Sechs Schattenwölfe für fünf Stark-Kinder – und einen Bastard, der gar keiner ist. Was genau hat es mit den Schattenwölfen auf sich und welche tiefere Bedeutung haben sie?
Eine Sache direkt vorweg: Bei Schattenwölfen handelt es sich nicht um 08/15-Wölfe, die einfach etwas zu groß geraten sind. Ähnlich wie Drachen, sind die Schattenwölfe mystische Wesen voller Magie und galten seit Jahrhunderten als ausgestorben. Und genau wie bei den Drachen (und anfangs auch den Weißen Wanderern) will zunächst niemand an ihre Existenz glauben. Aber die Schattenwölfe gehören genau so zu Game of Thrones wie Drachen und der Nachtkönig, denn sie verleihen der zunächst grundsoliden Familie Stark nicht nur eine lebensgetreue Darbietung ihres Wappentieres, sondern eine mystische Aura. Nymeria, Summer & Co. koppeln ihre Lebensenergien und ihr ganzes Sein an die Kinder der Starks.
Die Wiederentdeckung der Schattenwölfe
Erinnert ihr euch noch an die aller erste Folge Game of Thrones? Die Starks waren noch komplett, und Robb macht in den Wäldern einen ungewöhnlichen Fund: eine tote Schattenwölfin und ihre fünf Welpen.
Jedes Stark-Kind bekommt eines davon zugewiesen, immerhin ist der Schattenwolf das Wappentier des Hauses. Als alle Tiere verteilt sind, taucht ein weiterer Welpe auf: ein schneeweißer Sonderling. Er wird dem (damaligen) Bastard des Hauses zugesprochen: Jon Snow, der ihn mit Verwunderung annimmt. Lediglich Ziehsohn Theon Greyjoy, der bei der Entdeckung auch dabei ist, geht leer aus, erhebt aber auch keinen Anspruch auf einen der Wölfe. Ist hier schon der erste Clue versteckt, dass Theon sich nicht (oder viel zu spät) dem Haus Stark zugehörig fühlt?
Die Stark-Kinder und ihre Schattenwölfe: verknüpfte Lebensenergien
Sehr schnell wird klar: Die Schattenwölfe sind mehr als nur loyale Weggefährten der Stark Kinder. Nicht nur zeigen die Wölfe dieselben Charaktereigenschaften wie ihre Besitzer, sie scheinen an deren Lebensenergie und ihr Schicksal gekoppelt. Doch schauen wir uns einmal genauer an, wie die Geschichten der Stark Kinder und ihrer Schattenwölfe miteinander verwoben sind.
Sansa und Lady: Die ersten und ewigen Opfer
Sansas Schattenwolf Lady ist, wie der Name schon sagt, ladylike und grazil wie Sansa selbst. Und sie wurde genauso zum Opfer wie später Sansa, denn sie musste für etwas büßen, dass Nymeria (Aryas Wölfin) getan hat. Ihr erinnert euch? Nymeria hat Prinz Joffrey gebissen und wurde darauf hin von Arya verbannt. Weil Cersei ihren Goldjungen rächen will, muss die arme Lady büßen und wird von Ned Stark getötet. Damit ist Lady nicht die Einzige, die kurz nach Einzug ins Haus Lannister gequält und geopfert wurde: Sansa ist, wenn auch metaphorisch, im Hause Lannister tausend Tode gestorben. Alles was an ihr kindlich und naiv war, ist hier grausam zugrunde gegangen. Genau wie Lady hat sie in Kings Landing (Königsmund) eine Opferrolle einnehmen müssen, stets den Launen von Joffrey, Cersei und Co. ausgeliefert.
Arya und Nymeria: Auf ewig wild und ungezähmt
Wie eben bereits erwähnt, setzte sich Nymeria aktiv gegen Joffreys Grausamkeiten zur Wehr (genau so bissig wie sich auch Arya zur Wehr gesetzt hätte) und wurde dafür zu ihrer eigenen Sicherheit ins Exil geschickt. Doch genau wie Arya ist Nymeria eine Kämpfernatur und hat sich in diesem Exil wunderbar eingelebt: Nymeria lebt ungezähmt ein Leben in Freiheit – genau wie Arya, die sich allein durch die Wildnis schlug. Als Arya und Nymeria in Staffel 7 nach Jahren wieder aufeinander treffen wird klar: Nymeria ist genauso wenig wie Arya für ein Leben in Gemächern und Hörigkeit gedacht. Sie muss wild bleiben.
Ein witziges Detail: Wer genau hinsieht wird bemerken, dass Nymeria genau so ausdrucksstarke Augenbrauen hat wie Arya.
Robb Stark und Grey Wind: eine unmittelbare Gefahr
Robb Stark wurde von seinen Anhängern "Der junge Wolf" genannt. Die Kinder erzählten sich Legenden darüber, dass Robb in den Körper seines Wolfs fahren und seine Feinde töten kann. Sein Schattenwolf Grey Wind war in der Tat eine effiziente Tötungsmaschine und immer an seiner Seite. Er wurde genau wie Robb von den Freys und ihrer Gefolgschaft getötet. Ein Umstand, der gefeiert wurde: Immerhin war die größte Gefahrenquelle eliminiert.
Bran und Summer: Im Geiste mehr vereint als alle anderen
Bran hat eine lange Historie wenn es darum geht, nicht auf Leute zu hören und den Menschen um sich herum Sorge und Unheil zu bringen. Sei es drum, dass er die Regeln seiner Mutter missachtet und auf der Burgmauer umher klettert (wofür er mit einer Querschnittslähmung büßte) oder ob er die Regeln des Dreiäugigen Raben missachtete, wofür alle in seinem Umfeld büßen mussten, nicht zuletzt der Dreiäugige Rabe selbst sowie der getreue Hodor (Hodor!).
Der Schattenwolf Summer war Brans erste Möglichkeit zumindest geistig seiner Querschnittslähmung zu entfliehen. Er war süchtig danach, konnte nicht mehr aufhören im Körper des Schattenwolfs durch den Wald zu rennen und zu jagen. Es mag sich hart anhören, aber: Seit Bran der Dreiäugige Rabe ist, sich in alles und jeden wargen kann und keine emotionalen Bindungen mehr eingeht, hat Summer ausgedient. Bran braucht Summer genau so wenig wie er noch Meera braucht. Summer blieb in der Höhle des Dreiäugigen Rabens zurück und wurde dort von den Untoten zerpflückt.
Die Metapher dahinter: Brans Schattenwolf Summer ist genau so tot wie der alte Bran. Schließlich gibt es den Bran Strak, den wir kannten, nicht mehr – er ist jetzt der Dreiäugige Rabe, eine gruselige Gestalt, die in Rätseln spricht und seinem Gegenüber so herzlich auftritt wie eine kalte Scheibe Toast.
Rickon und Shaggydog: Sie konnten nicht vor Ramsay davonrennen
Eine tragische Geschichte: Jahrelang war Rickon verschwunden, schlug sich zusammen mit Wildling Osha durch und musste letztendlich sterben, weil er noch nie davon gehört hat, dass man unter feindlichem Beschuss immer im Zickzack laufen muss. Er wurde Opfer von Ramsay und seinen Pfeilen. Sein Schicksal war vermutlich aber schon besiegelt, als der Kopf von Shattenwolf Shaggydog auftauchte. Sansa, die den grausamen Ramsay besser kannte als jeder sonst, hatte es passend formuliert: "Rickon ist verloren."
Shaggydog wird in den Büchern als verwahrlostes Biest beschrieben, voll von "Angst und Wut". Auch Rickon gilt, seit seine Mutter weg ist, als emotional instabil und "so wild wie sein Wolf". Der Bund zwischen ihm und Shaggydog schien sehr stark. Kein Wunder also, dass beide ihren Tod bei Ramsay Bolton fanden.
Jon Snow und Ghost: Noch immer vereint – aber nur zeitweise
Beim Auffinden der Schattenwölfe, gilt Jon Snow noch zu Unrecht als der Bastard der Familie Stark – eigentlich steht ihm genau so wenig ein Tier zu wie Ziehsohn Theon Greyjoy. Doch der allerletzte Welpe ist ein weißer Sonderling und Außenseiter: Ghost (oder auch Geist) ist ein Albino mit roten Augen und im Buch dafür bekannt, sich extrem lautlos und unbemerkt zu bewegen. Jon bekommt den schneeweißen Freak zugewiesen. Und auch er bewegt sich bei Familie Stark (vor allem in Gegenwart von Catelyn Stark) unter dem Radar.
So fehl am Platz wie Jon bei den Starks wirkte, scheint auch Ghost zwischen seinen Wurfgeschwistern. Genauso wenig gern gesehen sind beide bei der Nachtwache. Jon wehrt sich dagegen, Ghost wie vorgeschlagen nördlich der Mauer auszusetzen. Ghost ist bei der Nachtwache häufig weggesperrt und wird nur in Notsituationen dazu geholt. Auffällig ist, dass er eine immer kleinere Rolle in Jons Leben zu spielen scheint: Bei den großen Schlachten ist er nicht an seiner Seite, auch nicht bei der Expedition in den Norden. Lediglich als der tote Jon aufgebahrt ist, wacht Ghost an dessen Bahre. Woran liegt das? Entfernen sich Jons und Ghosts Lebensenergien und Wege voneinander, vor allem jetzt wo Jon Snow auch ein Targaryen ist und ebenso gut einen Drachen haben könnte? Oder liegt es an einem sehr pragmatischen Grund: einer Einsparung der Produktionskosten. Manch einer munkelt, das angesetzte Budget für Spezialeffekte sei mit den epischen Schlachten und Feuer speiende Drachen erschöpft. Einen animierten Schattenwolf in der Geschichte zu behalten, erschien als zu teuer, und so wurde Ghost mehr zur Randfigur. Interessant ist, dass Jon Snow sich mit Daenerys in eine Frau verliebt, die ebenso wie er ein Fabelwesen an der Seite hat.
Die Magie ist nach Westeros zurück gekehrt und niemand will es wahrhaben
Genau wie die Drachen sind die Schattenwölfe sagenumwoben und ein erstes Zeichen dafür, dass die Magie nach Westeros zurück gekehrt ist. In den Büchern haben die Schattenwölfe ein magisches Band zueinander: Sie fühlen gegenseitig ihre Präsenz auf Erden, wissen, wann jemand aus ihrem Rudel stirbt oder verloren ist. Die Stark Kinder wiederum leben jahrelang in Ungewissheit darüber ob sie inzwischen zum Einzelkind geworden sind oder nicht. Das ist ein großer Unterschied, der das Stark-Rudel von den Schattenwölfen unterscheidet. Aber wie heißt es so schön in Staffel 7:
"Der einsame Wolf stirbt – aber das Rudel überlebt."
Offen bleibt ob alle Stark Kinder mit der Gabe gesegnet waren, sich in ihre Schattenwölfe hinein zu versetzen. Hat außer Bran noch wer Tendenzen zum Warge-Dasein? Schwer zu sagen: In den Büchern gibt es diverse Andeutungen darüber ob die Stark Kinder allesamt eine Form von Wargs sein könnten. In der Serie wurde das offenbar wenig bis gar nicht aufgegriffen. Magie ist darin generell spärlich gesät. Lediglich bei Rickon finden sich auch in der Serie Indizien: Rickon hat offenbar, ähnlich wie Bran, prophezeiende Träume. allerdings sehen wir in der Serie zu wenig von ihm um zu erfahren ob er ebenso wie Bran ein Warge ist.
Geklärt ist das auch bei Jon nicht. Eine von vielen Fan-Theorien besagt, dass Jon nie richtig tot war, sondern sein Schattenwolf seinen Geist (oder auch sein Ghost) kurzzeitig in sich trug und so am Leben hielt. Wir werden es vermutlich nie erfahren.
Ihr wollt noch mehr Fan-Theorien und Insiderwissen?
Für alle, die gar nicht genug Gossip aus Westeros bekommen, haben wir hier noch was: Das Schicksal der Drachen ist schon längst besiegelt und: Vielleicht war es gar nicht Melisandre, die Jon Snow zum Leben erweckt hat. In diesem Sinne: Valar morghulis und so.