Auf dem Mobile World Congress 2017 (MWC) hat HMD Global mit dem Nokia 3310 einen Retro-Hype losgetreten. Jetzt ist das Handy in der Redaktion angekommen. Kann der Retro-Charme auch im Alltag überzeugen? Wir machen den Test.
Mit dem Nokia 3310 war Nokia um die Jahrtausendwende das Maß aller Dinge. Das Handy war zeitweise das meistverkaufte Mobilfunktelefon der Welt und entsprechend beliebt bei den Nutzern. Kein Wunder also, dass die (Technik)-Welt auf dem MWC 2017 ausflippte, als “HMD Global”-CEO Arto Nummela das Handy im Stil eines Steve Jobs als "One more thing" aus dem Hut zauberte. Kurz erklärt: HMD Global hat von Nokia die Lizenzen gekauft, um nun Handy mit der Marke produzieren zu dürfen.
Nun, Monate nach der Veranstaltung, muss das Gerät aber im Alltag zeigen, ob der Retro-Charme über fehlende Funktionen hinwegtrösten kann und wieviel vom Ur-Nokia 3310 eigentlich drinsteckt.
Darin unterscheiden sich Original und Neuauflage
Denn obwohl man durchaus eine optische Ähnlichkeit zwischen Original und Neuauflage ausmachen kann, hat HMD einiges verändert: Das Gehäuse besteht nach wie vor noch aus Plastik, es wirkt aber weniger stabil als das des Originals. Dafür ist die Neuauflage leichter und dünner, das Design noch etwas runder und wirkt dadurch zeitgemäßer. Statt des Nokia-Ladeanschlusses, für den früher jeder Freund das passende Kabel hatte, gibt es jetzt einen Micro-USB-Anschluss. Für den hat dann dann heute jeder Freund ein passendes Kabel.
Natürlich wurde auch der Bildschirm angepasst. Er zeigt jetzt Farben an (!) und bietet mit 320 x 240 Pixeln eine wesentlich höhere Auflösung als das Monochrom-Display des Originals (84 x 84 Pixel). Mit hochaufgelösten Smartphone-Bildschirmen kann das Nokia 3310 aber natürlich nicht mithalten. Von einem 50-Euro-Phone erwartet das aber auch niemand.
Ebenfalls neu ist eine Kamera auf der Rückseite. Sie löst mit zwei Megapixeln auf, ist aber nicht der Rede wert. Wollt Ihr trotzdem damit fotografieren, könnt Ihr den mageren, 16 Megabyte großen Speicher per microSD-Karte um bis zu 32 Gigabyte erweitern. Alternativ könnt Ihr auch MP3s auf die Karte laden und das Phone dank Kopfhöreranschluss als Musikspieler nutzen.
Mit Browser und Snake, aber ohne WhatsApp
Das Layout der Tastatur ist vertraut, wurde aber ebenfalls modernisiert: Es gibt ein numerisches Keyboard, darüber sitzen neu angeordnete Buttons für eine einfache Menüführung. Selbsterklärend: Das Handy zeigt wie damals an, welcher Button welche Aktion ausführt. So lässt sich das minimalistische Betriebssystem, genannt Series 30+, ohne weitere Vorkenntnisse bedienen. Genau wie damals.
Allzu viel könnt Ihr damit aber nicht anstellen. Zwar ist mit Opera Mini auch ein Browser installiert. Doch der zeigt Webseiten eher schlecht als recht an. Dazu kommt die Geschwindigkeit: Das Nokia 3310 ist zwar Dual-SIM-fähig, lässt Euch aber nur mit 2G surfen. Das ist ganz schön langsam. Statt zu surfen könnt Ihr derweil eine Runde zocken. Denn was wäre ein Nokia-Handy ohne Snake? Natürlich hat auch das Game eine Frischzellenkur erfahren. Die Steuerung ist wesentlich einfacher als früher. Außerdem bewegt sich die Schlange nicht mehr in 90-Grad-Winkeln, sondern stufenlos. Wie das aussieht, könnt Ihr Euch in diesem Video ansehen.
Wenn Euch Snake nicht reicht, habt Ihr die Möglichkeit, weitere Apps und Spiele über einen Store nachzurüsten. Bis auf ein paar Titel von Gameloft ist aber nichts Gescheites dabei. Es gibt weder eine App für Facebook, noch für Twitter und auch nicht für WhatsApp. Das schränkt nicht nur den Funktionsumfang, sondern auch die Erreichbarkeit des Besitzers enorm ein – muss deshalb aber nicht gleich etwas Schlimmes sein.
Ich bekomme beruflich bedingt am Tag allein über hundert Mails, nutze dazu noch diverse Social Networks und Messenger. Kurz: Mein Smartphone steht nie still. Da ist das Nokia 3310 mit seinen limitierten Möglichkeiten eine willkommene Abwechslung, um im Urlaub oder an Wochenenden komplett abzuschalten, aber im Notfall trotzdem erreichbar zu sein. Stichwort: Digital Detox! Dabei muss ich nicht einmal auf den Ladestand achten. Vor fünf Tagen habe ich das Gerät in Betrieb genommen, einmal komplett aufgeladen und musste es seitdem nicht wieder an die Steckdose bringen. An diesem Punkt schließt sich der Kreis zum Nokia 3310. Denn die gute Akkulaufzeit, die kennen wir auch von früher.
Fazit: das Lass-mich-in-Ruhe-Phone
Am Ende ist es so, wie Felix es formuliert hat: Wir lieben nicht das Nokia 3310, wir lieben die Erinnerung daran. Das Handy ist ein liebevoll gestalteter PR-Gag, der das Feeling von damals kurzzeitig zurückbringt. Nach ein paar Stunden legt sich das aber wieder und man sehnt sich nach seinem Smartphone mit all den coolen Features zurück. Es gibt aber auch Ausnahmen: Wenn Ihr ein Zweitgerät nur zum Telefonieren sucht, seid Ihr beim 3310 richtig. Mit einem Preis von 49 Euro ist es für diesen Zweck aber auch fast ein bisschen teuer. Hier zahlt man den Nostalgiefaktor mit.
Testwertung: Nokia 3310
- Nostalgiefaktor
- lange Akkulaufzeit
- limitierte Möglichkeiten
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BetriebssystemNokia Series 30+
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Speicherkapazität16 GB
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Kamera-Auflösung: Back2 Megapixel
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Bildschirmdiagonale2.4 Zoll
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Schnittstellen/AnschlüsseMicro-SD
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Feature: Bluetooth
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Feature: Erweiterbarer Speicher
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Akkuleistung1200 mAh
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Höhe115.6 mm
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Breite51 mm
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Tiefe12.8 mm
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Gewicht79.6 g
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StatusAusverkauft