Snapdragon, Snapdragon, Snapdragon — in den vergangenen zwei Jahren führte vor allem im High End-Segment kein Weg an den mobilen Chipsätzen aus Kalifornien vorbei. 2015 könnten die Karten neu gemischt werden: Während Qualcomm derzeit schwächelt, bereitet Samsung offensichtlich diverse Exynos-Chipsätze vor, die dem Snapdragon 810 und 820 das Wasser abgraben sollen. Erleben wir in den kommenden Monaten einen Wechsel an der SoC-Front?
Keine guten Zeiten für Qualcomm: Nach ersten Gerüchten über Hitzeprobleme mit dem aktuellen Flaggschiff-SoC (System on a Chip) Snapdragon 810 folgte die Absage Samsungs an den Chipsatz und ein etwas verzweifelt wirkender Schulterschluss derer, die so schnell wohl keine Alternative zum 810er auftreiben konnten. Denn einzig Samsung scheint derzeit in der Lage, mit Chipsätzen aus Eigenproduktion ganz oben mitspielen zu können.
So versprechen erste geleakte Benchmarkergebnisse des kommenden Galaxy S6 mit dem Exynos 7420 rekordverdächtige Leistungswerte. Dass es sich dabei nicht etwa um manipulierte Zahlen oder einen Glückstreffer handelt, lassen die zuletzt im Galaxy Tabs S verbauten Exynos-Chips vermuten: Sowohl das 4,7 Zoll große Smartphone als auch die beiden Tablets überzeugten uns 2014 mit außerordentlicher Performance und alle drei Geräte setzten auf Exynos-Power, damals noch aus der 54er-Serie. Hinzu kommt die Tatsache, dass der Exynos 7420 bereits im 14nm-Verfahren produziert, während Qualcomm mit dem Snapdragon 810 noch bei 20nm verweilt — ohne an dieser Stelle tiefer in die Produktionstechniken von Halbleitern einzusteigen, sei gesagt, das eine kleinere Strukturgröße geringeren Stromverbrauch und damit sowohl geringere Hitzeentwicklung als somit auch indirekt mehr Leistung bedeutet.
Mit dem Exynos 7420 scheint nun aber das Ende Samsungs Fahnenstange für dieses Jahr noch nicht erreicht: Wie phoneArena meldet, finden sich in einem LinkedIn-Profil eines Samsung-Ingenieur am Standort Nizza Hinweise auf die laufende Entwicklung eines ebenfalls im 14nm-Verfahren gefertigten Exynos 7890-Chips sowie eines 64Bit-fähigen Exynos 7650-Socs — der Zusatz "first" im Bezug auf die genannten 64Bit-Kapazitäten lässt vermuten, dass es sich bei letzterem Chip um ein Upgrade oder vielmehr eine Umbenennung des für das Galaxy S6 kolportierten 7420 handelt, denn dieser soll ebenfalls bereits 64Bit-fähig sein. Möglicherweise ist der Eintrag des Ingenieurs auch einfach schon etwas älter.
So oder so, es dürfte 2015 nicht nur beim Exynos 7420 bleiben, Samsung wird in Sachen Chips nachschieben. Im Bezug auf das Galaxy S6 erklärte ein hochrangiger Samsung-Mitarbeiter jüngst, das Unternehmen hätte durchaus die Kapazitäten, das SoC in ausreichenden Mengen zu produzieren, um einen verzögerungsfreien, weltweiten Verkaufsstart des Smartphones sicherzustellen. Man ist als vorbereitet in Korea ...
In den vergangenen Jahren war Samsung mehr als die meisten anderen OEMs immer wieder darum bemüht, sich unabhängig zu machen und entsprechende Standbeine zu schaffen — von Google und Android mit Bada, Tizen ... und mäßigem Erfolg. Eine Unabhängigkeit von Qualcomm oder anderen Chip-Zulieferern dürfte den Koreaner ebenfalls gut schmecken. Und da sie selbst bereits Zulieferer unter anderem von Branchengrößen wie Apple sind, warum sollten sie dann in ihren Smartphones weiterhin auf SoCs von anderen setzen? Das kostet Samsung nicht nur Geld, sondern macht die eigenen Geräte auch weniger abgrenzbar von den Flaggschiffen der Konkurrenz.
Samsung gelingt es offensichtlich, inzwischen Chipsätze in ausreichender Quantität als auch beeindruckender Qualität zu produzieren — unter Vorbehalt, natürlich muss der Exynos 7420 im S6 erst noch beweisen, was er wirklich drauf hat — und das ist für uns Kunden super: Konkurrenz belebt das Geschäft, sowohl in Sachen Preise, als auch hinsichtlich der Innovationskraft.
Ich für meinen Teil bin sehr gespannt auf das Galaxy S6, tatsächlich weniger auf sein Design oder Display, sondern auf die Performance des Chips. Und wenn diese wirklich so beeindruckend ist, wie derzeit vermutet, dann bin ich noch gespannter auf die Chipsätze, die Samsung im Laufe des vor uns liegenden Jahres verbauen wird.