Im neuen Benchmark-Vergleich unterstreichen. Doch hinter Samsungs Schritt, dem Snapdragon zugunsten eines eigenen SoCs den Korb zu geben, könnten weitreichendere Überlegungen stehen, als lediglich das S6 zum derzeit schnellsten Android-Smartphone zu machen.
Als zu Beginn des Jahres die Meldungen über LG G4 bis hin zum etwaigen Sony Xperia Z4.
Wie wir dann zum MWC 2015, spätestens aber mit dem Eintreffen der ersten Testgeräte mit Snapdragon 810-Chipsatz sowie dem Galaxy S6 und S6 edge festgestellt haben, lag Samsung nicht ganz falsch: Zum einen dominiert ihr eigener Exynos-Chip in Benchmarks die Konkurrenz deutlich, zum anderen leidet das Qualcomm-SoC tatsächlich an Hitzeproblemen und damit verbundener teils drastischer Drosselung. Für das Galaxy S6 war der Wechsel zum Exynos also ein Segen.
Die anderen Hersteller freilich hatten die Möglichkeit der Absage an den Snapdragon nicht, weil sie anders als Samsung keine eigenen Chipsätze bauen; sie sind bis auf weiteres auf Qualcomm angewiesen und mussten deswegen auch inmitten der Gerüchte den Schulterschluss mit den Amerikanern suchen, um ihre eigenen Produkte nicht schon vor dem Release ins PR-technische Hintertreffen geraten zu lassen.
Samsungs Wechsel zum Exynos dürfte Teil einer langfristigen Strategie sein
Aber auch Samsung wird nicht erst mit der aufkommenden Kritik am Snapdragon 810 entschieden haben, umzusatteln. Vielmehr dürften die Probleme mit dem Qualcomm-Chip ein konkreter und willkommener Anlass gewesen sein, das vermutlich von langer Hand geplante Unterfangen PR-wirksam in die Tat umzusetzen. Einziger Knackpunkt schien zunächst die Fähigkeit Samsungs zu sein, Exynos 7420-Chipsätze in ausreichender Quantität zu produzieren. Aber wie bei Qualität haben die Koreaner auch diesbezüglich bewiesen, dass sie eines der wichtigsten Smartphones des Jahres adäquat ausstatten können: Bislang gibt es keine Meldungen über Produktionsengpässe bei Samsungs Smartphone-Flaggschiff (was nun nicht heißt, dass die in den nächsten Wochen nicht doch noch aufkommen könnten). Samsung kann fortan nicht nur Smartphones, Samsung kann auch Chipsätze.
Was aber fangen die Koreaner nun mit dieser neuen Rolle an und was haben wir als Konsumenten davon? Die Antwort auf beide Fragen lautet schlicht: jede Menge. Für Samsung gibt es zwei mögliche Szenarien — auf diesem Sektor unabhängig zu sein oder gar in Konkurrenz zu Qualcomm zu treten.
Für Ersteres spricht, dass Samsung schon immer bemüht war, in allen Bereichen der Smartphone-Produktion möglichst eigenständig arbeiten zu können zu sein. Wir erinnern uns an die ständigen Versuche, sich mit eigenen Betriebssystemen wie Bada oder Tizen von Google und Android zu lösen. Ein Big Player wie Samsung lässt sich eben ungerne von anderen Big Playern vorschreiben, was er zu tun hat. In vielen Bereichen stehen die Koreaner anders als zahlreiche Wettbewerber bereits auf eigenen Beinen, eigene Prozessoren würden sie auch vom bisherigen Monopolisten Qualcomm lösen — und dadurch helfen, Kosten zu sparen und mehr Kontrolle über die gesamte Produktion zu erlangen.
Hinzu käme noch der Unterscheidungsfaktor gegenüber der Armada von Qualcomm-Geräten: Im vergangenen Jahr werkelte quasi in jedem Flaggschiff der gleiche Chipsatz, lediglich im Laufe der Monate gab es Sprünge vom 800er zum 801er und schließlich zum 805er. Würden Samsung-Smartphones künftig allesamt mit einem Exynos-SoC laufen, wäre das eine unter Umständen Marketing-wirksame Differenzierung zu den Produkten von LG, Sony, HTC und auch den meisten neuen und erfolgreichen Geräten aus China.
Oder Samsung wird zum Mobile-Chip-Player ...
Fest steht, dass Samsung weiterhin intensiv an seinen Chipsätzen entwickeln wird, um den aktuellen Vorsprung zu halten und dieses Feld auszubauen: Diversen Berichten koreanischer Business-Magazine zufolge wird Samsung sich im kommenden Jahr mit einem Chipsatz gegenüber Qualcomm und Apple aufstellen, der nicht nur aus eigener Produktion kommt, sondern auch über einen selbst designten Application Prozessor verfügt. Dieser soll 2016 in direkte Konkurrenz zu Apples Cyclone- und Qualcomm Kyro-Chips treten. Da Samsung schon jetzt einen leichten Entwicklungsvorsprung gegenüber Qualcomm hat — die Amerikaner werden erst mit dem später im Jahr erscheinenden Snapdragon 820 auf das energieeffizientere 14 nm-Herstellungsverfahren setzen —, ist es nicht abwegig, dass auch dieses Vorhaben ein voller Erfolg wird.
Und wenn Samsung tatsächlich so gute Chips bauen kann, dann können sie diese auch verkaufen — der Markt wäre vorhanden, da mit Sicherheit zahlreiche der prominenten Abnehmer nichts gegen eine Alternative zum Quasi-Monopolisten Qualcomm einzuwenden hätten. Damit würden die Koreaner zwar das weiter oben erwähnte Alleinstellungsmerkmal ihrer Galaxy-Geräte sabotieren, aber die Gewinne die das Unternehmen mit dem Verkauf von Chipsätzen sowohl monetär als auch hinsichtlich einer Einflussnahme auf den Markt einfahren könnte, wären ungleich größer. Dass Samsung darüber hinaus keine Probleme damit hat, seine Komponenten gewinnbringend auch an die Konkurrenz zu verkaufen, zeigt das Beispiel Apple: Cupertino wird von Korea immer noch mit fast der Hälfte der A8-Chips für die aktuelle iPhone-Genration beliefert.
Für uns Konsumenten hätte ein Einstieg Samsungs in den Markt der mobilen Chipsätze ebenfalls Vorteile: Zum einen hätten wir die angesprochene Wahl zwischen dem SoC, das aktuell besser oder günstiger oder akkuschonender oder kühler ist, zum anderen würde auch in diesem Fall die neue Konkurrenz das Geschäft beleben. Das würde sich wohl weniger in sinkenden Smartphone-Preisen, dafür aber in noch leistungsfähigeren innovativeren, energiesparenden und schlicht besseren Prozessoren niederschlagen. Abgesehen davon könnte Samsung auch die eigenen Geräte künftig noch optimaler auf den eigenen Chipsatz abzustimmen. Das ist etwas, das bislang nur Apple aus gegebenen Gründen gelingt. Eine vergleichbare Inhouse-Lösung aus Korea könnte aber auch die Android-Phones von Samsung über kurz oder lang auf dieses Niveau heben.
Warten wir ab, wohin die Chipsatz-Reise für Samsung tatsächlich geht. Die erste Etappe — der Exynos 7420 im Samsung Galaxy S6 — jedenfalls verspricht viel.