Ein großes Feature des gerade auf dem MWC vorgestellten Samsung Galaxy S6 ist das integrierte, kabellose Bezahlsystem Samsung Pay — mit dem die Koreaner Apple Pay, Google Wallet und all den anderen aufkommenden Services das Fürchten lehren wollen. Und tatsächlich klingt Samsung Pay in vielerlei Hinsicht vielversprechender, weil universeller und einfacher als die Konkurrenz-Dienste. Einige dieser Vorteile scheinen aber schon jetzt an der deutschen Realität vorbeizugehen ...
Das größte Problem, das alle Anbieter von mobilen Bezahlsystemen haben, mit denen der Kunde allerorts und immer mit den im Smartphone hinterlegten Karten- und Kontodaten bezahlen können soll, ist deren Akzeptanz. Weniger die der Kunden, als vielmehr die der Einzelhändler.
Schließlich bedeutet die Umstellung auf Apple Pay oder Google Wallet Mehrkosten durch neue Kartenlesegeräte und eventuell Gebühren an die Service-Provider. Zumal in Deutschland, wo sich die Begeisterung ob des Ersetzens der physischen Kredit- oder EC-Karte durch ominöse Datenübertragungen zwischen Smartphone und Händler traditionell in Grenzen halten dürfte, wird es sehr lange dauern, bis der Einzelhandel die Grundlagen für die Zahlung mit unseren mobilen Begleitern schafft.
Samsung Pay geht vermeintlich andere Wege
Zwei Dinge verspricht Samsung mit seinem Konzept anders und damit mutmaßlich besser und erfolgversprechender zu machen: Zum einen verlangen die Koreaner weder von den Banken beziehungsweise Kreditkartenunternehmen noch von den Händlern, die auf Samsung Pay setzen, die bei der Konkurrenz üblichen 0,0015 Prozent Gebühren. Gewiss kein geringer Anreiz, zahlreiche Partner für den Service zu gewinnen.
Noch toller klang aber das Versprechen, das bei der Vorstellung des Galaxy S6 in Barcelona gegeben wurde, Samsung Pay werde vom Start weg an fast allen Verkaufsstellen, bei denen klassische Kreditkartenzahlung möglich sei, funktionieren — und damit sofort eine höhere Abdeckung bieten als Apple Pay oder Google Wallet bis heute.
Möglich wird dieses Versprechen durch den Zukauf des Start-ups LoopPay durch Samsung im Februar dieses Jahres. Deren Magnetic Secure Transmission genannten Technologie erlaubt es, mit dem Smartphone auch an klassischen Magnetstreifenlesegeräten zu bezahlen, wie sie — laut Samsung und LoopPay — beinahe überall bereits vorhanden sind.
Dazu sendet das Smartphone kurzzeitig ein Magnetfeld aus, das die Informationen enthält, die auch auf dem Magnetstreifen des hinterlegten Kreditkarte vorhanden sind. Für das Lesegerät macht das keinen Unterschied, und die Bezahlung funktioniert dadurch genauso, als hätte der Kunde eine Karte durch den entsprechenden Schlitz gezogen. Lediglich der eventuell skeptische Händler müsste in diesem Fall davon überzeugt werden, dass das so alles seine Richtigkeit hat.
Magnetstreifenleser in Deutschland nicht mehr aktuell
Das klingt zunächst tatsächlich so, als hätte Samsung hier einen ganz großen Vorteil gegenüber Apple und Google in der Hinterhand. Und für die USA mag das auch zutreffen. Nur in Deutschland wird der Magnetstreifen einer Kreditkarte seit ein paar Jahren aus Sicherheitsgründen schon nicht mehr ausgelesen, stattdessen wird die Transaktion über den auf den Karten implementierten Chip abgewickelt.
Wie viele Lesegeräte überhaupt noch im Umlauf sind, die grundsätzlich in der Lage sind, den Magnetstreifen einer Kreditkarte zu lesen beziehungsweise wie viele davon das ohne mechanisches Einschieben einer Karte können, lässt sich nicht genau sagen. Wir haben diesbezüglich sowohl bei verschiedenen Kreditkarten-Unternehmen als auch bei Die Deutsche Kreditwirtschaft angefragt, dort bestätigte man uns, dass der Magentstreifen in Deutschland eigentlich nur noch von älteren Kontoauszugsdruckern und Zugangskontrollen zu den SB-Bereichen der Banken ausgelesen wird. Auszugehen ist damit jetzt schon davon, dass das vermeintliche Killer-Feature LoopPay beziehungsweise MST hierzulande keine bedeutende Rolle für den Erfolg von Samsung Pay spielen wird.
Natürlich kann Samsung Pay Transaktionen auch über NFC abwickeln — und das wird dann wohl auch der Weg sein, über den wir in Deutschland mit dem Galaxy S6 und seinen Nachfolgern und den anderen Samsung-Smartphones bezahlen werden. Vorausgesetzt, es ist rechtlich überhaupt möglich, wird die Zahlung mittels MST maximal eine Ergänzung in bestimmten Fällen darstellen.
Kein Vorteil, dennoch gut aufgestellt
Damit verliert Samsung Pay aus deutscher Sicht einen entscheidenden Vorteil, der in den USA derzeit sehr gefeiert wird. Dennoch: Das Konkurrenz-Produkt aus Korea ist gegenüber Google Wallet und vor allem Apple Pay auch so bestens aufgestellt und könnte darüber hinaus mit dem Wegfall der Gebühren punkten.
Voraussetzung für eine breite Akzeptanz ist freilich, dass Samsung es den Händlern so einfach wie möglich macht und diese nicht etwa zwingt, spezielle Upgrades durchzuführen oder Extra-Hardware anzuschaffen, sondern Apple Pay, Google Wallet und Samsung Pay über die gleichen Standards mit den NFC-Terminals kommunizieren können. Derzeit sieht es glücklicherweise genau so aus.
Was jetzt noch fehlt, ist ein Termin für den Start von Samsung Pay in Deutschland. Das könnte noch etwas dauern, denn erst im Sommer wird der Dienst in den USA verfügbar sein. Und dann werden Samsung und seine Partner erst einmal die Resonanz in der Heimat der Kreditkarte abwarten ...