Verzweiflungsmaßnahme oder große Neuerfindung: Die Geo-Location-App Foursquare gibt es künftig doppelt. Gründer Dennis Crowley kündigte gestern die Aufteilung in zwei Dienste an – eine Freunde-Finder-App, die Swarm heißen wird und eine Empfehlungs-App, die weiter als Foursquare läuft und den großen Rivalen Yelp attackiert. Allein: Ist der Foursquare-Hype nicht längst vorbei?
Dennis Crowley geht aufs Ganze. Er war der neue Posterboy des neuen Jahrzehnts, ein vermeintlich neuer Mark Zuckerberg, ein frisches Gesicht zu einer coolen Idee: Mit dem aufkommenden Smartphone-Trend die Welt wissen zu lassen, wo man sich gerade herumtreibt.
„Drop by and say ‚Hi‘“, lautete das Motto der ersten Stunde – doch tatsächlich checkte man mit Foursquare ein und teilte der Online-Welt mit, wo man sich gerade aufhielt. Der Checkin diente in erster Linie der eigenen Ego-Schmeichelei: Seht her, ich bin gerade in der coolsten Bar vom Berlin, im Louvre in Paris und am schönsten Strand der Bahamas. Wer besonders oft an einem Ort eincheckte, konnte gar zum virtuellen Bürgermeister aufsteigen…
Verpasste Chancen: Instagram, WhatsApp, Snapchat zogen vorbei
Doch jeder Trend scheint seine Halbwertszeit zu haben. Ein Foursquare-Checkin im Jahr 2014 weckt schon nostalgische Gefühle: Weißt Du noch damals, als es noch cool war, sich einzuchecken? Entsprechend befindet sich Foursquare seit Jahren gefühlt auf dem absteigenden Ast.
Was haben sich seit 2009 nicht alles für neue Social Media-Dienste etabliert: Instagram, WhatsApp, Snapchat – Foursquare wirkt wie ein Dinosaurier unter den Facebook- Herausforderern. Wenn sich Twitter aktuell in einer Krise befindet, dann dürfte Foursquare in einem Existenzkampf um Relevanz stecken – obwohl die Umsätze in den vergangenen Jahren deutlich angezogen sind und 2014 die 50 Millionen-Grenze geknackt werden soll.
Foursquare attackiert Yelp und Facebook mit neuen Apps
Doch Geld verdient CEO Dennis Crowley nicht mit Checkins, sondern durch Deals mit Restaurants, Bars und Geschäften, die sich in der Nähe der Nutzer befinden und mit maßgeschneiderten Angeboten locken.
Entsprechend versucht der 37-jährige Ex-Googler Foursquare umzubauen: Weg vom überkommenen Ego-Spielzeug selbstverliebter Großstädter, die ihren Aufenthaltsort ohnehin längst lieber über Facebook oder, besser noch, mit Foto über Instagram mitteilen, hin zum besser zu vermarktenden Empfehlungsdienst. Das Vorbild hat einen klaren Namen und ist an der Börse inzwischen fast 5 Milliarden Dollar wert – Yelp.
Um nicht ganz mit der Vergangenheit zu brechen, hat Crowley die geobasierte Checkin-Idee wie die Altlasten einer „Bad Bank“ in eine neue App ausgelagert – „Swarm“ heißt sie und gleicht Facebooks neuem „Friends nearby“-Feature. Swarm gibt die aktuellen Aufenthaltsorte von Freunden wieder, wenn man die App aktiviert hat – ein Checkin ist nicht mehr nötig.
"Wir glauben an Foursquare als eine Technologie, die Superkräfte freisetzen kann"
„Die Idee des Unternehmens war nie, einen großartigen Checkin-Button zu bauen“, versucht sich Gründer Dennis Crowley gegenüber The Verge von seinen Altlasten zu befreien. Aber ist Foursquare im Nutzer-Bewusstsein nicht zu sehr als die Checkin-Company verankert, als dass ein kompletter Neustart als Yelp-Verfolger und, als experimentelle Beigabe, Freunde-Tracker gelingen kann?
„Wir glauben an Foursquare als eine Technologie, die Superkräfte freisetzen kann, um Ecken zu schauen und durch Wände zu blicken, um so die interessanten Dinge im Umkreis von 5, 10 oder 100 Meilen aufzuspüren“, verbreitet Crowley noch einmal mit bekanntem Selbstbewusstsein Aufbruchstimmung. Doch der 37-jährige Seriengründer weiß auch: Geht der Neustart nicht auf, dürfte es sein letztes Gefecht mit Foursquare gewesen sein…