Umbruch bei Samsung: Nach dem Paradigmen-Wechsel in Sachen Geräte-Design, dessen Anfänge wir beim im Metall-Unibody vorgestellten Galaxy A3- und A5-Modellen seinen vorläufigen Höhepunkt erreicht hat, scheinen die Koreaner nun ihr nächstes "hässliches Entlein" anzugehen und das TouchWiz-UI im Zuge des Android 5.0 Lollipop-Updates auszumisten — mit visuell wie funktional beachtlichem Ergebnis.
So angetan ich derzeit vom Look und den neuen Features der Android-Version 5.0 bin, so groß ist auch meine Sorge, dass Nutzer auf ganz vielen Geräte gar nicht in den vollen Genuss aller erweiterten Funktionalität und vor allem des schicken Material Designs kommen werden. Der Grund: die eigenen Benutzeroberflächen der Hersteller, die vor allem auf Geräten von Sony, LG, HTC und ganz besonders Samsung ein teilweise komplett von Android losgelöstes Eigenleben führen — und den Besitzern dieser Smartphones und Tablets damit allzu oft viel Gutes, das das Google OS inzwischen bietet, einfach vorenthalten.
Samsungs TouchWiz UI wird von vielen Kunden der Koreaner geschätzt, weil sie sich über die Jahre an diese "Version" von Android gewöhnt haben. Kenner hingegen verachten die bonbonfarbene-Benutzeroberfläche ob ihrer Trägheit, ihres inkonsistenten Looks und der unnötig verschachtelten, zum Teil konfusen Menüführung.
Samsungs Design-Revolution greift auch bei der Software
Wir hatten ersten Android 5.0 Lollipop-Builds für das Galaxy S4 können wir aber erahnen, dass die Koreaner auch bezüglich der Software eine neue Richtung einschlagen.
Neben den zahlreichen Navigations-Erleichterungen und Umsortierungen, an die sie Veteranen erst werden gewöhnen müssen und die andererseits teilweise immer noch recht unübersichtlich und umständlich wirken, fällt vor allem der grundsätzliche Farbwechsel in den Menüs ins Auge. Ganz klar muss an dieser Stelle gesagt werden, dass die hellen Hintergründe in den Einstellungen nicht allein Android 5.0 Lollipop geschuldet sind, sondern so auch schon beispielsweise in den neuen Galaxy Tabs S zum Einsatz kamen. Aber die Anleihen an Googles Material Design sind in Form von Animationen durchaus vorhanden — und diese schnelle Integration solcher Nuancen ist ein relatives Novum für Samsung.
Ein Novum sind so gesehen auch die hellen Flächen für sich. Die Koreaner hatten gute Gründe, die Hintergründe ihres UIs bislang so dunkel wie möglich zu halten: Da Samsung vornehmlich auf AMOLED-Displays setzt und schwarze Bildpunkte bei diese Technik nicht leuchten, faktisch also keinen Strom verbrauchen, war der triste Look in den Einstellungen und Menüs stets auch praktischen Überlegungen geschuldet.
Ein Zugeständnis an Samsungs Stammkunden
Warum also nun plötzlich so viele helle, freundliche, aber eben auch potenziell stromfressende Flächen? Zwei Möglichkeiten gibt es, eine Mischung aus beiden dürfte wohl zutreffend sein: Zum einen nimmt Google zunehmend Einfluss darauf, wie Android sich auf Geräten anfühlt, bedient, wie es aktualisiert wird und eben auch, wie es aussieht. Nicht unwahrscheinlich also, dass sich Mountain View und Seoul ernsthaft darüber unterhalten haben, wo es eigentlich hingehen soll/darf mit TouchWiz. Schließlich prangt auf Googles Bestreben hin der Android-Schriftzug beim Boot-Vorgang fast jedes neuen Gerätes auf dem Display.
Der zweite Punkt wären Fortschritte beim Strombedarf der AMOLED-Screens und der Akku-Kapazitäten: Eventuell ist der Gewinn an Laufzeit durch vornehmlich dunkle Flächen einfach nicht mehr nennenswert genug, um seinem UI deswegen diesen Trauerflor anzuheften. Schlussendlich kommen die Änderungen der Design-Paradigmen bei Samsung nicht aus dem Nichts, sondern sind der Notwendigkeit geschuldet, wieder mehr Gewinne zu generieren und damit verbunden, neue Käuferschichten zu gewinnen. Mit leuchtenden, freundlichen und vor allem zeitgemäßeren — und was ist in Sachen Android zeitgemäßer als Material Design? — Benutzeroberflächen gelingt das unter Umständen leichter. Das nun ausgerechnet das "alte" Galaxy S4 als eines der ersten Smartphones mit diesem frischen Design bedacht wird, darf da als Test und Zugeständnis an Samsungs Bestandskunden gewertet werden.
Wie bereits erwähnt stellt das, was wir da oben im Video sehen, nun bezüglich des Designs und der Nutzerführung immer noch keine vollständige Wandlung vom Saulus zum Paulus dar — weiterhin scheinen mir Design und Navigation etwas inkonsistenter und konfuser als unter purem Android oder auch bei UIs anderer Hersteller. Aber wie das Galaxy Alpha und das Note 4, wie die Galaxys A3 und A5 ist es ein weiterer Schritt der Koreaner in eine, nennen wir sie mal frischere Zukunft, die mit den bisherigen Design-Paradigmen des Unternehmens deutlich bricht. Und das gab es bei Samsungs Mobile schon zu lange nicht mehr.