Die Medien drehen durch: Apple will GoPro angreifen! Aktie im Sturzflug! Warum das ausgemachter Blödsinn ist.
Mit dem Unfall von Michael Schumacher begann die Talfahrt. Ein Journalist hatte berichtet, dass der Ex-Formel-1-Profi so schwere Verletzung durch seinen Unfall erlitten hatte, weil er eine GoPro auf dem Helm montiert hatte. Auch wenn bislang noch Untersuchungen ausstehen, inwiefern überhaupt den Actioncam-Hersteller und nicht etwa den Helmproduzenten eine Schuld trifft, musste bereits im Oktober die Aktie rund 15 Prozent ihres Wertes einbüßen. Seitdem ging es weiter bergab für GoPro an der Börse. 51 Prozent seines Wertes hat das Unternehmen seitdem verbrannt.
Das Patent stammt aus dem Jahr 2012 - und beruht auf einer Kodak-Idee
Und jetzt das: US-Blogs berichteten darüber, dass Apple ein Patent für eine Actioncam eingereicht hat. Einige Medien machen daraus die Meldung, dass der Konzern aus Cupertino GoPro angreifen will. Das verschreckte die Anleger so sehr, dass die Aktie von GoPro wiederum 15 Prozent einbüßte. Dabei haben wir es hier mit viel Lärm um Nichts zu tun. Apple reicht jedes Jahr Tausende Patente ein: von Airbags für herunterfallende iPhones über neue Arten zum Datentransfer zwischen iOS-Geräten oder futuristische Arten der Benutzerführung. Der überwiegende Großteil dieser Patente bleibt aber eben auch das: ein Patent, eine Sicherung einer Erfindung.
Doch nur, weil es theoretisch machbar wäre, setzt Apple das nicht auch zwangsweise um. Der Konzern ist dafür bekannt, sich potenzielle neue Märkte erst in Ruhe anzuschauen und andere die ersten Fehler machen zu lassen. So geschehen bei den Smartphone und Tablets, bei denen Apple nicht Pionier war, aber mit dem Markteintritt der Branche jedes Mal Aufwind verschaffte - und jede Menge Copycats anzog.
Apple kritisiert GoPro im Antrag
Vor diesem Hintergrund ist die Aufregung verständlich, wenn der iPhone-Bauer auch nur darüber nachdenkt, in einen neuen Markt einzusteigen. Doch zweifelsohne wird man vorerst mit dem Launch der Apple Watch und dem Einstieg ins Smartphone-Segment beschäftigt sein. Doch wohlgemerkt: Das eingereichte Patent stammt von 2012, wurde jetzt erst zugesprochen.
Kurios: Tatsächlich erwähnte Apple damals in dem Antrag sogar die GoPro-Kameras - genauer: ihre Schwachstellen. Demnach könne die Kamera unter Wasser aufnehmen, auch würde das Apple-Modell über bessere Bildsensoren verfügen. Als Fernsteuerung könnte ein Armband dienen - in die Gegenwart übersetzt: eine Smartwatch.
Nun ja: Als Apple das Patent einreichte, war GoPro gerade mit der HD Hero 2 auf dem Markt, im Laufe des Jahres kam die HD Hero 3 auf den Markt. Seitdem hat der Actioncam-Primus seine Kameras konsequent verbessert, sein Zubehör erweitert und Fehler ausgemerzt. Mehr noch: Laut PatentlyApple beruht das eingereichte Patent auf geistigem Eigentum von Kodak.
Apple ist ein Kamera-Verbauer, kein Kamerabauer
Zumal sich mir auch der praktische Nutzen für Apple, eine Actioncam auf den Markt zu bringen, nicht erschließt. Schließlich ist das iPhone, vor allem das iPhone 6 Plus mit optischem Bildstabilisator, schon eine Actioncam mit Telefonie-Funktion. Alles, was es braucht, ist noch ein entsprechendes Case, das vor Stürzen und Wasser schützt - etwa von LifeProof oder Otterbox.
Kurzum: Eine Actioncam von Apple? Nope! Der Konzern hat sich darauf spezialisiert, im Luxussegment Milliardengewinne einzustreichen. Ein Plan, der bei der momentanen Marktmacht von GoPro und der enormen Konkurrenz durch Sony, Rollei und Co., nur schwer umzusetzen ist. Mehr noch: Apple verbaut zwar Kameras in seinen iPhones, die deswegen seit Jahren die meistbenutzten Kameras der Welt sind, dennoch ist Apple kein Kamerabauer. Das müsste der Konzern aber sein, um konsequent Innovation in einem hartumkämpften Marktsegement liefern zu können.