"Livia" im Test: Ist dieses Gadget der heilige Gral gegen Regelschmerzen?

Livia
Livia (© 2018 CURVED )
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Livia will richten, was Millionen von Frauen weltweit seit jeher plagt: Das Crowdfunding-Gadget soll ein Ausschalter für Regelschmerzen sein. Hilft es wirklich? Hier der ausführliche Test.

Wenn ihr das hier lest, dann vermutlich, weil ihr, ebenso wie ich, einmal im Monat mehr oder weniger außer Gefecht gesetzt seid, euch alle 28 Tage auf der Arbeit quält oder gerade in diesem Augenblick zusammengerollt wie ein Shrimp auf der Couch liegt und euch an eurer Wärmflasche festklammert. Und wenn ihr, genau wie ich, nach jedem Strohhalm greift, der euch diese Tage erleichtert, habt ihr vielleicht schon von "Livia" gehört. Dieses Gadget wurde von einem israelischen Ärzteteam entwickelt und 2016 erfolgreich auf der Crowdfunding-Plattform Indiegogo finanziert – ein Indiz dafür, dass es auch in diesem Jahrtausend noch nicht viel gibt, das Frauen hilft schmerzlos und in Würde zu menstruieren. Doch lohnt die Anschaffung von Livia? Rund 150 Euro  kostet der "Spaß" auf der Livia-Webseite. Ich habe es für euch – und Millionen andere Frauen – getestet.

Wie wirkt Livia?

Livia ist ein kleines Gadget, das ihr euch an die Hose oder den Rock klippt, dazu gibt es zwei Sensoren mit Gelbeschichtung, die ihr auf die Haut klebt – wahlweise auf den Unterleib oder den Rücken, je nachdem wo es gerade mehr krampft und zwickt. Livia sendet, ähnlich wie ein TENS- oder EMS-Gerät, Reizstromimpulse, welche – vereinfacht gesprochen – eure Nerven und Schmerzrezeptoren verwirren sollen. Euer Körper schüttet zwar trotzdem Schmerzsignale aus, diese werden aber ständig unterbrochen und kommen so nicht im Gehirn an – der eigentliche Schmerz bleibt aus. Anders als bei TENS- oder EMS-Geräten funkt Livia aber genau auf der Frequenz, in der unsere Regelkrämpfe takten. Die Macher sind sich ihrer Sache so sicher, dass sie eine 120-tägige Geld-zurück-Garantie aussprechen. Zurecht?

Zur Einordnung: Meine Beschwerden und was habe ich bisher dagegen unternommen habe

Niemand klebt sich als erste Instanz ein Gerät für 150 Euro an den Bauch. Vorher durchlaufen wir alle wohl diverse Stadien der Verzweiflung: Viele Frauen nehmen zur Linderung von Regelschmerzen die Pille, ein Teufelszeug, das ich bereits vor Jahren abgesetzt habe. Damit blieben mir die bekannten Mittel: Wärmflasche, Yoga, heißes Bad, Magnesium, Schmerzmittel (in meinem Fall Butylscopolamin), Tee, Menstruationstasse statt Tampons, Massagen und merkwürdige, schmerzverzerrte Posen. Zusätzlich zu diesen "Standard-Methoden" habe ich mir vor einigen Monaten noch eine Shakti-Matte gekauft: die moderne Version eines indischen Nadelkissens. An Tagen, an denen gar nichts mehr geht, lege ich mich also auf hunderte Plastik-Stacheln – das hilft! Der Nachteil dabei: Der Effekt ist nicht langanhaltend, und auf dem Weg zur Arbeit oder während eines Meetings kann ich schlecht meine Matte ausrollen und mich halbnackt drauflegen. Und so bin ich also bei "Livia" gelandet.

Lieferumfang: Das ist für den Preis dabei

Das eigentliche Gerät gibt es in verschiedenen Farben, von denen die meisten an Bonbons erinnern. Ich habe die türkise Variante, die sieht ein bisschen aus wie die lifestylige Version eines mp3-Players oder Klosteins, jedenfalls tausend Mal schöner als besagte EMS-Geräte, die an Krankenhausaufenthalte erinnern. Im Grundpaket enthalten sind neben dem Gerät noch die blütenförmigen Sensoren, ein USB-Ladekabel (voll aufgeladen soll Livia soll eurem Uterus bis zu 15 Stunden lang Stromschläge verpassen können) sowie die bereits angebrachten Gel-Pads für den ersten Zyklus und zwei Päckchen Geldpads für die kommenden zwei Zyklen (offenbar soll man die Pads nach jedem Zyklus austauschen, dazu später mehr). Das Ganze verstaut ihr unterwegs in der kleinen, weißen Livia-Plastikschatulle. Alles in allem wirken Gerät und Zubehör clean und stylish. Wer seinen kleinen Uterus-Schocker optisch weiter pimpen möchte, findet im Livia-Store noch verschiedene Cover für das Gerät.

Livia
Livia mit den beiden Sensoren. (© 2018 CURVED )

Die erste Inbetriebnahme – so fühlt sich Livia an

Vor der ersten Inbetriebnahme muss Livia aufgeladen sein – denkt also daran, dass das Gerät bereitsteht, bevor (!) eure Gebärmutter sich mal wieder grunderneuert.

Livia ist regulierbar – die Intensität der Stromimpulse kann durch Knopfdruck hoch - oder runtergefahren werden wie es euch und eurem Unterleib beliebt. Studiert die Bedienungsanleitung aufmerksam: Es handelt sich hier um ein medizinisches Gerät, das ihr verstanden haben solltet. Hier wird zum Beispiel beschrieben, in welchen Abständen man die Sensoren anbringen soll, nämlich zwischen 10 und 15 Zentimetern voneinander entfernt – weiter entfernt sollten sie nicht liegen, näher dran ist laut Anleitung möglich.

In der Bedienungsanleitung steht, man solle Livia nur so weit aufdrehen, wie es sich angenehm anfühlt. Ich fange deswegen auf der niedrigsten Stufe an. Es dauert ein paar Sekunden, bis ich überhaupt etwas fühle: Dann stellt sich ein leichtes Prickeln ein – als würde jemand sachte mit den Fingernägeln auf meiner Haut tippen. Es ist merkwürdig, aber nicht unangenehm. Und, das merke ich schnell: Es lenkt tatsächlich von den Schmerzen ab!

Livia
Livia: Klein, aber mit ordentlich Power unter der türkisen Haube. (© 2018 CURVED )

Ich drehe weiter auf. Das Prickeln wird deutlich stärker und erinnert mich etwas an Akupunktur. Obwohl ich das Prickeln per se nicht als angenehm bezeichnen kann, passiert (ebenso wie bei der oben erwähnten Nadel-Matte) etwas sehr Angenehmes mit meinem Körper: Es stellt sich eine merkwürdige Entspannung ein, die mich auf meinem Stuhl nahezu zusammensacken lässt.

Ich bleibe auf der eingestellten Intensitätsstufe, laufe etwas im Büro herum, hole mir einen Kaffee, setze mich wieder. Die ganze Zeit über fühle ich das Prickeln. Es ist also nicht so, als könne ich vergessen, dass ich Livia trage. Ich empfinde das Tragegefühl als komisch, nicht aber als unangenehm – schon gar nicht, wenn ich es mit Regelschmerzen vergleiche!

Aufdrehen auf Anschlag? Vergiss es!

Für diesen Test hatte ich mir vorgenommen, das Gerät einmal auf Anschlag hochzuschrauben, also die volle Intensität auszukosten. Ich gebe zu: Dafür war ich zu feige, zumindest solange es auf meinem gebeutelten Unterleib klebt – Livia hat nämlich ziemlich viel Power. Ich bemitleide jede Frau, die hier auf volle Pulle schalten muss um gegen ihre Schmerzen anzukommen und freue mich, dass ich nicht dazu gehöre.

Am Rücken habe ich mich dann doch getraut und den Knopf so oft gedrückt bis nichts mehr ging. Meine professionelle Meinung: mein lieber Scholli! Da steckt Saft hinter. Für mich stellt es, auch wenn es eine merkwürdige Art von schmerzhaft ist (wie eine Massage, die genau den Punkt trifft), eine sofortige Erleichterung dar.

Livia
Livia wird an die Hose/den Rock geclippt. (© 2018 CURVED )

Downer, Ärgernisse, Nebenwirkungen

Wer die Bedienungsanleitung zu Livia studiert, begreift schnell, dass es sich um keine bunte Spielerei, sondern um ein medizinisches Produkt handelt – gut so, immerhin soll das Ding ja nicht nur schön aussehen, sondern auch helfen. Dennoch gibt es einiges zu bedenken:

Wer nicht aufpasst, kriegt Stromschläge

Dass Livia ganz schön viel Power hat, merke ich spätestens, als ich die Klebepads vom Unterleib abziehen und auf meinem Rücken anbringen möchte: Da habe ich nämlich leider vergessen, das Gerät vorher auszuschalten und somit einen zünftigen Stromschlag durch meinen Daumen gejagt. Das ist meine eigene dümmliche Schuld, dennoch möchte ich davor warnen, vor allem wenn ihr Livia hoch aufgedreht habt: Macht das Teil immer aus, bevor ihr an der Position der Pads herumexperimentiert, sonst gibt es eine gewischt!

Wer nicht aufpasst, reißt sich das Gerät ab

Ein bisschen Gewöhnung ist auch dabei: Wer sich auf der Toilette eilig die Hose nach unten zieht, an welche das Gerät geklemmt ist, riskiert, sich entweder die Klebepads von der Haut zu reißen oder Livia im Klo zu versenken. Mein professioneller Rat, sowohl bei den Stromschlägen als auch dem Klogang: Passt halt einfach auf! Die Hersteller haften nicht für allgemeine Dummheit, wie ich sie anfangs an den Tag gelegt habe.

Livia
Die Gelpads für die Sensoren sind auf Dauer ein teurer Spaß. (© 2018 CURVED )

Die Gelpads sind zu teuer

Kommen wir zum eigentlichen Downer: den Gelpads. Zunächst haben mir deren schöne Verpackung und die blütenförmigen Sensoren gut gefallen. Doch schon am ersten Tag merke ich, dass die Pads wirklich nur für wenige Tage angedacht sind, vor allem wenn man sich mal vertut: Das war bei mir der Fall als ich die Sensoren ungünstig am Rücken angebracht habe, nämlich genau da, wo meine (momentan zu enge) Jeans sie beim Gehen regelrecht von meinem Körper schrubbte– so lange bis das Gel wurstförmig auf dem blütenförmigen Sensor klebte und ich beim Versuch, es wieder zu verteilen, noch mal eine gewischt bekam (manche Menschen lernen halt nicht dazu!).

Pro Zyklus braucht ihr also ein frisches Paar Gelpads: Im Livia-Shop kosten diese für 6 Monate satte 24 Euro, für das ganze Jahr seid ihr mit einem Mengenrabatt dabei und zahlt 34 Euro. Dazu kommen 12 Euro Versandkosten – die Dinger kommen schließlich aus Israel. Als umweltbewussten Menschen ist mir das ein Dorn im Auge, ebenso die einzelne Verpackung für jeden Zyklus. Allerdings vermute ich, dass diese notwendig ist um das Gel frisch zu halten.

Auf der Suche nach preisgünstigeren Alternativen habe ich online direkt nach Gelpads für schnöde TENS- oder EMS-Geräte gefahndet (auch wenn in der Livia-Bedienungsanleitung steht, man solle die hauseigenen benutzen – natürlich soll man das). Als Laie konnte ich jedoch nicht feststellen, welche davon geeignet sind, ein Spaß wird es auch, sie passend auf die blütenförmigen Sensoren zu schnippeln.

Vielleicht-Nebenwirkungen

Trage ich Livia lange, kribbelt mein rechtes Bein. Ich bin keine Ärztin, aber das erscheint mir nicht korrekt. Habe ich es mit der Tragedauer übertrieben? Im Laufe des Tages habe ich das Gerät ständig ein und ausgeschaltet. Ich gebe zu, dass das Tragen für mich einen gewissen Suchtfaktor hat: Das Prickeln war in der Tat eine willkommene Ablenkung zu meiner Misere. Wer hier verunsichert ist, sollte die Nutzung des Geräts womöglich vorher gynäkologisch abklären.

Das Teil ist nichts für Schmierfinken

Ein kleines Manko, das kaum einer Erwähnung wert ist: die blütenweiße Schatulle. Wer schon mal den Boden einer Damenhandtasche gesehen hat, weiß, dass zwischen Lipgloss-Schmierereien, und alten Lakritzen nicht viel Raum für Blütenweißes ist. Ähnlich halte ich es mit den weißen Kabeln und Sensoren. Diese haben schließlich Hautkontakt und scheuern eventuell an blauen Jeans oder anderweitig eingefärbter Kleidung – und, seien wir mal ehrlich zu uns selbst, an Schokoladen verschmierten Fingern. Ein schlichtes Schwarz wäre mir sowohl für Schatulle als auch Kabel lieber gewesen, hätte vermutlich aber nicht den cleanen, medizinischen Look, für den die Macher sich entschieden haben.

Livia
Livia kommt in einer weißen Schatulle, die ihr auf dem Boden eurer Handtasche einsauen könnt. (© 2018 CURVED )

Fazit: Kann ich das Gerät empfehlen?

Die Frage aller Fragen: Hilft Livia wirklich? Ein klares Ja. Ich habe bisher zwei Zyklen lang getestet, beide davon entpuppten sich vor allem an Tag 1 als sehr schmerzhaft. Dank Livia bin ich ohne Medikamente durch beide Zyklen gekommen – für mich ein absoluter Luxus. Komplett abschalten konnte ich meine Regelschmerzen damit zwar nicht, und auch das Tragen des Geräts habe ich manchmal als störend empfunden – es ist schließlich dennoch ein Reiz, dem man als Trägerin ausgesetzt ist. Dennoch: Meine Schmerzen wurden stark gelindert! Ich werde Livia also weiterhin nutzen.

Ein Downer ist und bleibt der Preis der Gelpads. Allerdings gibt es ja auch Frauen, die gezwungen sind teure Schmerzmittel einzuwerfen wie Smarties. Livia könnte vor allem bei jenen unter euch, die monatlich so starke Krämpfe haben, dass sie erbrechen oder fast in Ohnmacht fallen eine gute Alternative zu Unmengen Schmerzmitteln sein – schließlich gewöhnt sich euer monatlich gebeutelter Körper an diesen Input, und das  ist nicht nur teuer, sondern auch ungesund.

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