, der diese App nicht nutzt. Dann reicht das verschlüsselte VoIP auch nur bis zum Server im Zielland – danach geht es über das normale Telefonnetz und ist theoretisch abhörbar. Zum Hintergrund: Ursprünglich wurde diese Möglichkeit entwickelt, damit US-Soldaten ihre Familie zu Hause anrufen konnten, die Geheimdienste in den Krisenländern aber nicht mithörten.
Das 72-Stunden-Fix-Versprechen
Sobald eine Sicherheitslücke gefunden wurde, verspricht der Hersteller innerhalb von 72 Stunden seinen Kunden eine Lösung anzubieten. Das ist sehr schnell, bei vielen anderen Smartphones dauert es Wochen oder Monate bis ein neues Sicherheitsupdate zur Verfügung steht. Beim Blackphone und dem SilentOS gibt es diese regelmäßig.
Technisch ein Mittelklasse-Handy
Das Blackphone 2 hat eine Front- und Rückseite aus Glas, die Seiten sind mit Plastik umzogen. Es hat eine angenehme Größe und mit acht Millimetern Dicke ist es auch flach genug für die Hosentasche. Durch das Glas auf der Rückseite sind Fingerabdrücke allerdings deutlich sichtbar.
Auch wenn das Blackphone 2 schon seit über einem Jahr auf dem Markt ist, muss es sich nicht vor anderen Mittelklasse-Smartphones verstecken. Der achtkernige Snapdragon 615 Prozessor von Qualcomm (u.a. im Samsung Galaxy A8 oder Xiaomi Mi4i) taktet mit 1,65GHz und 1,21GHz. Unterstützt wird er durch drei Gigabyte Arbeitsspeicher. An internem Speicher habt Ihr 32 Gigabyte zur Verfügung, könnt diesen aber per microSD-Karte um bis zu 128 Gigabyte erweitern.
Der Akku hat eine Kapazität von 3060 mAh und sollte eigentlich einen Tag durchhalten. Im Test hat er das allerdings nicht geschafft. Über Nacht (sechs Stunden) verlor das Handy knapp 40 Prozent beim Nichtstun. Mit an Bord ist Quick Charge 2.0, was den Akku jedoch zum Glück schneller wieder auflädt. Im Lieferumfang des Blackphone 2 ist das benötigte Netzteil für die Schnellladefunktion und ein Micro-USB-Kabel bereits enthalten. Den Typ-C-Anschluss gibt es hier allerdings noch nicht.
In der alltäglichen Benutzung und in den Benchmarks wird dann aber deutlich: Das Blackphone 2 ist etwas träge und langsamer als andere Mittelklasse Smartphones. Apps öffnen sich manchmal langsamer, beim Scrollen hängt das Smartphone ein bisschen hinterher. Screenshots und Fotos brauchen durch die Verschlüsselung unter Umständen ein wenig länger beim Speichern. Ein Test mit AnTuTu-Benchmark liefert im Schnitt nur 28000 Punkte. Grafisch aufwändige Spiele könnt Ihr mit diesem Gerät nicht spielen, es würde permanent ruckeln. "Asphalt Xtreme" läuft zwar zum Beispiel, lädt aber sehr lange und ist nicht flüssig.
Das Display ist 5,5 Zoll groß und wird durch Gorilla Glass geschützt. Durch die Full-HD-Auflösung (1920 x 1080 Pixel) ist es gestochen scharf, leider aber auch gelbstichig und nicht sehr hell, sodass das Ablesen des Displays bei direkter Sonneneinstrahlung schwierig wird.
Kamera für Schnappschüsse
Die rückseitige Kamera löst mit 13 Megapixeln auf, die Frontkamera mit fünf Megapixeln. Bei den Fotos fällt auf, dass die Farben kontrastreich und realitätsnah wirken, doch qualitativ sind sie eher verrauscht. Die Konturen verschwimmen schnell. Doch Schnappschüsse sind damit ohne Probleme machbar. Die App stellt Euch für die Aufnahme auch mehrere Modi und Filter zur Verfügung. Bei Nacht erkennen wir teilweise mehr auf den Fotos als bei anderen Mittelklasse-Handykameras – auch wenn der ausgewiesene Nacht-Modus eher seltsame Sepia-Effekte auf die Bilder zaubert.
Preise und Verfügbarkeit
Das Blackphone 2 bekommt Ihr online für 560 Pfund (etwa 655 Euro). Inklusive ist ein Jahresabo der Silent Phone-App. In verschiedenen Aufpreisen könnt Ihr zusätzlich noch Minuten für Anrufe außerhalb des Silent Phone Netzwerks als Jahresabo erwerben. Ob ein Blackphone 3 erscheinen wird, ist derzeit noch nicht klar. Sicher ist nur: Die Release-Zyklen sind länger als bei anderen Herstellern.
Fazit: Sicherheit ist machbar
Das Sicherheitksonzept des Blackphone 2 ist gut durchdacht. Verschlüsselung, chipseitig getrennte Spaces und das detaillierte Berechtigungssystem für installierte Apps sind sehr praktische Funktionen, die ich mir eigentlich für jedes Smartphone wünsche.
Doch so cool die Idee auch ist, sie kann nicht alle Smartphone-Nutzer ansprechen. Das Smartphone an sich und auch das Abo der Silent Phone App lässt sich der Hersteller bzw. Betreiber teuer bezahlen. Aber auch hier gibt es eine Alternative: Mit Signal telefoniert Ihr ebenfalls über VoIP gratis zu anderen Signal-Nutzern.
Testwertung: Blackphone 2
- Verschlüsselt
- detaillierte Berechtigungskontrolle für Apps
- komplett getrennte Spaces mit vielen Kontrollmöglichkeiten
- Akkulaufzeit
- sehr preisintensiv