Die Fossil Venture HR soll als Smartwatch der vierten Generation mehr als ein Schmuckstück sein und auch Sportler-Herzen höher schlagen lassen. Schließlich kann die schicke Damen-Uhr unter anderem Schwimmzüge und Klimmzüge zählen. Für Männer gibt es das Pendant, die Q Explorist HR und für alle, die es noch sportlicher mögen, die Fossil Smartwatch Sport. Ob der Spagat zwischen Design, Trainingsfunktionalität und Robustheit gelingt, klärt unser Test.
Meine erste erwachsene Uhr war eine silberne Analoguhr von Fossil. Ich durfte sie mir selbst aussuchen, als Geschenk zur Konfirmation. Sie hatte ein Faltarmband mit Gliederschließe und ein himmelblaues Zifferblatt. Mehr als zehn Jahre war sie mein liebstes Schmuckstück. Doch als Sportlerin wurde sie mir irgendwann zu unpraktisch und schließlich habe ich Wearables für mich entdeckt: Seither trage ich nur noch smarte Sportuhren.
Weil ich da bei weitem nicht die Einzige bin und sich laut Statista-Prognose der Absatz für Smartwatches bis 2021 mit rund 81 Millionen verkauften Exemplaren nahezu verdoppeln soll, können sich auch namhafte Schmuckhersteller wie die Fossil Group nicht mehr vor dieser Nachfrage verschließen. Tatsächlich hat die Fossil Group den Trend auch schon ziemlich früh erkannt – nur habe ich die Smartwachtes bisher kaum wahrgenommen, weil der Schmuckanbieter hier gleichzeitig seinem Stil treu geblieben ist: Bisher sprachen die Modelle vor allem eine modische Zielgruppe an, aber keine Sportler. Mit der Venture HR für Damen und der Q Explorist HR der vierten Generation für Herren für jeweils knapp 300 Euro hat Fossil den Spagat gewagt und bietet erstmal eine edle aber robuste Uhr mit smarten Alltags- wie Sportfeatures.
Optik: smarter Hingucker sowohl im Kleid als auch im Tanktop
Die roségoldene Smartwatch mit Touchscreen ist aus einem runden 40-Millimeter-Edelstahl-Gehäuse gefertigt. Die Herrenuhr ist fünf Zentimeter breiter. Das graue Silikonband in Lederoptik verleiht der edlen Uhr einen sportlichen Touch. Das Material ist hochwertig und der Tragekomfort hoch – auch dadurch, dass die Uhr verblüffend leicht ist. Am rechten Uhrenrand befinden sich zwei Druckknöpfe, denen man jeweils eine Schnellfunktion zuordnen kann, und – sehr praktisch – eine Lünette als Ergänzung zum AMOLED-Touch-Display.
Der Stilmix macht die Uhr zum dezenten Hingucker: Sie passt sowohl zum feinen Zwirn, wirkt aber auch im Fitnessstudio nicht Fehl am Handgelenk. Das 18-Millimeter-Armband lässt sich nach Belieben austauschen, wenn der Look doch mal eleganter oder sportlicher sein soll. Mit diversen Zifferblättern auf der Uhr selbst sowie der Möglichkeit, eigene Watchfaces aus seinen Fotos von Instagram oder Facebook zu kreieren, kann man die Uhr zudem noch persönlicher gestalten. Optisch kommt sie auf jeden Fall an mein Lieblingsgeschenk zur Konfirmation heran, nicht nur wegen der Nostalgie-Punkte. Aber was kann sie, die Venture HR?
Die sportliche Performance der Fossil Venture HR
Die Smartwatches von Fossil läuft mit Googles Wear OS: Dafür braucht es ein Smartphone mit Android 4.4 oder neuer (ausgenommen Go edition) oder ein iPhone, auf dem mindestens iOS 9.3 installiert ist. Apple-Nutzer sollten jedoch wissen, dass einige Funktionen eingeschränkt sind, beispielsweise gibt es die Google-Fit-App nicht für iOS, so dass ihr eure Fitnessdaten immer nur live auf der Uhr sehen könnt. Alternativ könnt ihr eure Workouts mit einer übergeordnete Sport-App wie "Strava" oder "Nike+ Training aufzeichnen. Die Vorraussetzungen dafür erfüllt die Venture HR dank permanenter Herzfrequenzmessung, Beschleunigungssensor, Umgebungslichtsensor und ein Gyroskop (zur Unterstützung bei der Navigation). Außerdem verfügt sie über ein eigenes GPS: Im Test fiel das aber mehrfach aus, was meine Pace am Ende natürlich deutlich nach unten zog – sehr ärgerlich.
Bei Indoor-Sportarten war die Watch dafür aber wider Erwarten ein klasse Trainingspartner: Wer Wear OS beziehungsweise Google Fit kennt, der weiß vielleicht, dass die Software beim Krafttraining sogar gängige Übungen wie Kreuzheben oder Klimmzüge erkennt und die Wiederholungen automatisch zählt. Das hat im Test mit kleinen Verfehlungen super funktioniert. So kann ich meine Fortschritte prima verfolgen und habe einen realistischen Überblick über die Belastung und verbrannten Kalorien. Google Fit unterstützt unzählige Sportarten, selbst weniger populäre. Außerdem ist die Venture HR wasserdicht und zeichnet mit der passenden App Schwimmtrainings auf – allerdings ohne die Herzfrequenz, weil das unter Wasser ohne Brustgurt technisch bisher schwierig ist.
Fehlanzeige: zur Regeneration gehört an sich auch das Schlaf-Tracking
Was mir persönlich fehlt, ist die sinnvolle Auswertung der gesammelten Fitnessdaten: Leider bleibt die App für ambitionierte Sportler zu oberflächlich. Detaillierte Verlaufs-Diagramme oder die Entwicklung des Fitnesslevels, wie man es von Sportuhrenherstellern wie Garmin oder Polar kennt, wird man hier vermissen. Ehrlicherweise muss man aber sagen: Selbst die Apple Watch bietet derzeit für mein Empfinden noch keine adäquate Sportauswertung an – es sein denn, man nutzt beispielsweise spezielle Lauf-Apps auf der Uhr. Eine weitere Voraussetzung für eine detaillierte Trainingsanalyse ist natürlich ein zuverlässiges GPS.
Im Alltag dient die Venture HR als ganz normaler Activity Tracker. Die Betonung liegt hier auf Aktivitäten: Sie zeichnet Schritte, Strecken und Kalorien auf, nicht aber Schlafphasen. Das ist sehr sehr schade, weil die Regeneration zum Trainingserfolg einfach dazu gehört. Bisher habe ich auch keine passende App für die Uhr gefunden, die dieses Manko ausbügeln könnte.
Die Fossil Venture HR als Smartwatch im Alltag
Tagsüber ist die Uhr dafür wieder Gold wert: Mit der Venture HR bekommt man, wie es sich für eine waschechte Smartwatch gehört, nicht nur Smart-Notifications über Anrufe, Nachrichten, Mails, Termine und App-Benachrichtigungen, sondern hat auch die Möglichkeit, direkt über das Handgelenk zu antworten. Das funktioniert sogar erstaunlich gut – sowohl über Emojis und gespeicherte Schnellantworten, als auch über eine kleine Tastatur oder die Sprachsteuerung. Die Uhr ist mit einem Mikrofon ausgestattet, so dass man auch Google Assistant auf den Plan rufen oder sonstige Smartphone-Befehle abgeben kann.
Dann kann man auch Apps direkt über die Uhr laden und auch bargeldlos mit der Uhr bezahlen: Die Kontodaten hinterlegt man dafür bei bei Google Pay. Auf Reisen hat man zudem die aktuelle Wetterlage als auch die Zeitzone automatisch auf dem Schirm. Nützliche Apps wie Übersetzer, Wecker, Timer, Kalender und Taschenlampe runden die Alltagstauglichkeit ab. Die Venture HR unterstützt Nutzer zudem bei Einkaufslisten, To Dos oder hilft, Ziele zu erreichen: Seien es sportliche oder das Kalorienzählen, indem ihr eure Ernährungs-App mit Google Fit koppelt. Die Uhr synchronisiert sich automatisch mit dem Smartphone – und wenn man nicht gerade seine Trainingsdaten einsehen möchte, braucht man im Alltag auch keine weiteren Fossil-Apps auf dem Smartphone. Was man allerdings braucht, ist ein Ladegerät – auch unterwegs, wenn man länger als zwölf Stunden unterwegs ist – und das ist ein echtes Problem. Selbst die Schnellladefunktion braucht trotzdem noch eine Stunde, um den Akku achtzig Prozent zu füllen.
Fazit: Erwartungen wurden übertroffen, aber es gibt auch Haken
Wer vorher Wearables von Fitbit, Garmin oder Apple nutzte, wird wie ich vielleicht eine brauchbare Companion-App für das Smartphone vermissen: Die Google-App Wear OS braucht man eigentlich nur zur ersten Einrichtung der Fossil Venture HR. Die Fitnessdaten beherbergt die Google-Fit-App, allerdings nur für Android, und die ist mir persönlich zu clean und oberflächlich. Wer auf detaillierte Fitnessanalysen verzichten kann, muss sich aber noch damit abfinden, dass es mit dieser Uhr kein Schlaf-Tracking geben wird: Diese wertvolle Funktion bringt die Venture HR leider nicht von Haus aus mit und bisher habe ich auch keine App gefunden, welche die Uhr als Tracker zur Schlafauswertung nutzen kann. Dass dieses Feature fehlt, könnte damit zusammenhängen, dass die Uhr spätestens nachts aufgeladen werden muss – die Akkuleistung reicht bei reger Nutzung im Alltag leider nichtmal bis zum Zubettgehen. Ein weiterer Nachteil ist das GPS, das sich leider nicht als ganz zuverlässig erwies.
Auf der anderen Seite gibt es aber auch wieder unschlagbare Vorteile: Aus meiner Sicht ist die Uhr die momentan hübscheste Smartwatch, die der Markt zu bieten hat. Zum anderen hat sie meine Erwartungen als Smartwatch übertroffen und kann sich hier fast schon mit einer Apple Watch messen. Die Venture HR ist robust und beim Indoor-Sport ohne GPS-Notwendigkeit der ideale Begleiter. Von Musik- und Sprachsteuerung über die Nutzung von zahlreichen Drittanbieter-Apps bis hin zum Chatten ist vieles möglich – man darf es eben nur nicht übertreiben, weil der Akku sonst schnell leer ist.
Für Fitnessfreaks wäre daher eventuell direkt der Griff zur neuen Fossil Smartwatch Sport ratsam: Design und Funktionen sind nahezu identisch zur Venture HR allerdings verfügt die Sport-Ausführung bereits über den neuen Prozessor Qualcomm Snapdragon Wear 3100 – und der verspricht eine längere Akkulaufzeit. Zudem ist die Sportuhr noch ein wenig robuster. Tatsächlich ist der Preis ebenfalls gleich: Beide Modelle kosten derzeit 279 Euro (UVP).