Siri, Cortana oder Google. Eigentlich hat jeder Smartphone-Besitzer seinen persönlichen Assistenten bereits immer dabei. Amazon Echo ist dagegen eine Lösung rein für zu Hause. Kann dessen künstliche Intelligenz Alexa die Konkurrenz trotzdem übertrumpfen?
Seit einer Woche wohnt Alexa nun schon bei uns zu Hause. Dabei war der erste Kontakt gleich ein großes Missverständnis. Direkt nach der Einrichtung der smarten Dose Amazon Echo wollte ich den Assistenten natürlich ausprobieren: "Alexa, spiel Musik!" war mein Kommando. Die Antwort: "Hier ist ein Amazon-Music-Sender, der Dir vielleicht gefällt: Pur." Ausgerechnet Pur! War das ein Hinweis darauf, dass der Test ins Abenteuerland führt?
Zunächst einmal müssen wir unterscheiden: Der Lautsprecher Amazon Echo ist quasi die Hülle für die künstliche Intelligenz Alexa. Rein optisch gefällt der Echo durch das unauffällige Design. Der Speaker sieht aus wie, naja, wie moderne Lautsprecher heutzutage eben aussehen: unscheinbar und unaufdringlich. Das liegt auch daran, dass Amazon die Bedienelemente minimalisiert hat. Am Gerät gibt es nur zwei Buttons und den Lautstärkering. Benutzen müsst Ihr die drei Elemente nur selten, denn Ihr könnt und sollt den Echo ja mit Eurer Stimme steuern. Am häufigsten braucht Ihr wohl noch den Stummschalter.
Damit Alexa Euch immer hört, auch dann, wenn es laut ist oder Ihr weiter entfernt steht, stattet Amazon den Lautsprecher mit sieben Mikrofonen aus. Sie sind rund um den Lautstärkering angebracht und ermöglichen es so, Störgeräusche aus der Umgebung herauszufiltern. Im Test klappte die Erkennung trotz tobender Kinder im Hintergrund immer sehr zuverlässig. Auch die Sprachausgabe geht in Ordnung. Hier und da klingt Alexa noch etwas roboterhaft, das gibt sich aber sicher mit kommenden Updates.
Soll sie mal etwas nicht mitbekommen, drückt Ihr einfach auf den Button. Der zweite dient dazu Alexa zu aktivieren, wenn sie Euch nicht hören will. Das kam im Test aber aus dieser Distanz nie vor. Wenn Ihr Alexa aktiviert, leuchten blaue LEDs auf, die nicht nur zeigen, dass die KI aufnahmebereit ist, sondern auch, woher das Kommando kam. Bewegt Ihr Euch beim Sprechen durch den Raum, folgt Euch das Licht.
Alexa als bezaubernder Flaschengeist?
Um Alexa zu aktivieren sagt Ihr einfach das festgelegte Codewort. Neben "Alexa" steht Euch allerdings nur der Begriff "Amazon" zur Verfügung. Von Haus aus liegt der Fokus natürlich auf Amazons eigenen Diensten. Über Echo könnt Ihr Eure Audible-Hörbücher anhören und Musik über Amazon Prime Music spielen. Alternativ habt Ihr aber auch Zugriff auf TuneIn oder Euer Spotify-Konto. Dann müsst Ihr die Spracheingabe aber spezifizieren ("Spiele meine Lieblingsplaylist auf Spotify").
Natürlich könnt Ihr über den Echo auch bei Amazon einkaufen. Das ist allerdings etwas holprig gelöst. Beim Versuch einen Amazon Fire TV zu kaufen, hat mir Alexa erstmal ein Fire-Tablet herausgesucht, weil das Gerät in meiner Bestellhistorie auftaucht. Außerdem müsst Ihr Euch immer die komplette Artikelbezeichnung anhören und den Kauf nochmals bestätigen. Im Zweifel seid Ihr mit dem Smartphone oder PC schneller.
Wollt Ihr verhindern, dass Mitbewohner oder Familienmitglieder Schabernack mit Eurem Amazon-Konto treiben, könnt Ihr die Kaufoption über die Alexa-App für iOS, Android und Fire OS auch abschalten. Über die Anwendung legt Ihr auch Euren Standort und Euren täglichen Arbeitsweg fest. Alexa versorgt Euch dann auf Nachfrage mit Wetter- und Verkehrsdaten. Tagesaktuelle Nachrichten ruft Alexa aus Quellen wie “Tagesschau”, “Spiegel Online” oder “Sky Sports” ab. Außerdem könnt Ihr über die App Smarthome-Geräte mit Echo koppeln. Unterstützt werden unter anderem Geräte von tado, Netatmo und die Philips-Hue-Lampen.
Darüber hinaus kann Alexa viele Basics, die auch Siri oder der Google Assistant auf Lager haben. Dazu gehören das Stellen eines Timers oder Weckers, das Abfragen von Bundesliga-Ergebnissen und das Erstellen von To-Do- oder Einkaufslisten. Und natürlich könnt Ihr auch ein wenig Spaß mit der KI haben. Alexa erzählt Euch auf Wunsch Witze oder antwortet auf Film-Anspielungen wie "Ich komme wieder" aus "Terminator" mit "Hasta la vista, Baby."
Erweitern könnt Ihr den Funktionsumfang über sogenannte Skills. Im Prinzip sind das Apps anderer Hersteller. Ganz neu ist zum Beispiel die Zusammenarbeit mit der Deutschen Bahn. Um den DB Navigator zu aktivieren, müsst Ihr explizit sagen: "Alexa, frage Deutsche Bahn nach einer Verbindung von Hamburg nach München." Auf andere Anfragen, etwa "Wann fährt der nächste Zug nach München", kann die KI keine Auskunft geben. Darüber hinaus mangelt es noch an verfügbaren Skills. Neben der Deutschen Bahn gehört der Taxi-Dienst myTaxi noch zu den berühmteren Unternehmen, die die deutsche Alexa-Plattform unterstützen.
Alexa versteht keine Zusammenhänge
Auch Folgefragen kann sie nicht beantworten. Denn anders als der Google Assistant, dessen Fokus darauf liegt kontextuelle Antworten zu geben, versteht Alexa keine Kontext-Anfragen. Ihr könnt sie zwar fragen, wie hoch der Eiffelturm ist und bekommt darauf eine korrekte Antwort, mit der Folgefrage “Und wie komme ich da hin?”, kann sie aber nichts anfangen. Auch Alexas Allgemeinwissen ist noch ausbaufähig. Zwar weiß sie, wer Apple oder Amazon gegründet hat. Die CEOs von Tesla und Google kennt sie aber nicht. Danach dürften aber nur die Wenigsten fragen.
Zum Schluss noch ein Wort zum Datenschutz. Fest steht: Amazon Echo hört immer zu. Damit es seinen Einsatz nicht verpasst, wenn Ihr nach ihm ruft, sind die Mikrofone ständig aktiv. Amazon erklärt hierzu, dass keine Inhalte in die Cloud hochgeladen werden, solange Ihr keine Anfrage stellt. Nur dann leuchtet auch der blaue Ring am Gerät. Wer möchte, kann darüber hinaus in der Alexa-App nachträglich die geloggten Anfragen wieder löschen.
Fazit: Für Alexa ist es noch zu früh
Relativ schnell hat sich bei mir zu Hause herauskristallisiert, wo der Echo seinen besten Einsatzort hat: in der Küche. Es ist einfach praktisch, bei der Küchenarbeit per Stimme die Musik einzuschalten, nach Chefkoch-Rezepten zu fragen oder Timer zu stellen. Das allein ist mir die 180 Euro, die Amazon für den Echo aufruft, jedoch nicht wert. Auf die Frage "Alexa, wie gut bist du?", antwortete die KI mit "Das gehört genau zu den Dingen, die ich nicht weiß." Ich sehe das genauso, denn Alexa kann mir in Deutschland noch entschieden zu wenig, um den aufgerufenen Preis zu rechtfertigen.
Mit der Zeit wird sich der Umfang dank Cloud-Anbindung aber erweitern. Interessanter ist da der Echo Dot. Amazons Kleiner kommt ohne den vergleichsweise voluminösen Körper, eignet sich also nicht zum Musik hören. Alles andere kann der Dot aber auch. Mit einem Preis für 60 Euro ist er ungleich günstiger, aber genauso schwer zu kriegen. Für den Kauf braucht Ihr vorerst nämlich eine Einladung von Amazon – und, um die zu kriegen, Geduld und Glück.