Wie Cooks Coming-out Chinas iPhone-Kritiker anstachelte

Apple-CEO Tim Cook
Apple-CEO Tim Cook (© 2014 Apple )
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Als Tim Cook bei Bloomberg sein Coming-out offiziell machte, haben wir uns in der Redaktion die Frage stellt: Muss man das überhaupt bringen? Sollte es nicht das Normalste der Welt sein, wenn sich ein Mann offen zu seiner Sexualität bekennt? Das, was momentan im chinesischen Web passiert, sagt uns: Nope, leider nicht.

Warum China so wichtig ist? Weil gerade besuchte Tim Cook in jüngster Vergangenheit so oft. Und in keinem anderem Land der Welt konnte Apple in kürzester Zeit so viele iPhones absetzen wie in China. Außerdem lässt Apple dort einen Großteil seiner Geräte fertigen und ist damit ein nicht zu unterschätzender Katalysator des wirtschaftlichen Aufschwunges im Land.

Wenn sich Homophobie mit Apple-Hass vermischt

Gleichzeitig ist der Besitz oder Kauf eines iPhones wohl nirgendwo anders so sehr ein Statement wie in China. Denn dort sind Apples Smartphones vergleichsweise teuer. Vor allem, wenn man die preisgünstige Konkurrenz durch Xiaomi und Co. als Maßstab nimmt - Kollege Shu hat dazu bereits einen lesenswerten Artikel veröffentlicht. Kurzum: Ein iPhone ist in China nicht nur ein Smartphone, es ist ein Statement.

Umso gewichtiger ist also das, was nach dem Bekanntwerden von Cooks Coming-out passierte: Homophobie, die sich auf kuriose Weise mit Kritik am iPhone vermischte. Im Social Web hatte der CEO des wertvollsten Konzerns der Welt plötzlich den Namen des “bent man” weg. Ein despektierlicher Slang-Begriff für Schwule in China, der vor dem Hintergrund des #Bendgate eine gewollte Zweideutigkeit hat. “Kein Wunder, dass sich das iPhone so leicht verbiegt”, schrieben etliche Nutzer auf der chinesischen Mikrobloggingplattform Weibo.

Ein Nutzer ging sogar so weit und kritisierte jene, die sich über Cooks Homosexualität aufregen und weiterhin Apple-Produkte besitzen würden: “All jene, die Ihr Schwule diskriminiert: Wenn Ihr wirklich so clever wärt, würdet Ihr all Eure Apple-Produkte zerstören.” Aber es fanden sich auch andere Nutzer, die Cooks Outing begrüßten. Liu Songlin, Chairman der in Shenzhen ansässigen Firma Jucheng Management Consulting, verlost unter seinen rund 100.000 Followern sogar ein iPhone 6 an alle, die sein Weibo-Posting teilten.

Tatsächlich aber wirkt es so, als ob der Besitz und Kauf eines iPhones in China künftig stigmatisiert sein könnte. Denn noch immer ist Homosexualität im Reich der Mitte ein Tabu-Thema. Schwule sehen sich immer noch durch Justiz und Polizei diskriminiert. Ein weiteres Beispiel gefällig? So erklärt ein anderer Nutzer, dass es doch kein Wunder sei, dass ein Hintergrundbild in iOS eine Crysantheme sei. Zur Erklärung: Der Begriff wird in China für den Anus verwendet und häufig in Verbindung mit Analsex unter Männern verwendet. ForeignPolicy bringt’s auf den Punkt mit der Headline: “Tim Cooks Coming-out hat China in eine Nation von Fünftklässlern verwandelt”.

Lovestorm aus dem Silicon Valley

Nur China. Auch im deutschen Social Web finden sich Beiträge von Nutzern, die offenbar ein Problem damit haben, dass sich der CEO eines Smartphone-Hersteller outet.

Während seines Arbeitslebens habe er stets versucht, ein gewisses Level an Privatsphäre aufrechtzuerhalten, schreibt Tim Cook in seinem Coming-out-Artikel. Damit habe er in erster Linie das Augenmerk der Menschen auf die Produkte von Apple richten wollen und nicht auf seine Sexualität. Auf kurze Sicht scheint das dem 53-Jährigen nicht geglückt zu sein. Gleichzeitig habe er sich aber auch gefragt, was er für andere tun könne – und dies habe ihn nun zu seinem Outing bewogen. Ein guter Schritt, der von vielen Größen der Techbranche getragen wird, deren Technik und Dienste wir tagtäglich nutzen. Cook ist sich seiner Strahlkraft und Verantwortung bewusst. Ein Beispiel, dem andere folgen sollten.

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