Im PC-Markt eine Macht, spielt Intel auf mobilen Geräten keine Rolle. Das könnte sich dank einer cleveren Cloud-Idee bald ändern.
Im mobilen Bereich hatte Intel bisher nichts vorzuweisen, das die Gadget- oder Smartphone-Hersteller überzeugt hat, ein Intel-Produkt einzubauen. Eine neue Strategie muss also her. Auf der Computex hat das amerikanische Unternehmen seinen Plan für die Neuausrichtung bekanntgegeben: eine große Cloud-Landschaft. Hier sollen dann Berechnungen und Streams sehr schnell verarbeitet und an die Geräte geschickt werden. Damit wäre Intel nicht mehr "Inside", aber dennoch ein starker Partner im mobilen Segment.
Intel-Wearables haben nicht überzeugt
Es ist nicht so, dass Intel es nicht versucht hätte, im Wearable-Segment Fuß zu fassen. Es gibt zum Beispiel den Fitnesstracker Basis Peak, der mit einem Intel-Chip läuft. Für angeblich 100 Millionen Dollar hatte Intel den Hersteller des Wearables im Frühjahr 2014 übernommen. Heraus kam eine klobige Armbanduhr, die mit Sensoren vollgepumpt und vergleichsweise sehr teuer war (229 Euro). Auch die Luxus-Smartwatch Connected von TAG Heuer war eigentlich nur eine sündhaft teure Digitaluhr mit einem Intel-Chip und Googles Android Wear. Gut gefallen hatte uns die FossilQ-Reihe. Die Smartwatch Founder war schick, super verarbeitet und schnell. Doch ein Herzschlagsensor fehlte ihr.
So blieb es bei zaghaften Versuchen, die aber bislang in keiner erfolgreichen Serienproduktion mündeten, auf die gerade ein Chiphersteller angewiesen ist. Und auch im Smartphone-Bereich konnte sich Intel nicht etablieren. Die Flaggschiffe der meisten Hersteller setzen auf Qualcomms Snapdragon-Prozessoren. Darüber hinaus setzen mit Samsung und Huawei zwei der wichtigsten Android-Smartphone-Hersteller weltweit zunehmend auf eigene Chip-Architekturen. So musste Intel im April diesen Jahres die Arbeit an den Smartphone-Plattformen Broxton und SoFIA einstellen. Währenddessen hat Konkurrent ARM wieder nachgelegt und neue Chipsätze präsentiert, die vor allem für Virtual-Reality-Anwendungen eine ausdauernde Leistung bringen sollen - ohne zu überhitzen und die Leistung zu drosseln.
Wird Intel per Cloud doch noch relevant?
Um auf dem Mobilmarkt doch noch mitreden zu können, versucht es Intel nun mit einem Strategiewechsel. Statt viel Leistung in einen kleinen Chip zu pressen, geht Intel nun andere Wege und arbeitet an einer ganzen cloudbasierten Landschaft an Rechnernetzwerken. Im Zuge der Umstrukturierung wurde im April bekannt, dass bis zum nächsten Jahr 12.000 Mitarbeiter entlassen werden. Navin Shenoy, Chef der neuen Client Computing Group von Intel, erklärte auf der Computex in Taipeh, dass man Datenzentren schaffen möchte, die mit Intel-Prozessoren laufen und mit Smartphones oder anderen Geräten wie Drohnen oder Roboter kommunizieren. Auch soll damit der Einstieg in die Welt des "Internets der Dinge" gelingen und ARM Konkurrenz machen.
Das Ganze könnte via Cloud Computing funktionieren. Heißt: Ihr bräuchtet kein schnelles, teures High-End-Smartphone, um auch leistungsintensive Apps zu starten. Die Frage, welcher Prozessor im Telefon selbst steckt, wäre damit zweitrangig. Denn die Berechnungen werden nicht lokal auf dem Gerät, sondern in der Datenwolke ausgeführt - eine zuverlässige Internetverbindung vorausgesetzt. Die Ergebnisse bekommt Ihr dann ans Smartphone zurückgestreamt. Wir haben dieses Prinzip schon mal bei Nvidias GRID ausprobiert. Intel könnte dadurch quasi "hintenherum" einen Weg in den mobilen Markt finden, ohne selbst Chips in die Geräte zu pflanzen.
Im Zuge dessen hat Intel auf der Computex auch den neuen Server-Prozessor Xeon E3 1500 V5 vorgestellt. Mit diesem sollen zum Beispiel zwei 4K- oder 15 Full-HD-Video-Streams parallel ruckelfrei laufen.
Noch ist nicht klar, ob Intels Cloud-Idee vom Markt und den Herstellern weitreichend angenommen wird, doch berechtigt ist der Gedanke allemal. Denn laut einer Studie soll der mobile Internet-Traffic bald zu 80 Prozent aus Video-Streams bestehen.